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Der Fluch der Druidin

Der Fluch der Druidin

Titel: Der Fluch der Druidin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Jaeckel
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würde ausnahmsweise sogar funktionieren.«
    »Ihr langweilt mich, Krüppel.«
    »Wieso habt Ihr dann nach mir geschickt?«
    »Eure kleine Druidenfreundin hat versucht, Boiorix zu töten. Ich dachte, das solltet Ihr wissen.«
    Es entstand eine kleine Pause, in der nichts zu hören war außer den raschen Schritten eines Dieners, der die Reste von Boiorix’ Frühstück abtrug. Rascil wartete, bis er außer Hörweite war, bevor sie hinzufügte: »Wer weiß, Krüppel: Vielleicht steckt Ihr ja sogar mit Sumelis unter einer Decke? Immerhin habt Ihr sie hierhergeholt. Das war doch Euer Vorschlag damals, oder habe ich das falsch in Erinnerung?«
    Der Krüppel war so verblüfft, dass ihm diesmal keine scharfzüngige Antwort einfiel. Er legte den Kopf in den Nacken, um fragend zu Boiorix emporzublinzeln, der aus dem Schatten des Zeltdachs hinaus in die Sonne getreten war. Es versprach ein heißer Tag zu werden. Obwohl Boiorix aufrecht stand und in beiden Händen Beile hielt, die er spielerisch durch die Luft sausen ließ, war seine Gesichtsfarbe grau, der einzige Hinweis darauf, dass tatsächlich etwas geschehen war, was ihm zugesetzt hatte. Einer seiner Heerführer wartete in gebührendem Abstand, bis der König ihm einen Wink gab, dann eilte er herbei und sprach leise auf ihn ein. Boiorix nickte, gab einen knappen Befehl, und der Mann verschwand.
    »Das römische Heer hat den Padus überschritten«, sagte er über die Schulter. »Aber ich habe offenbar nichts Besseres zu tun, als mich mit diesem magischen Unsinn zu beschäftigen!«
    Angewidert warf Boiorix die Beile zur Seite, nahe genug am Krüppel vorbei, damit dieser die scharfen Schneiden in der Luft zischen hörte, kurz bevor sie sich in die Seitenwand einer hölzernen Truhe bohrten. Holz splitterte. Boiorix grunzte zufrieden, dann trat er zurück unter den Baldachin, wo niemand ihre Worte belauschen konnte.
    »Erzählt es ihm!«, befahl er.
    Rascils Grinsen ließ das Herz des Krüppels noch weiter sinken. Dies war kein Missverständnis, kein Spaß oder Ränkespiel. Etwas war tatsächlich geschehen. Ein Fehler, in dessen Mitte sich Sumelis fand.
    »Eure keltische Hexe hat gestern unseren König im Schlaf ermorden wollen. Der Plan war, Boiorix ein für alle Mal vom Fluch zu befreien, doch Sumelis hat den Versuch zu weit getrieben. Sie hat Boiorix in der Anderen Welt gefangen gehalten, in seinen Alpträumen, wo er bedrängt wurde von Gegnern, gegen die es keine Waffe gibt. Als er den Rückzug antreten wollte, zurück ins Wachsein, ließ Sumelis das nicht zu. Sie wollte, dass er verliert! Sie arbeitete Hand in Hand mit dem Fluch! Fragt unseren König doch selbst, was er in dieser Welt erleben musste. Fragt ihn, wenn Ihr es selbst noch einmal aus seinem Mund hören wollt!«
    Ihrer Aufforderung zum Trotz machte Rascil keine Anstalten, in ihrer eigenen Erzählung innezuhalten. Stattdessen stiegen ihre Hände in die Höhe, mit unheilvoll nach unten gebogenen Fingern, wie wenn sie einen an unsichtbaren Fäden gebundenen Erdgeist beschwören wollte. Boiorix’ Schilderungen der letzten Nacht mochten ihr gegenüber knapp gewesen sein, aber Rascil wusste, welche Bilder Boiorix’ lückenhafte Erinnerungen füllen sollten. Träume, Dämonen, Magie – diese Welt gehörte Rascil allein.
    »Sumelis hielt Boiorix fest, auf einer schwammigen Ebene. Die kreischende Erde war übersät von Knochen, zwischen denen sich die Grabhügel der Alten Könige in den Himmel erhoben. Nebel hing in der Luft. Eisig kalt und so grau wie Sturmwolken gebar er die Toten. Aus Gräbern und Moorlöchern krochen sie, sie hämmerten mit beinernen Fäusten auf Boiorix ein, bohrten ihre gebogenen Zähne in sein Fleisch. Sie saugten den Atem aus ihm, bis er in blauen Farben seinem Körper entwich. Sumelis ließ zu, dass sie seine Seele stahlen!« Der letzte Satz kam als Aufschrei. Einen Moment lang schien er in der Luft zu schweben, gleich den düsteren Bildern, die Rascil beschworen hatte.
    »In dieser Welt starb Boiorix. Träumend erlebte er seinen eigenen Tod, nur um für einen kurzen Moment im Spiegel eines Wasservorhangs zu beobachten, wie er als Wiedergänger zu uns zurückkehrte. Aber keiner konnte ihn mehr hören! Dämonen hingen in seinen Haaren, übertönten seine Schreie mit ihrem Windgeheul, verhöhnten ihn. Er war ein Geist, ein Schemen, sein Fleisch zerfetzt. Stimmlos irrte er in unserer Welt umher, verloren und vergessen, bis seine Häscher ihn endlich einholten. Die Toten schrien, er sei nun

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