Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Fluch der Druidin

Der Fluch der Druidin

Titel: Der Fluch der Druidin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Jaeckel
Vom Netzwerk:
wie es sich ein versteckter Schütze nur erträumen konnte – sofern es ein einigermaßen guter Schütze war.
    Talias Hände bebten vor Anspannung, während sie nach den Pfeilen in Atharics mit Fell bespannten Köcher griff und vier davon vor sich legte. Sie war alles andere als eine Meisterin im Bogenschießen, obwohl sich Atharic jegliche erdenkliche Mühe gegeben hatte, es ihr und den Kindern beizubringen. Den Pfeil auf die Sehne gelegt, wartete sie auf den Kauzruf, der ihr verabredetes Zeichen war. Es war Talias Idee gewesen, diesen Ruf zu verwenden, denn Käuze waren dafür bekannt, dass sie die Seelen jener, die im Schlaf starben, in die Andere Welt trugen. Als das tiefe Hu-hu jedoch endlich ertönte, schrak sie dermaßen zusammen, dass sie beinahe die Sehne losgelassen hätte.
    Keine Zweifel!,
befahl sie sich selbst, bevor sie den Bogen hob und schoss. Der Pfeil surrte davon, schräg nach oben und direkt in die Schulter der Wache. Der Mann drehte sich halb um seine eigene Achse, schwankte, dann stürzte er mit einem gedämpften Schrei von der Anhöhe herab. Äste brachen, als der Körper auf eine junge Fichte fiel, herumgeschleudert wurde und den Hang weiter hinabrollte. Unterhalb von Talia blieb er liegen. Gleichzeitig erscholl links von ihnen lautes Gebrüll. Schwerter trafen klirrend aufeinander, gefolgt von noch wütenderem Tumult. Talia konnte das Stöhnen dessen hören, den sie angeschossen hatte, war jedoch sicher, ihn zumindest kampfunfähig gemacht zu haben. Die restlichen Pfeile an sich reißend, rannte sie hoch zu der Stelle, wo die Wache gestanden hatte, scheuerte sich beim Klettern den Handrücken an einem Felsen auf und kam endlich strauchelnd auf der Anhöhe zum Stehen.
    Etwas war schiefgegangen: Am Flussufer tobte ein erbitterter Kampf.
    Talia sah einen Suaneten sich am Boden wälzen, die Hände über dem aufgeschlitzten Unterleib gekrampft. Die anderen drei hatten Atharic in die Zange genommen und trieben ihn zu den Büschen in seinem Rücken. Atharic versuchte auszubrechen, doch ein Lanzenstoß warf ihn zurück. Es gelang ihm zwar, die Waffe aus den Händen des Mannes zu prellen, ehe er allerdings nachsetzen konnte, sprang bereits ein anderer in die Bresche und drosch mit seiner Streitaxt auf ihn ein. Beim Ausweichen verfing sich Atharics Ferse in einer Decke. Stolpernd gelang es ihm, einen weiteren schweren Schlag zu blocken, doch dessen Wucht brachte ihn völlig aus dem Gleichgewicht. Atharic fiel.
    Mit Gedanken plötzlich so klar und scharf wie die leuchtenden Linien der Mondgöttin, die stumm über dem Tal und dem Kampf wachte, legte Talia einen weiteren Pfeil auf die Sehne. Diesmal gab es kein Zögern mehr, keine Unsicherheit, nur die Gewissheit, dass das da unten ihr Mann war, Atharic, und dass er sterben würde, sollte sie jetzt versagen.
    Talia schloss die Augen, zielte und ließ die Sehne los.
    Der Mann, der gerade auf Atharic losgegangen war, erschauerte, ließ seine Streitaxt fallen und griff sich in den Nacken. Einen Atemzug später kippte er kopfüber nach vorne. Der neben ihm fuhr herum, um zu sehen, woher der Pfeil gekommen war. Talia sah das Mondlicht weiß auf seinen verzerrten Zügen schimmern, das Entsetzen, als ihm klarwurde, welchen Fehler er gerade begangen hatte, denn mehr als diese kurze Ablenkung brauchte Atharic nicht: Im Aufspringen zog er seine Schwertschneide über die Wade des Suaneten. Kreischend fiel der Mann auf die Knie, sein Hals auf der Höhe von Atharics rückhändigem Hieb. Atharic wandte sich seinem verbleibenden Gegner zu. Dieser ging mit einer abgebrochenen Lanze auf ihn los, blindlings nach seiner Brust zielend. Ihr Zweikampf währte keine sechs Herzschläge.
    Talias Arme sanken mitsamt dem Bogen herab. Erst jetzt gestattete sie ihrem Herzen, weiterzuschlagen. Als hätte er das Geräusch gehört, hob Atharic den Kopf und blickte zu Talia empor, zu ihrer schlanken Gestalt, deren Gesicht bleich in der Nacht schimmerte, eingerahmt von einer dunklen Wolke aus sich träge im Wind schlängelndem Haar. Es mochte unpassend sein, aber in diesem Moment konnte er sich des Gedankens nicht erwehren, dass sie wie eine Göttin aussah. Dann ließ Talia den Bogen fallen. Sie machte kehrt, kletterte vom Felsvorsprung, rannte den Hang hinunter und über die Wiese, um sich mit einer Gewalt in Atharics Arme zu werfen, die ihn taumeln ließ.
    Atharic grub die Finger in ihre Haare und drückte sie mit der anderen Hand an sich. Talias Lippen waren auf seinem Gesicht und

Weitere Kostenlose Bücher