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Der Fluch der bösen Tat

Der Fluch der bösen Tat

Titel: Der Fluch der bösen Tat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif Davidsen
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vorbereitete, hatte er seine Nerven immer im Griff. Sein Gehirn war ausschließlich damit beschäftigt, zu berechnen, einzuschätzen und vorherzusehen, was der Feind vorhaben könnte. Es war, als ob die ohne Vorwarnung auftauchenden Gedanken und Dämonen in diesen Momenten keine Chance hätten.
    Es war mittlerweile leichter geworden, außer Landes zu kommen. Aus Belgrad starteten wieder Flüge, nachdem das Embargo teilweise aufgehoben worden war. Milosevic verkaufte sie für ein paar Tickets. Das war natürlich noch nicht der Ausverkauf, dachte Vuk. Aber es war der Anfang vom Ende für die bosnischen Serben.
    Er mußte ein wenig auf die Verbindung mit Belgrad warten, kam aber schließlich durch.
    »Hier ist Vuk«, sagte er.
    »Ja, Vuk?« erklang eine Stimme.
    »Warschau morgen.«
    »1000 DM plus Ticket.«
    »In Ordnung.«
    »Welchen Namen willst du benutzen?«
    »Sven Ericson, schwedischer Staatsbürger.«
    »Buchstabiere!« sagte der Schwarzmarkthändler in seiner kleinen Wohnung im fernen Belgrad. Das Embargo und die Sanktionen hatten eine völlig neue Klasse von Geschäftsleuten in Belgrad entstehen lassen. Alles konnte beschafft werden. Alles konnte organisiert werden. Man mußte nur die richtigen Beziehungen haben. Vuk buchstabierte den Namen und legte auf. Draußen dämmerte es. Er schnallte den Rucksack um, löschte das Licht und schloß die Tür hinter sich ab.
    Es gab keinen Grund, sich umzudrehen. In der Wohnung gab es nichts, das verriet, wer hier gelebt hatte. Wenn in der selbsternannten Hauptstadt der bosnischen Serben überhaupt jemand auf den Gedanken käme, die Wohnung zu untersuchen, fände er keine einzige Spur, die irgendwo hinführte. Vuk schien nie existiert zu haben. Nur ein Mensch kannte seine Adresse, und der würde nicht plaudern können. Emma wußte nicht, wo er wohnte. Einen kurzen Moment hatte er ein beklommenes Gefühl, aber dann schob er die kleine Sehnsucht von sich weg.
    Vuk ging die Treppe hinunter zu seinem Auto. Es war ein russischer Niwa mit Belgrader Kennzeichen. Er parkte in einer Nebenstraße und war mit einer Persenning bedeckt. Den kleinen allradgetriebenen Wagen hatte er einen Monat lang in der Hinterhand gehabt. Er war vollgetankt und würde die schmalen Wege schaffen, die ihn im Laufe der Nacht nach Serbien und Belgrad führen würden. Er hatte ihn illegal gekauft, aber der Schwarzmarkthändler hatte ihm versichert, daß er sauber sei. Neues Kennzeichen. Der ukrainische Offizier war längst wieder zu Hause in Kiew. Er hatte einen Totalschaden gemeldet und sein Geld dafür bekommen. Es war ein Geschäft, mit dem alle zufrieden gewesen waren.
    Vuk zog die Persenning ab, faltete sie zusammen und legte sie auf den Rücksitz. Die vorbereitete Sprengladung legte er auf den Vordersitz. Das Auto startete beim dritten Versuch. Der Motor hörte sich gut an. Er war laut, aber das waren Niwas immer. Er hatte das kleine, starke Auto selber sorgfältig durchgecheckt. Vuk hatte schon beizeiten gelernt, daß es immer klug war, ein Transportmittel an der Hand zu haben. Es war noch warm, aber es waren nicht viele Menschen auf der Straße. Ein paar Soldaten gingen den Bürgersteig entlang, als Vuk zu dem Mercedes des Kommandanten fuhr, der wie üblich fünfzig Meter vom Haus der Mätresse entfernt in einer Nebenstraße parkte. Vuk stieg aus, ließ aber den Motor laufen. Er blickte sich um. Die Soldaten waren weg. Er war allein. Radovan saß um die Ecke in seinem Café. Um ihn war es schade, aber in jedem Krieg gibt es Opfer, die schlicht zur falschen Zeit am falschen Ort sind. Es war kein Mensch zu sehen. Er schaute auf die Uhr. Halb sieben. In dreißig Minuten würde Radovan den Kommandanten nach Hause fahren. Er hatte in den Hügeln ein Palais besetzt, das einem reichen Slowenen gehört hatte. Die Heimfahrt würde eine dreiviertel Stunde dauern. Vuk sah noch einmal in beide Richtungen der stillen Nebenstraße, dann legte er sich schnell auf den Boden und klackte den Magneten unter den Tank. Das grauschwarze Klebeband machte die Bombe fast unsichtbar, und Vuk wußte, daß der Kommandant es mit der Sicherheit nicht so genau nahm, wenn er sich in Pale befand und erst recht nicht, wenn er gerade von seiner Geliebten kam. Er würde nach Kognak duften und sich auf dem Rücksitz seine Zigarre anzünden. Auf den Bergstraßen, die ihn zu seinem Palais führten, wäre Schluß. Die Zeitspanne des Zündsatzes betrug plus/minus zwei Minuten.
    Vuk fuhr durch die Nacht. Er nahm die kleinen Straßen,

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