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Der Flirt

Titel: Der Flirt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen Tessaro
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mir das tut! Wie schrecklich für Sie! Ehrlich? Ist er tot?«
    Hughie biss in das Pain au Chocolat , und warme dunkle Schokolade ergoss sich wie ein zäher Lavastrom in seinen Mund. »Mhm.« Er nickte. »Durchaus. Sie ist nie richtig darüber hinweggekommen.«
    »Verstehe«, murmelte Mr. Bryce. »Dann gibt es keinen Mann in ihrem Leben?«
    »Nein, es sei denn, Sie zählen Jack Daniel’s und Johnny Walker dazu.«
    Mr. Bryce trat ans Fenster und schaute über die Straße auf die prächtige Fassade von Tiffany’s. »Ich vermute, sie leidet an untröstlichem Kummer. Manche Wunden verheilen nie.« Er seufzte. »Sie ist immer mit dem Fahrrad zur Arbeit gekommen. Es war blau.«
    Die Vorstellung, dass seine Mutter auf irgendetwas die Balance hielt, geschweige denn auf etwas, das sich auf zwei Rädern bewegte, war geradezu schockierend.
    Mr. Bryce stand eine ganze Weile da, lange genug, dass Hughie das Pain au Chocolat aufessen und das Champagnerglas leeren konnte. Der Glanz bröckelte allmählich ein wenig von der Situation ab, als Mr. Bryce sich schließlich umdrehte.
    »Vielleicht, Mr. Venables-Smythe« - er schniefte und
betupfte seine Augen diskret mit einem seidenen Taschentuch - »können wir uns wegen der Ohrringe einigen.«
    »Ehrlich? Das ist sehr freundlich von Ihnen! Was schwebt Ihnen da vor?«
    »Nun, Diamanten sind eine ziemliche Investition, nicht wahr? So etwas kauft man nicht leichtfertig.«
    »Nicht für fünf Riesen das Stück!«
    »Manchmal ist es gut, eine zweite Meinung einzuholen. Eine weibliche Perspektive sozusagen.« Gemächlich fuhr er mit den Fingern über die Tischkante. »In einem solchen Fall ist die Meinung einer Mutter oft von unschätzbarem Wert. Wenn ich mich recht erinnere, besaß Ihre Mutter immer einen tadellosen Geschmack.«
    »Ja, nun …« Hughie hatte nicht vorgehabt, seiner Mutter davon zu erzählen, ganz zu schweigen davon, sie um ihre Meinung zu bitten. Sie hätte bestimmt etwas dagegen, würde ihm sicher vorschlagen, mit seinem Geld etwas Sinnvolleres anzufangen, etwa seiner Schwester Miete zu zahlen oder etwas zu essen einzukaufen.
    »Vielleicht können Sie zusammen mit ihr hereinschauen?«
    Hughie runzelte die Stirn.
    »Zweitausendfünfhundert!«, platzte Mr. Bryce plötzlich heraus. »Sie können die Ohrringe für die Hälfte des regulären Preises haben, unter der Voraussetzung des eben erwähnten Sachverhalts!«
    »Sie meinen, wenn ich mit … meiner Mutter …«
    »Ja, ja, ja!« Er wedelte mit der Hand vor seinem Gesicht herum, als schmerzte es ihn, dass Hughie die Einzelheiten laut wiederholte. »Ich denke, wir verstehen uns, Mr. Venables-Smythe, nicht wahr?«
    »Ja, natürlich.«
    Er war in der Tat unglaublich nervös. Hughie hatte Mitleid mit ihm. Er griff auf seinen Old-Harrow-Charme zurück
und neigte den Kopf höflich, während er ihm die Hand reichte. »Und ich weiß die Großzügigkeit Ihres äußerst freundlichen Angebots sehr zu schätzen, Mr. Bryce.«
    Das schien ihn zu beruhigen.
    Mr. Bryce schüttelte ihm dankbar die Hand. »Ausgezeichnet! Ausgezeichnet, in der Tat! Ich werde die Ohrringe für Sie zur Seite legen, soll ich? Und ich freue mich darauf, Sie in den nächsten Tagen zu sehen. Hier« - er holte eine Visitenkarte aus der Innentasche -, »nehmen Sie meine Nummer. Ich bin immer zu erreichen, immer zu erreichen!« Er klopfte Hughie auf den Rücken, öffnete ihm die Tür und schüttelte ihm noch dreimal die Hand, bevor er ihn aus dem Laden entließ.
    Draußen auf der Straße stellte Hughie sich Leticias Gesicht vor, wenn sie die marineblaue Schachtel öffnete, ihr freudiges Aufkeuchen, wenn sie das Glitzern der wunderschönen Diamantohrringe darin sah. Er stellte sich vor, wie sie ihr Gesicht rahmten, für kurze Zeit von ihren dunklen Haaren verborgen wurden und dann wieder auftauchten, strahlend schön, wenn sie das Licht einfingen. Und dann stellte er sich ihren Blick vor.
    Darum allein ging es.
    In diesem Augenblick stieß er mit Marco zusammen, der wütend die Bond Street heraufkam.
    »Hey! Du bist zu spät!«, rief Marco. »Ich habe zehn Uhr gesagt! Am Vormittag, richtig! So kann ich nicht arbeiten, verstanden? Zehn Uhr ist zehn Uhr! Nicht elf, nicht zwei!« Er unterbrach sich abrupt. »Warte mal! Du« - er drohte Hughie mit dem Finger - »hast dir Schmuck angesehen! Jede Wette!«
    Hughie starrte ihn an. »Nein, nein, da irrst du dich!«
    War er ein Hellseher?
    »Da irre ich mich, was? Na, was haben wir denn hier?« Er
schnippte einige Krümel von

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