Der Fluch der Druidin
Entscheidung wohl schon getroffen, als er mit ihr das Kimbernlager verlassen hatte. Oder was hatte er erwartet, was geschehen würde?
»Die Sonne hier ist heißer als bei uns«, griff Sumelis unterdessen Nandos letzte Bemerkung auf. »Du würdest dir nur die Finger verbrennen.«
»Habe ich das nicht schon?«
Sie dachte, er würde sie necken. Vielleicht tat er das sogar, er war sich selbst nicht sicher. Kurz darauf fügte Nando leiser hinzu: »Das wäre es wert.«
Er hätte ahnen können, wie leicht es ihr fiel zu … lieben. Und wie einfach es alles für sie machte. Wie sicher. In der letzten Nacht schien es einen Moment lang selbst für Nando leicht zu sein, aber im Gegensatz zu Sumelis hatte es für ihn ein Erwachen gegeben. Sowie es für ihn ein anderes Leben gab, mit dem er zufrieden gewesen war. Das eine Aufgabe für ihn bereithielt und Ehre.
Nando massierte sich die Stirn. Ein paar von der Sonne gebleichte Fransen schoben sich zwischen seine Finger, und einen Herzschlag lang musste er dem schier unerträglichen Drang widerstehen, sie samt Wurzel und Kopfhaut auszureißen. Er fragte sich, was er wohl tun müsse, um den Bann, den Sumelis über ihn geworfen hatte, zu zerstören. Dann, ob er das wollte.
Doch Nandos Hände scherten sich nicht um seine Zweifel, sondern trafen ihre eigenen Entscheidungen. Seine Finger glitten Sumelis’ Rücken hinab, über die erstaunlich weiche Haut, welche die harten Wirbel bedeckte, und schlossen sich schließlich um die Rundung ihres Gesäßes. Sumelis nahm die Hände vom Boden und ließ sich mit ihrem gesamten Gewicht auf ihn sinken. Er spürte die Wölbungen ihrer Brüste an seinem Oberkörper, ihre Hüfte, die sanft gegen seine rieb. Ihr Gesicht versteckte sich in seinem Hals. Wieder einmal fühlte er sich an seine kleine Schwester erinnert, die das auch manchmal getan hatte, im Winter, wenn ihre gerötete Nase eiskalt gewesen war – und, dachte er mit einem breiten Lächeln, das ihn selbst erstaunte, vorzugsweise vor Rotz triefte. Seltsam, wie lange er daran nicht mehr gedacht hatte. Später erinnerte er sich daran, dass es seine eigene bewusste Entscheidung gewesen war, diese Dinge zu vergessen.
Hinter dem Eichenwald begann das Feuer des Morgenrots in den Himmel zu wachsen. Sumelis’ Atem auf seiner Haut war heiß und gleichmäßig. Nando lag einfach nur still, rührte keinen Muskel. Die ersten Vögel verkündeten den nahen Morgen.
»Komm, ich zeig dir was!«
Er hatte gedacht, sie wäre noch einmal eingeschlafen. »Was?«
Sumelis griff nach seinen Händen und verschlang ihre Finger mit seinen. Dann rutschte sie seitlich von ihm herunter, bis sie Gesicht an Gesicht lagen. Ihre Schläfe drückte leicht gegen Nandos Kinn.
»Meine Seele.«
»Deine Seele?«
»Ja. Ich denke, es müsste gehen. Bleib einfach still liegen und konzentriere dich auf mich. Und versuch, dich zu öffnen!«, fügte sie nachträglich hinzu.
»Wie soll das gehen?«
»Genauso wie heute Nacht.« Seine Frage hatte sie erheitert. »Ganz genauso.«
Am Ende hatte Sumelis recht: Es war nicht schwer. Nando hatte sich in der Nacht bereits fallengelassen, und er war – so schien es ihm zumindest – noch immer versunken. Einmal dachte er:
Das ist Vertrauen,
aber der Gedanke verschwand, bevor er ihn einfangen konnte. Stattdessen begann ein Feuer vor ihm zu pulsieren, blaugrün schillerndes Leben, ähnlich der Farbe des Meeres, wie er es einst im Westen nahe der Mündung des Rhodanus’ gesehen hatte. Es war ein warmes freundliches Strahlen in der Gestalt einer jungen andersfarbigen Sonne. In ihrem Inneren konzentrierten sich die Flammen, bis Nando meinte, ein Abbild darin erkennen zu können, schattenhafte Bewegungen wie ein tauchender Körper in einem aus Gletschern geborenen Fluss. Aber vielleicht war es auch etwas anderes, ein Wesen aus der Welt der Alben und Feen, eine Gestalt, geschaffen aus Licht und silbernem Nebel. Vertraut. – Und mehr als nur Farben.
»Wie geht es Euch heute Morgen?«
»Habt Ihr gelauscht, Krüppel?«
»Ich habe Rascil nur sagen hören, dass Ihr letzte Nacht beinahe gestorben wärt.«
»Spione werden schnell einen Kopf kürzer gemacht.«
Rascil schnaubte spöttisch. »Das müsste in diesem Fall wohl ein sehr tief geführter Schlag sein, mein König!«
»Wollt Ihr Euch anbieten, Priesterin? Ihr habt mich doch bestimmt schon so oft verflucht, dass ich mittlerweile zwei Krötenköpfe haben müsste, würden Eure Zaubereien irgendeine Wirkung zeigen! Ein Schwert
Weitere Kostenlose Bücher