Der Fluch Der Bösen Tat
Millar denn nicht verheiratet? Früher einmal?«
»O nein, niemals. Es war eine Schande, wirklich. Sie war eine unglaublich gute Köchin.« Ruth seufzte.
»Wir haben die ganze Speisekammer voll mit selbst gemachter Marmelade und eingelegten Gurken und Zwiebeln und die Tiefkühltruhe voller selbst gebackener Kuchen und Torten und Pasteten, alles, was man sich nur denken kann. Alles Hesters Werk. Ich kann bestimmt nichts davon essen, das ist das Dumme. Die arme Hester … ich kann einfach nicht.«
»Aber natürlich kannst du«, unterbrach Muriel Scott sie.
»Man darf doch gutes Essen nicht verderben lassen.«
»Es wäre, als würde ich mit einem Geist zusammen essen«, sagte Ruth mit leiser, entschiedener Stimme. Markby räusperte sich und brachte die Unterhaltung wieder auf das ihn interessierende Thema zurück.
»Hat sie denn Verwandte? Irgendeinen nächsten Anverwandten, der informiert werden müsste?« Ruth schüttelte den Kopf.
»Niemand, von dem ich wüsste. Ich kannte ihre Mutter, aber sie ist seit einer Ewigkeit tot. Ihr Vater starb bereits, als sie noch ein kleines Mädchen war. Sie hat keine Geschwister. Sie bekam nie von irgendwoher eine Karte zum Geburtstag oder zu Weihnachten, und sie hat nie von irgendwelchen Verwandten geredet. Ich hab sie nie gefragt. Ich schätze, ich habe einfach angenommen, dass es niemanden sonst gab. Ich glaube, ich war der einzige Mensch, den sie hatte«, endete Ruth traurig.
»Ich verstehe. Erzählen Sie mir doch bitte von der Kirche. Wenn ich recht informiert bin, waren Sie und Miss Millar die Kirchenvorsteherinnen? War die Kirche immer offen? Zu allen Tageszeiten?«
»O nein. Vom Frühling an, wenn die Besucher kommen – wenn welche kommen –, schließen wir die Kirche nach dem Frühstück auf, irgendwann zwischen neun und zehn Uhr morgens, und sperren zum Tee wieder ab. Im Winter machen wir überhaupt nicht auf, außer, wenn wir zum Saubermachen reingehen. Und natürlich zu den Gottesdiensten. Jeden ersten Sonntag im Monat kommt ein Priester vorbei, und dann ist die Kirche den ganzen Morgen bis spät in den Nachmittag geöffnet. Im Allgemeinen kommt Pater Holland aus Bamford, manchmal auch der Reverend Picton-Wilkes, der zwar schon im Ruhestand ist, aber immer noch hin und wieder eine Messe liest.«
»Also war die Kirche heute offen? Für Besucher, meine ich, Touristen?«
»Ja.« Ruth nickte.
»Hester ist losgegangen, um aufzuschließen. Das heißt, sie hatte ein paar Besorgungen im Dorf zu erledigen, und das Aufschließen war eine davon.«
»Wie viele Sätze Schlüssel gibt es? Was ich wissen möchte – hatte Miss Millar ihren eigenen Kirchenschlüssel? Oder haben Sie sich einen Schlüsselbund geteilt?«
»Hester hatte eigene Schlüssel, und ich habe eigene Schlüssel. Pater Holland hat noch einen Satz. Das sind die einzigen drei Sätze, von denen ich weiß. Jeder besteht aus vier Schlüsseln an einem Ring, jeweils einer für die Nordtür, die als Haupteingang dient, einer für die Westtür, die seit was weiß ich wie vielen Jahren nicht mehr geöffnet war, einer für die Sakristei und einer für den Turm. Die Südtür wurde vor hundert Jahren zugemauert, keine Ahnung warum. Und in den Turm geht nie einer von uns. Dort oben gibt es nichts außer Fledermäusen. Sie sind ein rechtes Ärgernis, aber wir können sie nicht loswerden, sie sind geschützt, wie Sie wahrscheinlich wissen.«
»Ich verstehe«, sagte Markby.
»Ich überlege, ob ich mir nicht Ihren Satz Schlüssel ausleihen könnte? Wenn Sie die Schlüssel im Moment nicht bei sich haben, würde ich später jemanden bei Ihnen vorbeischicken, um sie zu holen. Selbstverständlich werden die Schlüssel zurückgebracht, sobald es möglich ist, doch für den Augenblick schätze ich, dass wir sie benötigen, um den … um die Spuren zu sichern, wenn Sie verstehen.« Ruth kramte in ihrer Handtasche.
»Ich müsste sie … ja, hier sind sie. Das sind meine.« Sie hielt Markby einen altmodischen Schlüsselbund hin.
»Nehmen Sie sie. Ich brauche sie nicht. Wie soll ich … wie soll ich jemals wieder die Kirche betreten?«
»Aber selbstverständlich wirst du das!«, unterbrach Muriel Scott sie streng. Markby steckte den Schlüsselbund ein.
»Also ist Miss Millar heute Morgen hergekommen, um die Kirche aufzusperren, richtig? Um welche Zeit ist das gewesen?« Ruth blickte verwirrt drein und hielt sich den Kopf, die Finger in den Haaren vergraben.
»Halb zehn oder so? Wir hören morgens immer Radio Four. Die
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