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Der Fluch der bösen Tat

Der Fluch der bösen Tat

Titel: Der Fluch der bösen Tat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif Davidsen
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denen er auf einem Motorrad fuhr oder ein Netz aus einem Meer zog. Das Netz war mit silbern glänzenden Fischen gefüllt, die affenähnliche Köpfchen hatten, und auf seinem kräftigen Rücken zeichneten sich die Muskeln ab, wenn er das grüne, feinmaschige Netz einholte. Die Fische zappelten, und ihre Schuppen schimmerten in dem weißgelben Licht wie Silbertaler. Draußen am Horizont war ein Riff mit vielen Vögeln. Sie waren gelb und so groß wie Möwen. Sie wollte Per warnen, weil sie fürchtete, die gelben Vögel würden die tanzenden Silberfische fressen. Aber sie konnte keinen Kontakt mit ihm aufnehmen.
    Sie erwachte schweißgebadet. Ole schlief neben ihr. Er roch nach Tabak und Alkohol. Lise stand auf. Sie war nackt und fröstelte ein wenig. Sie schlang ihren Bademantel um sich, ging in die Küche und trank ein Glas Milch. Es war kurz vor vier. Bald würde das erste freundliche Licht den Horizont verbrämen. Sie war müde und hellwach zugleich. Es war ein deutliches Zeichen für Streß. Das müßte sie eigentlich wissen.
    Vielleicht war es der ganze Trubel, nachdem die Fernsehnachrichten enthüllt hatten, daß Sara Santanda nach Dänemark kam.
    Tagesen raste. Sie wußte nicht recht, ob er wütend war, weil die Sache durchgesickert und das Risiko für Saras Leben gestiegen war oder weil das Fernsehen seiner Zeitung die Schau gestohlen hatte. Er hatte Lise fast so etwas wie einen Anschiß verpaßt. Als ob es ihre Schuld wäre. Dabei war es sonnenklar, daß die undichte Stelle irgendwo in Christiansborg lag. Toftlund wollte den Besuch abblasen oder auf unbestimmte Zeit vertagen, aber dem wollten weder Lise noch Tagesen zustimmen. Und Sara Santanda glücklicherweise auch nicht. Sie blieb standfest. Sie war eine tapfere Frau. Eventuell konnten sie es ein paar Wochen hinausschieben. Mit der Zeit wurden alle Dinge vergessen, obwohl die Zeitungen den Fall natürlich groß aufgemacht hatten. Lise selbst hatte die Story und ein Porträt in Politiken geschrieben. Gleichzeitig war sie von beiden Fernsehkanälen und dem Rundfunk interviewt worden. Sie trat morgens, mittags, abends in Talkshows auf. Strax, Fax, Bax – oder wie diese flachköpfigen Radiosendungen hießen. Eine Platte und dann ein bißchen Gequatsche über irgendwas Seriöses. Ole haßte diese Sachen. Überhaupt verachtete er die elektronischen Medien, die Fernsehnachrichten guckte sie sich meist allein an. Eigentlich könnte sie ebensogut allein wohnen, denn mittlerweile hatten sie sowieso nichts Gemeinsames mehr. Sie hatten ja nicht mal mehr Lust zu diskutieren. Die Meinungsverschiedenheiten lagen wie eine Wüste zwischen ihnen.
    Lise goß sich noch ein Glas Milch ein. Und dann war da dieser Per Toftlund. Er war nervtötend und anziehend zugleich. Reizvoll in seiner rauhen Art. Eigentlich war er überhaupt nicht ihr Typ. Sie wollte Tiefe. Gleichzeitig war er dominant und belehrend, wenn er das Blaue vom Himmel herunterschwatzte über sichere Wohnungen, notwendige Vorkehrungen bis zur Pressekonferenz, Fluchtwege und Sicherheitskorridore und den schnellsten Weg vom und zum Flughafen. Und über Schußwinkel und Biographien der bekanntesten Heckenschützen und Killer. Er kannte furchtbare Geschichten von Liquidierungen politischer Gegner durch iranische Geheimagenten. Ihr war klargeworden, daß sie rücksichtsloser und mindestens so professionell vorgingen wie die Killer des alten KGB. Und ihr war auch klargeworden, daß der PND ein umfangreiches Archiv über dänische und ausländische Staatsbürger angelegt hatte, und obwohl sie natürlich einsah, daß das gerade in der jetzigen Situation ungeheuer praktisch war, ärgerte es sie auch. Daß es derart umfangreich war!
    Aber es war auch angenehm, mit ihm zusammenzusein.
    Sie hatten auf einer Bank am Øresund gesessen und jeder ein französisches Hotdog gegessen, daß er für sie geholt hatte. Als wüßte er schon, daß sie es liebte zu essen. Das Wetter war noch immer wunderbar und nicht mehr so drückend. Drüben lag Schweden im Dunst, und sie bekam Lust zu reisen. Egal wohin. Sie sehnte sich nach Bewegung. Einfach ins Auto und ab nach Süden, nach Spanien. Richtig lange fahren, bis sich das Auto um dich schmiegt und du ein Teil von ihm wirst. So daß du nach ihm riechst und das Auto nach dir. Aussteigen, die Glieder recken und Spaniens rote Erde sehen und beschließen, ins große, leere Landesinnere abzubiegen.
    »Haben Sie geträumt?« fragte Per Toftlund. Er trug eine dünne Windjacke, darunter ein

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