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Der Fluch der Abendröte. Roman

Der Fluch der Abendröte. Roman

Titel: Der Fluch der Abendröte. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leah Cohn
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sofort, nein, sofort ginge es eben nicht.
    Schließlich legte er einfach auf. Ich starrte fassungslos auf mein Handy. Zum Telefonieren war ich aus dem Auto ausgestiegen und ging nun unruhig davor auf und ab.
    Bis zum späteren Nachmittag …
    So lange konnte ich doch nicht warten! Nicht, nachdem ich bereits die ganze Nacht nutzlos verschwendet hatte! Ich musste weg, es war zu gefährlich hier – auch wenn ich nicht wusste, von wem die Gefahr ausging. Je länger ich auf und ab lief, desto unbehaglicher wurde mir zumute. Endlich wagte ich, meinen Blick zu heben und zu Caspars Anwesen hochzusehen. Alles wirkte dort ruhig, aber ich konnte ein Schaudern nicht unterdrücken – erst recht nicht, als sich eine Hand auf meinen Unterarm legte. Ich fuhr herum, es war Aurora.
    »Herr Arndt …«, murmelte sie, »Mias Vater.«
    Ich starrte sie verständnislos an, bis mir aufging, was sie mir sagen wollte. »Stimmt ja!«, rief ich begeistert.
    Ein praktisch veranlagter und handwerklich geschickter Mann, wie er einer war, konnte sich das Auto sicher mal ansehen und vielleicht sogar reparieren.
    Zehn Minuten später war er da und hatte vorsorglich eine Werkzeugkiste mitgebracht. Mit der Andeutung eines Lächelns erklärte er mir, dass er sich nicht sicher gewesen sei, ob wir das notwendige Werkzeug hätten. Obwohl mir nicht danach zumute war, erwiderte ich sein Lächeln und fühlte mich in seiner Gegenwart nicht mehr ganz so unsicher. Er öffnete die Motorhaube, beugte sich fachmännisch darüber und begann an dem einen oder anderen Kabel – oder was immer es war – zu ziehen. Erst jetzt sah ich, dass auch Mia mitgekommen war. Eigentlich wäre es längst Zeit gewesen, zur Schule aufzubrechen, aber da ich ja selbst Aurora heute nicht hingeschickt hatte, fragte ich nicht, was sie bewog, diese heute zu schwänzen. Die Mädchen beobachteten Lukas zunächst interessiert, liefen dann aber in den Garten. Ich hörte Gemurmel, schließlich Gelächter – und auch dieser warme, helle Ton trug dazu bei, dass ich mich noch mehr entspannte.
    Wahrscheinlich war der Schaden am Auto nicht weiter schlimm … Lukas würde ihn bald behoben haben … dann würden wir nach Salzburg aufbrechen können, um einige Tage bei Nele zu verbringen … Aurora würde in dieser Umgebung ihre seltsamen Gewohnheiten ablegen … und irgendwann in naher Zukunft würde sich alles klären, Nathan wieder auftauchen und …
    »Ich fürchte, du hast ein Problem.«
    Lukas’ nachdenkliche Stimme vernichtete meinen Optimismus augenblicklich. Ich verstand zwar nur die Hälfte dessen, was er mir über den Schaden am Auto erklärte, aber genug, um zu begreifen, dass der Wagen abgeschleppt und zur nächsten Werkstatt gebracht werden müsste.
    »Wie … wie konnte das nur passieren?«
    »Ich tippe auf einen Marder.«
    Ich seufzte. Nur ein Marder, kein … Nephil …
    »Wenn du willst, bringe ich den Wagen zur Werkstatt«, schlug Lukas vor. »Allerdings muss ich erst ein Seil holen, das kann etwas dauern.«
    »Au ja! Da wollen wir mit!«, riefen die beiden Mädchen, ehe ich mich für seine Hilfe bedanken konnte. Sie waren wieder zurückgekommen und betrachteten die geplante Abschleppaktion offenbar als ein großes Abenteuer, bei dem sie unbedingt dabei sein wollten.
    Ich legte ängstlich meine Hände auf Auroras Schultern. »Ich glaube nicht, dass das eine so gute Idee ist«, wandte ich zögernd ein.
    »Die Werkstatt ist nicht weit von hier«, meinte Lukas, »wir werden bald wieder zurück sein.«
    »Oh, bitte, Mama!«, drängte Aurora, »Ich habe noch nie miterlebt, wie ein Auto abgeschleppt wird.«
    Und du hast dich bisher auch nie dafür interessiert, setzte ich im Stillen hinzu. Jetzt war es natürlich anders, jetzt steckte Mia sie mit ihrer Aufregung an.
    Ich kaute auf den Lippen, kämpfte mit mir. Schon gestern Abend war es eine riesige Überwindung gewesen, Aurora zu Hause zu lassen und Marian zu den Orquals zu bringen – doch nachdem ich Nathans Brief gefunden hatte, war es beinahe unerträglich, sie auch nur einen kurzen Augenblick aus den Augen zu lassen.
    Doch ich unterdrückte das Unbehagen, als sie sich von mir losmachte und mir ins Gesicht blickte. »Bitte, Mama!«
    Ihre Wangen waren gerötet, ihr Haar wurde von einem Windstoß hochgewirbelt. Sie hatte nichts mehr mit dem starren, gedankenversunkenen Mädchen von vorhin gemein, das unangenehme Erinnerungen an … damals erweckt hatte, sondern war einfach nur ein aufgeregtes, lebendiges und

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