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Der Fluch der Halblinge

Der Fluch der Halblinge

Titel: Der Fluch der Halblinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Prisca Burrows
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Sicher ist ihm gar nicht erst der Gedanke gekommen, dass ihr mehr sehen und erfahren wollen würdet.«
    »Weil ihr alle uns für sehr naiv haltet, nicht wahr? Harmlos und für jeden Spaß gut.«
    »Seid ihr denn nicht harmlos?«
    Fionn verzichtete auf eine Entgegnung. »Aber ist diese Welt nur schlecht und gefährlich?«
    »Das kommt darauf an. Wenn man so ist wie die Bogins, sanft und freundlich und gänzlich ohne Arg: Ja.«
    »Tiw ist mit seinem Herrn gereist …«
    »Und hat er nicht ein wenig verrückt auf dich gewirkt? Oder weckten seine Erzählungen etwa in dir den Wunsch, es ihm gleichzutun?«
    Fionn starrte beschämt auf die Stiefel, die er von einer Menschenfrau geschenkt bekommen hatte. Bis auf den Urram gehörte ihm nichts; genau genommen gehörte nicht einmal er sich selbst, sondern immer noch seinem Herrn. »Ach, Tuagh, warum bin ich nur weggelaufen?«, stammelte er unglücklich.
    »Es wird schon seinen Grund haben«, erwiderte Tuagh, klopfte ihm auf die Schulter und stand auf. »Genug Trübsal geblasen, mein junger Freund, heb dir noch einiges für später auf. Glaub mir, du wirst es brauchen. Denn deine Reise hat noch nicht einmal richtig begonnen.«
    Fionn stand auf und klopfte sich den Staub ab. »Wie werde ich das überstehen?«
    »Indem du an deinem Ziel festhältst. Lass uns weitergehen.« Tuagh schritt munter aus, und Fionn schlich gesenkten Hauptes hinter ihm her.
    Immerhin, bis zum Nachmittag hatte er sich an die veränderte Sicht gewöhnt. Die Weite flößte ihm jetzt nicht mehr ganz so viel Respekt ein, und er kam sich nicht vollkommen allein und verloren vor – aber auch nur, weil Tuagh bei ihm war und genau wusste, wohin sie gehen mussten. Tröstlich war auch, dass Fionn immer ein Stück der Straße sehen konnte, nachdem Sìthbaile hinter den Hügeln verschwunden war. Es ging entweder südwärts dorthin zurück oder nordwärts zum Horizont. Das lernte er auswendig, denn einen Orientierungssinn besaß er nicht; wie denn auch?
    Dann erreichten sie die erste Wegkreuzung. Nun konnte man alle vier Himmelsrichtungen wählen, und Tuagh ging weiter geradeaus. Hinter der Wegkreuzung hörten die Pflastersteine auf, und die Straße wandelte sich zu einem gestampften Weg, auf dem gerade ein Karren Platz fand. In der Mitte wuchs eine kleine Grasnarbe, die Räderspuren bildeten tiefe Rillen. Bei schlechtem Wetter mit aufgeweichtem Boden mochte man hier kaum mehr vorankommen.
    Die Ost-West-Route wäre weiterhin gut befestigt gewesen. Führte etwa keine Handelsstraße nach Uskafeld, obwohl der Marktflecken doch ein wichtiger Umschlagplatz sein sollte?
    »Dieser Weg hier ist kürzer«, erklärte Tuagh, der Fionns Gedanken wieder einmal genau erriet. »Die Handelsroute ist für Fuhrwerke besser, aber sie ist länger, und zu Fuß kommen wir hier besser durch.«
    Fionn musste allerdings zugeben, dass der gestampfte Boden angenehmer war als der harte Stein. Wobei seinen geschundenen Füßen bald schon alles egal war – und ihm selbst auch, so erschöpft war er. Ihn schmerzten sämtliche Muskeln, außerdem litt er unter Seitenstechen. Wann wäre er schon je so weit gegangen und hätte solche Ausdauer nötig gehabt?
    »Ich halte ganz gut durch, nicht wahr?«, fragte er und wollte sich allzu offensichtlich eine Aufmunterung erbetteln.
    »Für eine Schnecke, ja«, antwortete Tuagh. »Bei dem Tempo sind wir bestimmt in drei Tagen da.«
    Fionn klappte den Mund zu; es war wohl besser zu schweigen und still zu leiden. Wenn er seinen Reisebegleiter und Führer verärgerte, stand er am Ende ganz allein da und konnte sich am besten gleich neben der Straße selbst begraben. Heftig schluckend folgte er dem Mann. Er blinzelte; wahrscheinlich war ihm ein Staubkorn ins Auge geraten.
    Bis zum Einbruch der Dämmerung war Tuagh auf einen kleineren Weg abgebogen und dann auf einen noch schmaleren Trampelpfad, der ganz gewiss nur von solchen Reisenden benutzt wurde, die sich sehr gut auskannten und lediglich leichtes Gepäck mit sich führten. Es ging jetzt durch buschreiches Gelände, durchsetzt mit Bäumen, deren kahle Kronen noch nichts vom nahenden Frühling ahnten.
    An einem Bachlauf mit einem von Buschwerk umgebenen Fleckchen Wiese hielt der Wanderkrieger endlich an, um das Lager aufzuschlagen. Fionn war so erschöpft, dass er sich einfach fallenließ und einige Zeit reglos dalag. Dann fuhr er hoch, als er feststellen musste, dass er sich genau auf einen Ameisenhaufen gelegt hatte und diese das als Angriff auf ihren Bau

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