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Der Fluch der Halblinge

Der Fluch der Halblinge

Titel: Der Fluch der Halblinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Prisca Burrows
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sein, ganz leise …
    Langsam schlich er weiter Richtung Fluss über den Grund und versuchte gleichzeitig, den heranschnüffelnden Wesen auszuweichen, doch die waren ihm mittlerweile so nah gekommen, dass er sehr schnell sein müsste, um ihnen zu entgehen. Bewegte er sich aber zu schnell, würden sie das sofort bemerken.
    Schlagartig hielten die Angreifer inne. Sie hatten seine vorsichtigen Bewegungen trotzdem gehört, das leise Schaben und Kratzen von Stoff und Leder auf Gestein und über lockerer Erde mussten ihn trotz aller Vorsicht verraten haben. Sie verharrten, ebenso Fionn, und reckten die Köpfe hoch, sogen geräuschvoll die Luft ein. Leise knurrten sie und klickten mit den Zähnen, bevor sie den Weg fortsetzten. Sie waren vorsichtig, rechneten möglicherweise mit bewaffneter Gegenwehr. Von dem Kampf um sie herum ließen sie sich nicht ablenken.
    Fionn rutschte weiter, und plötzlich griff seine Hand ins Leere. Hektisch hangelte er nach einem Halt, als er merkte, dass der Boden unter ihm nachgab. Er erwischte irgendetwas, das sich nach Strunk oder Wurzel anfühlte, krampfte die Finger darum, und dann riss es ihn auch schon nach unten, die abrutschenden Beine zuerst. Fionn warf die andere Hand hoch, bekam den Strunk zu fassen und umklammerte ihn mit beiden Händen, darauf hoffend, dass er hielt.
    Bis zur Brust versank er im Wasser, das mit eisigen Fingern nach ihm griff, an ihm riss und zerrte. Sein Körper wurde von der Strömung fast in die Waagerechte gezwungen, und er konnte sich kaum noch halten. Ein Schwall Wasser schwappte ihm ins Gesicht, er schüttelte den Kopf und schnappte keuchend nach Luft.
    Ich kann nicht schwimmen. Ichkannnichtschwimmenichkannnichtschwimmen …
    Wann hätte er es auch erlernen sollen? Er hatte noch nicht einmal in einem Teich gebadet; die einzige größere Wasserfläche, in der er sich normalerweise regelmäßig niedergelassen hatte, war ein Holzzuber gewesen, gefüllt mit wohl duftendem, warmem Wasser, das seinen Körper umschmeichelte. Dieses Gewässer schlug ihn mit Peitschenwellen, die seine Füße taub werden ließ und ihm die Kraft aus den immer steifer werdenden Fingern saugte. Und nicht nur das Wasser selbst, das immer wieder in Mund und Nase schwappte, auch die Kälte raubte ihm den Atem.
    Noch einmal durchfuhr es ihn heiß, als sich zwei kahle Schädel mit großen runden, fahl leuchtenden Augen über die Böschung schoben und ihn anstarrten. Sie bleckten die Zähne, als sie merkten, dass der junge Bogin ihnen hilflos ausgeliefert war, und sahen sich nach einer Möglichkeit um, ihn nach oben zu ziehen, ohne selbst den Halt zu verlieren. Sie waren zwar sehr geschickt und gelenkig, aber nicht allzu kräftig. Schließlich kletterte einer halbwegs zu ihm herab, festgehalten vom anderen, und streckte die Krallenhand nach ihm aus.
    Fionn hatte die Wahl – entweder er ergab sich den reißenden Fluten des Flusses und ertrank, oder er ließ sich von den schauerlichen Wesen retten und wurde anschließend gefressen.
    Sie konnten ihm die Entscheidung nicht abnehmen, denn der Fahläugige, der nach ihm hangelte, reichte nicht tief genug hinab, um ihn zu fassen zu kriegen. Aber der Fluss könnte die Entscheidung übernehmen, denn Fionn konnte sich nicht mehr lange halten. Im Ukka, im Urfluss, zu ertrinken, das wäre ein dramatischer Tod. Leider war kein Barde hier, um den Moment festzuhalten.
    Die Fahläugigen wurden wütend, als Fionn nicht reagierte, zogen sich wieder auf die Böschung zurück und versuchten jetzt etwas anderes – den Strunk aus dem Boden zu lösen. Wenn sie ihn nicht haben konnten, sollte er zumindest nicht überleben. Mit ihren langen Sichelkrallen schlugen und hackten sie den Boden auf und legten den Strunk immer weiter frei.
    Fionn hielt sich mit einer Hand fest, mit der anderen tastete er suchend umher, seine Finger krallten sich in Erde, die unter dem Druck nachgab, und darunter fühlte er Wurzeln, ein ganzes Geflecht – aber viel zu dünn und zu schwach, um sein Gewicht halten zu können. Seine Beine strampelten ebenfalls, doch er hatte schon lange nicht mehr die Kraft, sich gegen den Strom zu stemmen.
    O Hafren, edle Herrin des Flusses, ich ergebe mich in deine Güte. Ich habe auf deinen Schutz gehofft, aber wenn es so sein soll, sterbe ich lieber in deinen Armen als durch die Zähne dieser Scheusale .
    Da hörte er einen kurzen Schrei und einen Platscher, gefolgt von einem zweiten. Nur undeutlich sah er dünne Arme mit Sichelklauen aufragen, die bald in

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