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Der Fluch der Druidin

Der Fluch der Druidin

Titel: Der Fluch der Druidin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Jaeckel
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Fluss erreichten, dessen Oberfläche im bleichen Mondlicht trügerisch glänzte. Hier schwenkten sie nach Norden und trieben ihre Pferde nun, da es mittlerweile hell geworden war, zu größerer Geschwindigkeit an.
    Die Sonne war noch keine Handbreit über den Horizont geklettert, als sich der Himmel zu bewölken begann. Die Wolken standen hoch, eine dünne helle Schicht, die im Laufe des Vormittags fast mehr blendete als normales Sonnenlicht. Der Fluss war gesäumt von Auwäldern mit Pappeln, Weiden und Erlen, dazwischen passierten Nando und Sumelis immer wieder kleine Weiler und einzeln stehende Gehöfte. Nirgends zeigte sich ein Mensch, nur gelegentlich trafen sie auf Schafherden, deren bewaffnete Hirten sich schnell schützend zusammenrotteten, sobald sie der Reiter gewahr wurden. Womöglich fürchteten sie, dass sie nicht allein waren, weitere Kimbern ihnen folgten und dass sie selbst noch das wenige verlieren würden, was die Plünderungen der Nordmänner ihnen bis dahin gelassen hatten.
    Nando und Sumelis hatten sich vom Fluss bald wieder abgewandt, weil die Bewirtschaftung des Landes hier an den fruchtbaren Ufern und Überschwemmungsebenen dichter war und sie mehr Leuten begegneten, als ihnen lieb war. Dieser Zickzackkurs hatte sie Zeit gekostet, daher drängte Nando Sumelis dazu, bis zum Abend weiterzureiten. Sie sprachen wenig, legten immer wieder kleine Pausen ein, dennoch zügelte Sumelis irgendwann ihr Pferd und verkündete, dass sie am Ende ihrer Kräfte war. Nando hatte bemerkt, wie sie zunehmend in sich zusammengesunken auf dem Pferderücken gesessen hatte, ungewöhnlich still, und nickte bloß.
    »Wir werden unter freiem Himmel schlafen müssen.«
    »Bei dem Wetter eine Wohltat.«
    Sie dachten beide an Boiorix’ stickige Kammer und stockten. Nando überspielte ihr betretenes Schweigen, indem er sich aufmachte, um eine geeignete Lagerstelle für sie zu suchen. Er kehrte bald schon zurück und führte Sumelis an blühendem Weißdorn vorbei zu einer Stelle, wo der Boden weniger strauchbewachsen war. Dahinter schloss sich eine von jungen Bäumen eroberte Lichtung bis hin zum eigentlichen Waldrand an. Sumelis verschwand zwischen den Büschen. Als sie kurz darauf wieder zum Vorschein kam, ließ sie sich erschöpft neben ihren Decken und Packtaschen zu Boden fallen.
    »Dies ist ein guter Platz«, verkündete sie.
    Verblüfft drehte Nando sich um seine eigene Achse. »Wieso?«
    »Die Druiden sagen, Dornengewächse halten schlechte Einflüsse fern: Hexen, den bösen Blick, Flüche. Darin sind sie wie Ebereschen. Die Köchin meines Großvaters hat stets dafür gesorgt, dass ein Vogelbeer- oder Dornenzweig über der Tür befestigt war als Schutz. Und siehst du die Eichen dort vorne?«
    »Wir sind heute den ganzen Tag über an Eichenwäldern vorbeigekommen.«
    »Mag sein, aber siehst du, wie alt diese Eichen sind? Ich bin sicher, dieser Wald beherbergt die Wohnstatt eines Gottes.«
    Nando blickte zu den gewaltigen Stämmen hinüber, die sich ein ganzes Stück entfernt über das niedrigere Buschwerk der einstigen Lichtung erhoben. Im Licht der tiefstehenden Abendsonne, die die Wolkendecke auseinanderriss, schimmerte das Blattwerk samten.
    »Scheint so, als wären sie nicht immer für alle so heilig gewesen. Dieser Wald war einst viel größer, jemand hat die Eichen abgeholzt. Man kann noch die Stümpfe erkennen. Die ganze Fläche vor uns ist vor Jahren gerodet worden. Sonst könnten wir uns jetzt auch nicht hinter deinen Dornbüschen verkriechen.«
    Sumelis unterdrückte ein Gähnen. Sie wusste, dass etliche der heiligen Bäume der Kelten auch vom Nordvolk verehrt wurden. Eichen wie Ebereschen waren Donar geweiht, dem nordischen Gott des Donners, daher hatte Nandos Kommentar nichts Abwertendes. Es war eine der Gemeinsamkeiten zwischen dem Volk ihrer Mutter und dem ihres Vaters.
    »Eichen tragen das göttliche Feuer in sich«, murmelte Sumelis. »Mein Vater hat immer, wenn wir krank waren, das Herdfeuer mit Eichenspänen entzündet und die glühenden Kohlen ans Fußende unserer Lagerstatt gelegt. Ihre Glut sollte uns stärken und vor Krankheitsgeistern schützen.«
    »Mein Vater hat dasselbe getan.«
    Sumelis lachte entzückt. Das Lachen vertrieb einen Teil der Erschöpfung aus ihren Gliedern, und sie streckte sich, bis die Wirbel knackten. »Erzähl mir mehr über ihn!«
    »Da gibt es nichts zu erzählen.«
    »Ist er tot?«
    »Das nehme ich an.«
    »Du weißt es nicht?«
    »Ich habe ihn das letzte Mal gesehen,

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