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Der Fluch der bösen Tat

Der Fluch der bösen Tat

Titel: Der Fluch der bösen Tat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif Davidsen
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Whisky, zwei Gläser und eine Schale mit Eis und schenkte großzügig ein. Als hätte er sich entschlossen, sich um den Verstand zu trinken, denn er leerte sein Glas in einem Zug und schenkte nach. Vuk lobte die Wohnung, die Möbel und die vielen Bücher. Er merkte, daß Ole sehr betrunken war, und war über dessen plötzlichen Stimmungswechsel wenig erstaunt. Ole sah ihn nämlich auf einmal forschend an und sagte: »Du bist schon ein komischer Kauz, Carsten. In manchen Punkten jedenfalls. Du weißt bald alles über mich. Über dich weiß ich nicht das geringste. Was bist du eigentlich für einer?«
    »Ein dummer Jüte«, sagte Vuk. Er war jetzt auf der Hut. Die Sache sollte am liebsten ohne Gewalt vonstatten gehen. Er zündete sich eine Zigarette an und reichte Ole seine Packung Prince, der sich aber eine seiner eigenen Kings aus einer gelben Schachtel nahm, die Vuk noch nie gesehen hatte.
    »Ach, komm. In dir steckt mehr, als du preisgeben willst«, sagte Ole.
    »Wahrscheinlich nicht mehr als in anderen Menschen.«
    »Du bist Däne und doch irgendwie anders.«
    »Wie meinst du das«, sagte Vuk und sah ihn wachsam an.
    »Ich weiß nicht. Ich kann es nicht genau benennen. Aber zum Beispiel die Sache mit Carl Ohmann. Die meisten hätten es irgendwie kommentiert, daß er auch da war und in dem Restaurant zu Abend gegessen hat. Aber du scheinst gar nicht zu wissen, wer er ist.«
    »Na und?«
    »Das ist einfach merkwürdig, wenn man hier wohnt. Und das tust du doch, oder?«
    »Klar.«
    »Vielleicht guckst du nicht soviel fern?«
    »Nein, wahrscheinlich nicht.«
    Vuk stand auf, ging zu der Anrichte und nahm eines der Fotos. Es zeigte Lise irgendwo im Süden. Sie trug ein knappes Oberteil und Shorts und lächelte mit zusammengekniffenen Augen in die Kamera. Sie war braungebrannt, im Hintergrund erkannte man einige Berge und ein Stückchen blaues Meer.
    »Du hast eine schöne Frau«, sagte Vuk, aber Ole ließ sich nicht beirren.
    »Wo bist du zur Schule gegangen? Bist du Student? Hast du eine Freundin?«
    Vuk drehte sich zu Ole um. Sein Blick wurde gefährlich, und er merkte, daß sein Lächeln künstlich war. Sie bewegten sich jetzt auf riskantem Terrain.
    »Problematische Vaterbindung, schlimme Kindheit, elendes Liebesleben.« Er lachte.
    »Genau.«
    Vuk sah, daß Ole nun richtig voll war. Der Whisky war direkt ins Blut gegangen, er trank jetzt, ohne so zu tun, als schmeckte er noch etwas. Er schüttete das Zeug nur noch in sich hinein. Er wollte nichts mehr sehen und hören.
    Ole näselte weiter: »Genau. Wir haben alle unser Päckchen zu tragen. Du hast etwas in dir, das heraus will. Etwas Mysteriöses. Auch etwas Schreckliches. Du gehst auf einem Weg, an dem viele Wegweiser stehen, aber du hast die Orientierung verloren, weißt nicht, welchem Schild du folgen sollst. Oder vielleicht geht es in Wirklichkeit mir so.«
    Vuk stellte das Bild zurück.
    »Sehr schöne Frau. Du solltest es nicht zulassen, daß sie sich so viel herumtreibt.«
    Ole Carlsen lachte wieder, betrunken und falsch. Er nahm die Flasche und füllte sein leeres Glas, auch Vuk schenkte er nach, obwohl dessen Glas noch halb gefüllt war. Er tat kein Eis hinein, sondern trank nur und verfiel auf einmal wieder in eine andere Stimmung, wie es bei sinnlos Betrunkenen der Fall ist. Er wurde traurig und sentimental: »Ja, verdammt. Schön, das ist Lise wirklich. Komm her, Carsten. Nimm noch einen kleinen. Komm schon, du mysteriöser Mensch. Schöne Frau! Herrgott, ja. Das ist sie wahrhaftig. Schön! Aber was zum Teufel hilft das schon?«
    Vuk setzte sich. Er trank, und zwanzig Minuten später fing Oles Kopf an, nach vorn zu fallen, und seine Sätze wurden immer unzusammenhängender. Er hatte von Lise und seinem Leben mit ihr erzählt. Von ihrem gemeinsamen Glück und ihren Reisen. Davon, wie sehr er sie liebte und wie herrlich sie war und wie schrecklich es war, daß sie keine Kinder kriegen konnten, und von der dummen Kuh Santanda, die doch bloß abhauen sollte, und von einem blöden Bullen, der vielleicht was zwischen den Beinen, aber nichts zwischen den Ohren hatte, und davon, was für ein verflucht beschissenes Leben er führte. Und daß er es nicht mehr ertragen konnte. Am Ende konnte ihm Vuk die brennende Zigarette aus der Hand nehmen und seine Beine aufs Sofa legen.
    Fünf Minuten lang betrachtete Vuk den schlafenden Ole, während er eine Zigarette rauchte. Oles Atemzüge waren schwer und tief. Als Vuk seine Zigarette zu Ende geraucht hatte, erhob er

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