Der Fluch der Halblinge
betrachteten und sich mit allen Mitteln verteidigten – Soldaten, die kräftige Kauwerkzeuge hatten, und außerdem heftig brennende Säure verspritzten. Fionn sprang auf und schlug wild um sich, versuchte die kleinen Biester aus seiner Kleidung zu schütteln und wälzte sich schließlich mehrmals hin und her, bis er glaubte, alle zerquetscht zu haben.
Tuagh hatte unterdessen die Decken ausgebreitet, Wasser geholt und war dabei, eine Feuerstelle einzurichten.
»Ich werde nach etwas Essbarem suchen«, sagte er und musterte Fionn kritisch. »Schaffst du es allein?«
»Ja, keine Sorge«, keuchte der junge Bogin, der sich überall kratzte, wo die Ameisen ihn gebissen und ihre Säure verspritzt hatten; selbst im Gesicht blühten die ersten Pusteln auf. »Alles in Ordnung, ganz bestimmt.«
»Achte auf das Feuer! Wir brauchen Glut, um Tee kochen zu können.«
»Mach ich.« Da war schließlich nichts dabei, das würde er ja wohl fertigbringen.
Er war froh, für eine Weile allein zu sein, zog die Stiefel aus und ließ seine geschwollenen, fiebrig heißen Füße in den kleinen Bach gleiten. Das Wasser war eiskalt, aber gerade das tat gut und linderte den Schmerz. Er stillte seinen Durst und wusch sich vorsichtig das Gesicht; er fühlte sich verschwitzt und verdreckt und gedemütigt von dem Ameisenangriff. Als ihm das Feuer einfiel, war es bereits zu spät – es war ausgegangen. Hastig stolperte er barfuß zur Feuerstelle und versuchte, es wieder in Gang zu bringen. Aber er brachte nicht einmal Rauch zustande, geschweige denn auch nur ein Flämmchen. Genauso gut hätte er versuchen können, aus einem Stein Wasser zu pressen.
Inzwischen hatten sich so viele Tränen angesammelt, dass Fionn sicher war, eine Schneeschmelze könne nicht mehr Wasser hervorbringen, wenn er ihnen erst freien Lauf ließe. Verzweifelt rang er sie nieder. Er durfte sich keine Blöße geben, sonst würde er auch noch den letzten Respekt verlieren, den Tuagh ihm entgegenbringen mochte. Er hatte versprochen, dem Wanderkrieger nicht zur Last zu fallen, das war die Bedingung gewesen.
Das bin ich , dachte er todmüde, niedergeschlagen und am Ende seiner Kräfte: heulend wie ein Säugling, schwach und zu nichts nutze, ein elender Jammerlappen, der bald lieber im Verlies darben würde, als hier draußen in der Welt zu sein .
Wie zur Bestätigung kamen nun auch noch handtellergroße Käfer, die Interesse an den halb angebrannten Zweigen zeigten und ihn dann umschwirrten. Es wurde unangenehm kühl, und ein Wind, der Feuchtigkeit als Vorankündigung von Regen mit sich führte, kam auf.
Kurz vor der Dunkelheit kehrte Tuagh zurück und fand einen vor Kälte schlotternden jungen Bogin vor, der seinem Blick auswich und nicht in der Lage war, auch nur ein Wort hervorzubringen, weil sonst der Damm der Tränen gebrochen wäre.
Der Wanderkrieger sagte kein Wort wegen des Feuers, legte den getöteten Hasen und die Schwarzwurzeln ab und entfachte es innerhalb kurzer Zeit von neuem. Dann teilte er die Feuerstelle auf und warf in die größere Grube große trockene Äste, sodass die Flammen hoch aufloderten. Wortlos packte er den jungen Bogin, zog ihn zu der großen Feuerstelle und wickelte eine Decke um ihn. Dann nahm er den Hasen aus, zog ihn ab, steckte ihn auf einen Spieß und befestigte diesen über der kleineren Feuerstelle. Er holte aus seinem Reisebeutel eine kleine Kupferkanne und einen kleinen Kupferkessel, füllte beide mit Wasser, stellte sie in die Glut und warf die Schwarzwurzeln in den Topf, während er in die Kanne Teeblätter aus einem mitgeführten Beutel gab.
Zuletzt stopfte er sich eine Pfeife und zündete sie an, während er den Spieß langsam drehte.
Irgendwann hörten Fionns Zähne auf zu klappern, und er fühlte, wie das Leben in ihn zurückkehrte. Er schielte verstohlen zu Tuagh hinüber, der still vor sich hinrauchte und den knusprig duftenden Hasenbraten beobachtete, wagte aber nicht, mit auch nur einem Muskel zu zucken, weil er sich so sehr schämte. Am liebsten hätte er sich einfach aufgelöst, und das wäre das Beste für alle Beteiligten gewesen.
Mit der rauchenden Pfeife im Mundwinkel füllte Tuagh zwei kleine zerbeulte Becher mit dem Tee und winkte Fionn zu sich.
»Komm schon her und trink das, es wird dir gut tun. Honig habe ich leider keinen gefunden, was kein Wunder ist zu dieser Jahreszeit. Der Tee ist also bitter, weckt aber die Lebensgeister und bringt die Kräfte zurück.«
Fionn kroch schüchtern näher und konnte noch
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