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Der Fluch der bösen Tat

Der Fluch der bösen Tat

Titel: Der Fluch der bösen Tat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif Davidsen
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Flaschen Mineralwasser, dann fuhr er auf einer gut ausgebauten Landstraße nach Westen weiter, während über der flachen polnischen Landschaft die Dämmerung hereinbrach. Als er tankte, kaufte er noch ein paar Flaschen Cola. Er bezahlte in bar. In der Nacht parkte er auf einem Rastplatz, aß das Brot und die Wurst und trank eine Flasche Mineralwasser. Er schloß das Auto von innen ab und schlief vier Stunden. Zweimal wachte er von den kreischenden Bremsen schwerer polnischer Laster auf.
    Es war wieder ein schöner Morgen. Das Licht changierte zwischen rosig und blauweiß, und auf den Feldern glitzerte der Tau. Neben ihm standen die beiden Lastwagen. Anscheinend schliefen die Fahrer noch. Vuk putzte sich die Zähne mit Mineralwasser und aß das restliche Brot und den Käse. Er sehnte sich nach einem Kaffee. Er bürstete den Großteil des schwarzen Pulvers aus, seine Haarfarbe lag jetzt irgendwo undefinierbar zwischen Hell und Dunkel. Seine Glieder waren steif, er streckte sich und machte zwanzig Liegestütze.
    Ehe er weiterfuhr, zog er sich die schwarzen Jeans an und tauschte die grauweißen Reeboks gegen gewöhnliche schwarze Gummischuhe aus. Das rotkarierte Hemd behielt er an. Er wollte nicht ganz in Schwarz gekleidet in einer Grenzstadt ankommen. Er hielt an einer modern aussehenden Imbißbude, trank Kaffee und aß ein Käsebrötchen. Er bestellte auf deutsch und ging auf eine alte, übelriechende Toilette, wo er noch ein bißchen Schwarz aus den Haaren bürstete und sich das Gesicht wusch. Seine Augen waren etwas rotunterlaufen, und er hatte leichtes Kopfweh, aber sonst fühlte er sich gut. Das Adrenalin trieb ihn an. Der Verkehr war dünn. Zumeist polnische Autos und vereinzelte Landmaschinen. Die Felder waren abgeerntet, und an manchen Stellen waren sie schon dabei zu pflügen. Die Pflüge wurden von Pferden gezogen, und hin und wieder überholte er ein Fuhrwerk, vor das ein starker Gaul gespannt war. Es war leicht bewölkt und lau. In einer Kleinstadt bei Breslau ging er aufs Postamt und besorgte sich die Nummer der Zimmervermittlung in Berlin. Er rief an und bekam eine Reihe kleinerer familienfreundlicher Hotels in der Innenstadt genannt. Die beiden ersten waren ausgebucht, aber im dritten war noch Platz. Er sagte, er heiße Per Larsen, rufe aus Dänemark an und wolle gern ein Zimmer für zwei oder drei Nächte reservieren. Er sprach englisch mit der Empfangsdame.
    Auf der Weiterfahrt aß er Äpfel und hörte Popmusik auf einem polnischen Sender. Als es richtig dunkel geworden war, kamen die ersten deutsche UKW-Stationen durch. Er hörte Nachrichten. Nur das übliche: Vereinzelte Kämpfe in Bosnien, Verhandlungen, eine interne deutsche Debatte, Staus auf der Autobahn. Der Lastwagenverkehr nahm in beiden Richtungen zu. Bald würde am Übergang Görlitz die lange Warteschlange polnischer LKW anfangen, die in die EU wollten. Er bog ab und fuhr ins Zentrum des polnischen Teils von Görlitz und parkte an einem kleinen Marktplatz. Er war baufällig und staubig, aber hier und da konnte man sehen, daß der Wiederaufbau und die Renovierung alter Häuser bereits in Angriff genommen war.
    Er verschloß sorgfältig das Auto. Hier konnte es ein paar Tage stehenbleiben, wenn es nicht gleich heute nacht gestohlen wurde. Das war nicht sein Problem. Er schnallte den Rucksack um und ging los. Er bemerkte mehrere Gruppen bunt gekleideter Zigeuner oder Rumänen in einer Ecke des Platzes. Eine polnische Patrouille fuhr an ihnen vorbei, und sie drängten sich zusammen wie verschreckte Hühner.
    Mit seinem dunklen Haar, der Mütze, den abgetragenen Jeans und der Lederjacke sah er wie ein polnischer Landarbeiter aus, der wie so viele in die Stadt gegangen war, um ein, zwei Bier zu trinken. Und vielleicht über die vielen sonderbaren ausländischen Kreaturen zu reden, die in der Hoffnung, einen Weg über die Grenze ins gelobte EU-Land zu finden, in ihre Stadt kamen. Er ließ die Autoschlüssel in einen Gully gleiten und verließ die Stadt. Am Stadtrand holte er seinen kleinen Kompaß aus der Tasche und suchte die Richtung: Südwest. Bis zur Neiße, die schmal und flach die reiche Welt vom armen Teil Europas trennte, wären es knapp acht Kilometer. Der Abend war nicht sehr günstig: Die Flußniederung wurde von einem Dreiviertelmond erleuchtet, aber er registrierte zufrieden, daß der Mond immerhin ab und zu von dunklen, schweren Wolken verdeckt wurde, die den weißen Schein auf den abgeernteten Feldern erlöschen ließen. Außerdem

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