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Der Fluch der Druidin

Der Fluch der Druidin

Titel: Der Fluch der Druidin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Jaeckel
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verkam zu einem Rinnsal. Blinzeln, und Sumelis identifizierte den Baumstamm wieder, den gefesselten Jungen, ihre Fingerspitzen auf seinem Herzen, Rascils und Boiorix’ Beine, die neben ihr in die Höhe wuchsen. Eine grausame Erkenntnis schob sich an Nando und dem Chaos in Sumelis’ Seele vorbei, brannte sich wie das glühende Eisen, von dem Boiorix eben noch gesprochen hatte, in sie hinein.
    Was hatte sie getan?
    Nein, nicht Nando …
    Sumelis verdrehte die Augen und brach bewusstlos zusammen.
     
    Nando saß auf einer Deichsel und polierte die Klinge seines langen Hiebschwerts, als einer von Boiorix’ Kriegern zwischen den Wagen auftauchte, eine bewusstlose Sumelis in den Armen. Hinter ihm folgten zwei weitere Krieger. Zwischen sich schleppten sie einen Mann, dessen Kopf von einer Seite zur anderen schlug, während er schluchzend vor sich hin plapperte. Die Hose des Mannes war am Ansatz seiner Beine dunkel gefärbt, stank nach Urin und Exkrementen. Nando kannte den Geruch von Panik, von Todesangst, doch es kümmerte ihn nicht, was diesem Jungen zugestoßen war. Nando sorgte sich nur um Sumelis und die Art, wie sie reglos in den Armen des Mannes durch das Lager zu ihrem Zelt getragen wurde. Er sprang auf und wollte auf den Krieger und seine bleiche Last zueilen, aber nach einem Schritt blieb er stehen. Er fühlte Blicke in seinem Rücken und musste feststellen, dass seine Schwerthand zitterte. Boiorix’ Leibwächter trug Sumelis dicht an ihm vorbei, nahe genug, damit Nando die Tränenspuren auf Sumelis’ Wange erkennen konnte. Er wollte dem Mann zurufen, er möge sie sanfter tragen, ihren Nacken stützen, aber am liebsten hätte er sie ihm einfach aus den Händen gerissen und Sumelis’ Kopf an seiner Brust geborgen, während er sie eigenhändig davontrug. In Sicherheit.
    Am Ende tat Nando nichts. Er blieb stehen, während der Krieger mit Sumelis an ihm vorbeiging. Schweigend, ohne sich zu rühren. Lediglich seine Arme sanken herab, bis die Schwertspitze die staubige Erde teilte und dabei fast seine Zehen in den Sandalen ritzte. Langsam hob Nando den Kopf und starrte zum Himmel empor, in die gleißende Sonne, die ihm den Schweiß in die Augen trieb, bis sie brannten.
    Er hasste diesen Himmel. Und wenn er ehrlich war, hasste er dieses ganze Land, Italien und die Aussicht auf Rom, deren endgültige Eroberung sein Leben war.
     
    Marcus stand in den Reihen der Hastati fast ganz hinten am äußersten Rand seiner Zenturie. Egal wie sehr er sich den Kopf verrenkte, es gelang ihm nicht, an den Reihen vor ihm vorbeizuschauen und einen Blick auf seinen Konsul und die Abordnung der Kimbern zu werfen, die sich eine Meile außerhalb des römischen Lagers getroffen hatten. Und selbst wenn er etwas gesehen hätte, auf diese Entfernung hätte er nicht einmal Gesichtszüge unterscheiden können.
    »Warte!«, zischte Flaccus neben ihm, als Marcus erneut, sobald der Zenturio in eine andere Richtung blickte, in die Höhe hüpfte, um vielleicht doch noch einen Blick auf Gaius Marius und den Kimbernkönig zu erhaschen. Einen Atemzug darauf fügte Flaccus fluchend hinzu: »Das kostet mich noch eine Tracht Prügel!«, packte Schild und Wurfspeere in einen Arm, machte einen großen Schritt auf Marcus zu und hob ihn hoch.
    Marcus war es gleichgültig, dass alle anderen ihn für ein Kind halten mussten, wie er so von seinem vor Anstrengung schnaufenden Freund in die Höhe gehalten wurde, bis er gerade so über die Köpfe der vor ihnen Stehenden hinwegschauen konnte. Einen Herzschlag später strampelte er wild mit den Füßen, da er bemerkte, wie sich der Zenturio umdrehte, woraufhin Flaccus ihn blitzschnell wieder losließ. Kurz darauf standen sie erneut so stramm, ein jeder in seiner Reihe, als wäre nichts geschehen.
    Der Legionär neben ihnen strafte sie mit einem aufgebrachten Blick, doch einer in der Linie vor ihnen wandte sich um und rief leise: »Sag schon! Was hast du gesehen, Junge?«
    »Den Kimbernkönig, glaube ich!«, gab Marcus stolz zurück. Gedämpftes Rascheln und Schaben entstand, als sich ein Dutzend Soldaten unauffällig in seine Richtung beugten, um ihn besser zu verstehen. »Ein Riese mit Schultern so breit wie ein Ochse! Er überragt Gaius Marius um mehr als Haupteslänge! Er trägt einen Helm mit einem Tier auf dem Kopf.«
    »Wolfsschädel«, flüsterte der Mann vor ihm. »Das ist sein Zeichen, habe ich gehört.«
    »Hinter dem König steht ein weiterer Mann. Er ist schwarz gekleidet, mehr konnte ich nicht sehen.

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