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Der Fluch der Halblinge

Der Fluch der Halblinge

Titel: Der Fluch der Halblinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Prisca Burrows
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Auffassung.
    Das war einer der wenigen Punkte, über die der Haushofmeister sich mit der Herrscherin auseinandersetzte, um ihr die menschliche Seite begreiflich zu machen. Doch sie beharrte auf elbischer Tradition. Da war nichts zu machen.
    »Öffnet die Tür zum Verlies«, befahl Pirmin schon bei der Annäherung, doch die beiden Männer regten sich nicht. »Seid ihr taub?«, hakte er unwillig nach.
    Überrascht war er darüber nicht, denn das war schließlich der Grund seines Zorns. Er bekam keine Berichte über die Inhaftierten vorgelegt, geschweige denn ausführliche Auskunft. Das sei nicht seine Sache, wurde ihm beschieden, und so etwas kam überhaupt nicht infrage. War er nun der Oberste Haushofmeister oder nicht?
    Er streckte die Hand aus, um die Tür selbst zu öffnen, doch er kam nicht einmal in die Nähe.
    Die Elbenwachen vertraten ihm den Weg, und das ließ ihn nur noch wütender werden, so sehr er auch darauf gefasst gewesen war. Da musste er wohl tatsächlich seine Autorität herauskehren. Aber nicht gegenüber diesen beiden Tölpeln.
    Er wandte sich an den Schreiber, der ihm nie von der Seite wich, da es seine Aufgabe war, alle Vorgänge im Palast zu dokumentieren. Nicht alles davon wurde aufbewahrt, doch für Pirmin bedeutete es in jedem Fall eine wichtige Gedächtnisstütze fürs Tagesgeschäft. Außerdem konnte er sofort Befehle umsetzen, so wie jetzt.
    »Hole augenblicklich Hauptmann Tiarnan her!«
    Der Schreiber lief los. Es war ein kleines, mageres Männlein, blass und schweigsam. Genau der Richtige für diese Aufgabe. Pirmin hatte ihn irgendwann in der Stadt aufgelesen, als ihn ein Mann, dem er als bezahlten Auftrag einen Brief vorgelesen hatte, verprügeln wollte, weil er mit dem Inhalt des Schreibens nicht einverstanden gewesen war. Pirmin hatte seine Wachen zur Schlichtung vorgeschickt und anschließend den kleinen Mann geprüft, bevor er ihm diese Stellung bei Hofe anbot. Er erntete dafür die erwartete Dankbarkeit und eine bedingungslose Treue.
    Pirmin hätte gar nicht damit gerechnet, doch der Befehlshaber der Soldaten des Palastes und der Stadt Sìthbaile kam tatsächlich zusammen mit dem Schreiber zu ihm. Er war ein Elb mit dunkler Hautfarbe und im Nacken gebundenen hüftlangen schwarzen Haaren; aus dem Nordreich stammte er wohl. Der Name seiner Sippe war Pirmin nicht bekannt. Tiarnan gehörte nicht zu den Wald- oder Hochelben, doch es ging das Gerücht um, dass er von den Schieferbergen stammte. Er trug eine schwarze Uniform mit eingewirkten Silberfäden, und am heutigen Tag zudem einen Lederharnisch sowie Armschienen. Gerüstet, als ob er einen Angriff erwartete. In seinem Gürtel prangte ein mächtiges Langschwert, auf dessen Griff er seine rechte Hand ruhen ließ. Wie viele Elben war er Linkshänder.
    Der Hauptmann war höchstens um eine Winzigkeit größer als Pirmin, doch er schaffte es tatsächlich, hochmütig auf den Obersten Haushofmeister herabzublicken.
    »Was soll das werden, Pirmin, hat mein Adjutant es Euch nicht deutlich genug machen können?«, schnarrte er; seine Stimme hatte den Klang von Birkenholz im Wind.
    »Tiarnan, es kann nicht angehen, dass ich nicht das Verlies betreten kann, um nach den Bogins zu sehen«, erwiderte Pirmin nicht minder scharf.
    »Es geht ihnen gut.«
    »Das behauptet Ihr, aber ich muss mich persönlich davon überzeugen. Ich habe eine Verpflichtung gegenüber ihren Herrschaften. In diesem Palast geschieht nichts ohne mein Wissen oder Einverständnis.«
    »Das war einmal.« Tiarnans dunkle Augen zeigten nichts als Kälte, man spiegelte sich nicht einmal in ihnen. Wobei das bei den wenigsten Elben der Fall war. Zumeist zeigten sich in ihren Augen Abbilder von Wäldern, Bäumen, Wiesen und sonstigen Orten in der Natur, unabhängig von dem, was sie gerade anblicken mochten. Lediglich auf der Oberfläche gab es einen leichten Anschein einer Spiegelung. Doch Tiarnans Augen waren einfach nur dunkel, nicht einmal ihre Farbe war erkennbar. »Meine Versicherung bezüglich der Bogins entspricht der Wahrheit, oder zweifelt Ihr etwa an meinen Worten?« Sein Ton wurde noch abweisender.
    »Ich zweifle daran, dass mir der Zutritt verwehrt wird, dafür gibt es keinen Grund!«, ereiferte sich Pirmin. »Und wenn alles in Ordnung ist, weshalb werde ich dann aufgehalten?«
    Der Hauptmann gestattete sich ein kurzes Zucken des rechten Mundwinkels. »In Zeiten wie diesen, wenn die Sicherheit bedroht ist, habe ich das alleinige Kommando darüber, wie mit Gefangenen zu

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