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Der Fluch der Halblinge

Der Fluch der Halblinge

Titel: Der Fluch der Halblinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Prisca Burrows
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entfernt, und ringsum gab es abgesehen von ein paar Büschen keinerlei Deckung.
    Um was für eine Gefahr handelte es sich überhaupt? Er konnte nichts hören oder sehen; die Bewegung, die ihn geweckt hatte, war wohl Tuaghs gewesen.
    Fionn lag weiterhin still, und auch Tuagh regte sich nicht. Als wären sie eingefroren und auf ein Gemälde gebannt worden, während das Land um sie herum atmete … und sich etwas näherte. Es war keine feststellbare Tatsache, nur ein Gefühl. Ganz abgesehen davon, dass Tuagh nicht grundlos derart wachsam und starr wäre.
    Vielleicht , dachte der junge Bogin bei sich, sollte ich versuchen, meinen exponierten Platz zu verlassen …
    Es war eine Situation, die ihn zwang, eine eigene Entscheidung zu treffen, obwohl er einen starken Beschützer dabei hatte. Fionn bemühte sich, ruhig und langsam zu atmen. Er konzentrierte sich auf das Vorhaben, sich unbemerkt von seinem Lager zu entfernen.
    Ich bin unauffällig wie ein Huhn, niemand bemerkt mich, niemand beachtet mich. Ich bin gar nicht da.
    Seine Schlafstatt befand sich parallel zum Fluss, auf der einen Seite die Feuerstelle, auf der anderen das leise rauschende Wasser. Näher dorthin; eine andere Richtung kam nicht in Frage.
    Seine einzige Chance war, unbemerkt außer Reichweite zu kommen; einem Schwert, einem Pfeil oder auch nur einem Messer hatte er nichts entgegenzusetzen. Nicht einmal bloßen Fäusten.
    Er lag auf dem Rücken, musste sich also nicht erst drehen. Langsam schlüpfte er aus der Decke, bauschte sie ein wenig zusammen, dass es so aussah, als würde er noch darunterliegen. Mit den Fersen und den Handflächen rutschte er seitwärts, Fingerbreit um Fingerbreit, jederzeit darauf gefasst, überfallen zu werden. Noch immer hörte er nichts Gefährlicheres als das Wasser und einen fernen Käuzchenruf, auch Tuagh hatte sich bisher nicht bewegt. Es gab also keinen Grund, sich zu entspannen, ansonsten hätte sein Begleiter ihn längst angesprochen. Die Gefahr war da, wahrscheinlich greifbar nahe, und wartete nur auf den richtigen Moment, um zuzuschlagen.
    Inzwischen hatte Fionn sich ein Stück von seinem Lager entfernt und dem Fluss genähert; er spürte es daran, dass der Boden unter ihm feuchter und die Steine kälter wurden, außerdem kroch eine unangenehm klamme Kühle herauf, und er roch moderndes Moos und schlammige Algen. Wohin nun?
    Da brach die Hölle um ihn herum aus.
    Fionn hatte nichts gehört und sich bemüht, seinerseits kein Geräusch von sich zu geben, doch auf einmal waren sie da – dünne, rasend schnelle Schemen, die mit schrillem Kreischen das Lager überfielen. Fionn war so erschrocken, sein Herz raste so sehr, dass er für einen Moment glaubte, sterben zu müssen. Aber er hatte keine Zeit, auf seine Angst zu achten, denn zwei der Irrwische stürzten sich auf sein Lager und schlugen mit langen Krallenfingern darauf ein. Als sie merkten, dass da niemand war, sahen sie sich mit fahl leuchtenden Augen um und stießen hohe wütende Laute aus. Spitze weiße Zähne blitzten im matten Glimmen der letzten Glut auf.
    Tuagh , dachte Fionn.
    Doch da sah er ihn schon, größer und breiter als die Angreifer, aber nicht minder dunkel und nicht minder schnell. Er hatte sofort reagiert, als der Überfall begann, und Fionn konnte dem chaotischen Durcheinander kaum folgen. Wirbelnde Arme, mit langen Sichelkrallen bestückte Klauen, und ein Schwert, nein, zwei. Körper flogen durch die Luft, Wutschreie vermischten sich mit Schmerzenslauten. Tuagh kämpfte völlig lautlos und wütete fürchterlich unter den Angreifern. Die jedoch waren so zahlreich, ihre Flut schien kein Ende zu nehmen.
    Die beiden Wesen, die Fionns Decke zerfetzt hatten, schnüffelten auf dem Boden herum und bewegten sich langsam auf allen Vieren auf ihn zu. Sie konnten ihn offenbar wie die Elbenhunde nicht wittern und auch nicht sehen – aber in wenigen Augenblicken würden sie unweigerlich über ihn stolpern. Fionn wusste weder wohin noch was tun, und er konnte sich nicht verteidigen. Aber einfach liegenbleiben und den Tod über sich kommen lassen, das wollte er auch nicht, und …
    Inzwischen war er so atemlos, dass er beinahe vor dem Angriff der Wesen erstickt wäre, doch es fiel ihm gerade noch rechtzeitig ein, dass er die Lungen mit Luft füllen musste. Er war fast blind vor Angst, Sterne tanzten vor seinen Augen, und das Blut rauschte in seinen Ohren. Dennoch musste er dem Drang widerstehen, jetzt zu heftig ein- und auszuatmen. Er musste weiterhin still

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