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Der Fluch der Halblinge

Der Fluch der Halblinge

Titel: Der Fluch der Halblinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Prisca Burrows
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»Jetzt habe ich es! Ich werde euch führen, denn ich kenne eine Palastköchin, mit der ich schon das eine oder andere Schwätzchen gehalten habe. Seht es mir nach, dass mir das nicht eher eingefallen ist. Ich bin alt, mein Verstand nicht mehr der schnellste. Ingbar, du wirst dann mit Rafnag reingehen und die Àrdbéana holen, während die anderen euch Deckung geben.«
    »Also gut«, gab der Zweifler sich einen Ruck. »Aber müssen denn wirklich alle mit? Die Bogins brauchen wir nicht, auch keinen Zwerg. Es sollte eine heimliche Aktion mit wenigen Leuten sein.«
    »Das leuchtet ein«, gab Vàkur zu. »Rafnag, Ingbar, Cyneweard und Hrothgar sollten mit Ian gehen, und zwar gleich morgen in aller Frühe, wenn jeder im Palast mit dem Morgenmahl oder der Reinigung beschäftigt ist. Wir anderen tüfteln derweil an einem Fluchtweg aus der Stadt. Wir sollten die Àrdbéana unverzüglich nach Uskafeld zu Dagrim bringen. Alskárs Leute können sie dort abholen und ins Nordreich begleiten.«
    Meister Ian fuhr fort: »Während ihr die Àrdbéana holt, mache ich Godas ausfindig. Cady, erinnerst du dich an den Ausstieg, der dich zu mir führte?«
    »Ja.«
    »Geht dorthinunter, Godas wird zusammen mit den anderen zu euch stoßen und euch alle zu einem sicheren Ausgang bringen, von wo aus ihr aus der Stadt entkommt.«
    »Aber das führt doch …«
    »Du bist aus dem Verlies gekommen, Cady, aber es gibt noch einen anderen Verbindungsweg oberhalb davon. Ich weiß es, denn Godas ist auch schon hier bei mir gewesen, und da hatte er keineswegs ein so eindrucksvolles Rüchlein an sich wie du.«
    Die Mienen hellten sich der Reihe nach auf, zustimmendes Nicken setzte ein. »Das klingt endlich mal nach einem Plan«, murmelte Tiw. »Sollte Godas nicht da sein, werden wir eben improvisieren.«
    »Stimmt, und das geht einfach«, dröhnte Randur. »Reingehen, Herrscherin schnappen, abhauen. Sich nicht erwischen lassen.«
    »Also schön, ich gehe jetzt schlafen.« Meister Ian stand auf, streckte seinen hageren Körper und gähnte. »Mein großes Haus ist leer, jeder von euch sollte ein Bett finden.«
    Cady weinte heiße Tränen ins Kissen, bevor die Müdigkeit sie übermannte. Sie weinte um Fionn, der mit offenen Augen in den Tod ging, um die Gefangenen, die weiter im Verlies schmachten mussten, ohne auf ihre Hilfe hoffen zu können, und um sich, weil sie in Sicherheit und geborgen war und sich deswegen schämte.
    Am nächsten Morgen stand Cady früh auf. Ursprünglich wollte sie im Schrank von seinem Vater stöbern, doch dann gab sie sich einen Ruck und ging in Fionns Zimmer. Wehmütig sah sie sich um, nahm alles in sich auf, was von Fionn hier zu erspüren war. Der Raum war niedrig und bogingerecht, mit hellem warmem Holz und einer freundlich hereinschauenden Sonne. Draußen rankten sich Schlingpflanzen um den Fensterrahmen, und der Blick ging in den Garten.
    Sein Bett war noch so, wie er es verlassen hatte. Überall lagen Sachen herum, weil er überstürzt hatte fliehen müssen. Auf dem niedrigen kleinen Tisch lag die Große Arca. Ob er sie wohl schon gelesen hatte? Was stand darin? Cady war versucht, sie zu öffnen, doch sie verbot es sich. Meine Zeit wird kommen , dachte sie. Es ist nicht mehr lange.
    Sie legte sich in Fionns Bett, kuschelte sich in seine Liegekuhle, an seine Decke, in die Grube in seinem Kissen, in der sein Kopf geruht hatte. Es fühlte sich warm an, es roch nach ihm, sie konnte ihn fast spüren. Fionn, wo auch immer du bist, ich denke an dich. Ich hoffe, du musst nicht zu viel durchmachen. Wenn du zutiefst verzweifelt bist, dann denk an dein helles Zimmer, an das Grün draußen vor dem Fenster, und an mich. Komm zurück!
    Sie setzte sich auf, richtete ihre Haare und ging dann zu seinem halboffenen Schrank. Wenigstens etwas von Fionn wollte sie bei sich haben. Sie vergrub mit geschlossenen Augen ihre Nase in seinen gestärkten Hemden, seinen Westen, tastete über die Beinkleider. Sie wählte aus, zog sich an. Das Hemd war ein bisschen weit, passte aber ganz gut. Die Hose musste sie umkrempeln, mit einem Gürtel fest schnüren, und Hosenträger brauchte sie auch dazu. Dann die Weste und darüber eine Jacke. Nur der Urram fehlte.
    Sie betrachtete sich im Spiegel und war erstaunt. Die Kleidung sah seltsam, aber gar nicht mal so schlecht an ihr aus, und sie fühlte sich wohl darin. Onkelchen Fasin würde wahrscheinlich einen Schwächeanfall erleiden, bekäme er sie so zu Gesicht. Aber sie brauchte bequeme Kleidung, und dass sie

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