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Der Fluch der Druidin

Der Fluch der Druidin

Titel: Der Fluch der Druidin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Jaeckel
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Neben ihm steht eine Frau. Es muss eine ihrer Priesterinnen sein. Sie hat silberne Haare bis zur Taille und trägt ein weißes Kleid.«
    Ein paar Legionäre schlugen Schutzzeichen vor den von polierten Harnischen geschützten Oberkörpern. Es gab kaum einen, der bei der Erwähnung der nordischen Priesterinnen nicht einen Hauch abergläubischer Furcht verspürte. Jene, die bereits am Kampf gegen die Teutonen teilgenommen hatten, erzählten, die Nordmänner würden die bevorstehende Schlacht als Gottesurteil betrachten, und geizten nicht mit haarsträubenden Geschichten über barbarische Rituale, mit denen die Kimbern bei ihren Göttern um Ruhm und Sieg heischten. Von Menschenopfern war die Rede, an Bäumen erhängten Männern, ertränkten Pferden und geopfertem Beutegut. Gewisperte Weissagungen, gelesen in den Blutbächen zerschnittener Kehlen, Jungfrauen, in Mooren versenkt. Der Zenturio hörte die Unruhe, die Marcus’ Erwähnung der Priesterinnen hervorgerufen hatte, drehte sich um und ließ seinen warnenden Blick über die Reihen gleiten. Er traf nur auf geradeaus gerichtete Augen in ernsten, konzentrierten Gesichtern. Kopfschüttelnd, dass die Federn seines Helmbuschs zur Seite wippten, wandte er sich wieder nach vorne.
    »He, da drüben weiß jemand, was sie besprochen haben!«
    »Und?«
    Raunen. Marcus hätte gerne seinen Helm abgenommen, um besser verstehen zu können, was sein Vordermann seinem Nachbarn berichtete. Der schmucklose, mit Filz gefütterte Helm war ihm trotz der eng gebundenen Riemen zu groß und rutschte ihm ständig über die Ohren, daher verstand der Junge nur Bruchstücke: dass der Kimbernkönig den römischen Konsul aufgefordert hatte, Tag und Ort der Schlacht selber festzusetzen. Marius war der Aufforderung gefolgt, obwohl er Boiorix beschied, dies sei ein besonderer Gefallen, weil die Römer sonst nie vor einer Schlacht ihre Feinde zu Rate zögen. Dann verstand Marcus nichts mehr, denn Flaccus drehte ihm den Kopf zu, mit funkelnden Augen und einem breiten Grinsen.
    »Hast du gehört?«, flüsterte er. »Übermorgen wird es ernst! Na, was meinst du? Glaubst du, wir werden diesen Kimbernkönig persönlich mit unseren Wurfspießen spicken?«
    Marcus antwortete nicht. Er dachte an die riesige Gestalt des Kimbernkönigs mit seinen kraftstrotzenden Schultern, er dachte auch an die katzenhafte Gewalt, die von dem Mann ausgeströmt war, den sie vor einigen Nächten am Rande des Kimbernlagers am Flussufer beobachtet hatten. Wenn ihm eine Wahl blieb, würde Marcus keinem dieser Männer gerne im Gefecht begegnen, obwohl er sich vor der Schlacht nicht fürchtete. Marcus war kein Draufgänger wie Flaccus. Zwar mochte er jetzt ein Legionär sein, aber es war noch nicht lange her, da war er lediglich ein kleiner Bruder gewesen, der jeden Tag aufs Neue lernte, wem er unterlegen war.
    »Du machst dir doch jetzt nicht ins Hemd, oder?«, fragte Flaccus mit hochgezogenen Brauen, weil Marcus nicht antwortete. »Ich verlass mich darauf, dass du mir gegen diese kreischenden Wilden den Rücken deckst!«
    Der Jüngere schüttelte den Kopf und umklammerte seinen Schild fester. »Nein«, sagte er, das Kinn nach vorne reckend, »ich habe keine Angst. Du kannst dich auf mich verlassen, Quintus Gabinius Flaccus!«
     
    Die Sonne war gerade untergegangen und die Dämmerung noch nicht weit fortgeschritten, als Atharic sein Pferd in einem kleinen Wäldchen versteckte und sich zu Fuß auf den Lichtschein hinbewegte, der das gewaltige Lager der Kimbern markierte. Er näherte sich von Norden der Stelle, wo er der Konzentration und Größe der Feuerstellen nach die Lagermitte vermutete: senkrecht aufsteigende Rauchsäulen vor einem sich violett färbenden Himmel, an dem der Mond bereits hoch stand. Da die Kimbern die römischen Legionen im Süden wussten, waren die Posten hier auf der Nordseite mehr gelangweilt denn aufmerksam und hoben nicht einmal ihre Speere, zumal Atharic ihnen schon von weitem einen Gruß auf Kimbrisch zurief.
    »Was hast du da draußen zu suchen gehabt?«, erkundigte sich lustlos einer der Wächter, der gleichzeitig auch ein Auge auf eine außerhalb des Wagenrings angepflockte Herde Pferde hatte. Atharic antwortete nur mit seinem dreckigsten Grinsen samt einer eindeutigen Geste.
    Der Kimber grunzte anerkennend. »Ist es dir in unseren netten Wagenburgen wohl zu eng, he? Hast du Angst, irgendwer könnte sich was abgucken?«
    Atharic zuckte mit den Achseln. »Es war noch hell.«
    »Und? Heute treiben’s

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