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Der Fluch der Halblinge

Der Fluch der Halblinge

Titel: Der Fluch der Halblinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Prisca Burrows
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anderen Weg finden, Bogins auszumachen. Und das wird nicht allzu lange dauern.«
    Fionn fand, dass er nun schon eine ganze Menge gelernt hatte. Zusammenfassend bedeutete es, dass jeder, der sein Haus verließ, ein Idiot war, dass aber wer das nicht tat, Gefahr lief, ermordet zu werden, wie Magister Brychan geschehen.
    Der junge Bogin beneidete all seine Artgenossen, die zu früheren Zeiten gelebt und nie erfahren hatten, was er nun wusste. Und er bedauerte seine heutigen Freunde und Gefährten und Verwandten, die nicht minder leidvolle Erfahrungen wie er durchmachen mussten. Was »Gefangenschaft« bedeutete, wollte er sich nicht ausmalen, und er hoffte, dass das Oberste Gesetz noch immer insoweit Gültigkeit besaß, dass sie alle gut versorgt und wenigstens mit einigermaßen Respekt behandelt wurden.
    Gerade mal zwei Tage unterwegs, und schon reichte es ihm fürs Leben; die Abenteuerlust, so er jemals eine besessen hatte, war ihm ein für alle mal vergangen. Das Leben außerhalb des geschützten Bogin-Daseins bedeutete nichts als Unannehmlichkeiten, und darauf hätte er lieber verzichtet.
    Tiw war schuld! Nein, er durfte nicht ungerecht sein; es wäre zu einfach, alles auf den griesgrämigen Bogin abzuladen. Der Mord hatte nichts mit Tiw zu tun, zumindest nicht unmittelbar. Worauf Fionn am meisten hoffte, war, dass Tiw zumindest einige Antworten wusste, wenn er ihn endlich gefunden hatte.
    Fionn hatte zudem gelernt, richtig zu gehen, so kam ihm seine natürliche Ausdauer wieder zugute, und er konnte nunmehr recht gut mit Tuagh Schritt halten. Hunger und Durst und Muskelschmerzen sah er als Prüfung an und nahm sie hin. Die meiste Umstellung bedeuteten die ausfallenden Mahlzeiten, von denen die Bogins regelmäßig fünf am Tag zu sich nahmen, jeweils eine halbe Stunde lang, und die Hauptmahlzeit am Abend durfte auch gerne länger in Anspruch nehmen. Diese willkommenen Pausen nahmen übrigens auch die Herrschaften gern in Anspruch, denn es ließ sich somit leichter und fröhlicher arbeiten.
    Am späten Nachmittag erreichten sie einen Flusslauf. Er besaß eine tiefblaue Farbe und war breiter als zwei Steinwürfe. Sein Wasser war kalt und schnell, und tief genug, dass ein Schiff ihn durchfahren könnte.
    »Der Ukka«, erklärte Tuagh. »Er ist so alt wie die Insel, heißt es. Noch niemals ist er versiegt oder hat seinen Verlauf geändert. Dies hier ist ein Seitenarm des Hauptstroms, er mündet nach Süden ins Meer.«
    »Dann haben wir Uskafeld bald erreicht?«
    »Heute werden wir es leider nicht mehr schaffen wegen unseres Umwegs. Aber morgen Mittag, spätestens Nachmittag sind wir dort. Weißt du schon, was du dann tun wirst?«
    »Ich muss mich erst mal umsehen, dann entscheide ich. Und was wirst du tun?«
    »Weiter nach Norden gehen, wie geplant.«
    Fionn ließ sich seine Enttäuschung nicht anmerken; im Stillen hatte er gehofft, Tuagh würde noch weiter mit ihm reisen. Denn offenbar hatte er momentan keinen Auftrag und wirkte auch ansonsten nicht allzu sehr unter Druck. Also warum nicht einen Bogin auf eine Reise begleiten, die …
    Na schön, das ist eine blöde Idee , räumte Fionn sich selbst gegenüber ein. Der Wanderkrieger ist schließlich kein junger Draufgänger mehr. Wenn er überhaupt jemals einer gewesen war, denn wie wäre wohl ein alternder Krieger aus ihm geworden, der sogar noch alle Augen und Ohren und Gliedmaßen hat, wenn er nicht stets besonnen gehandelt hatte? Warum also sollte er sich unbezahlt auf eine Reise ins Ungewisse mit mir begeben? Also trennen sich in Uskafeld unsere Wege, das ist nur vernünftig .
    Davor lag eine weitere schreckliche Nacht unter freiem Himmel und auf hartem Lager. Fionn wusste nicht, wie er sich hinlegen sollte, um es wenigstens einigermaßen bequem zu haben. Gestern war er zu erschöpft gewesen, aber heute spürte er jedes Steinchen, jede Unebenheit.
    Mitten in der Nacht schreckte Fionn hoch, als er eine Bewegung spürte. Schreckerstarrt lauschte er in die Dunkelheit, während seine Augen sie zu durchdringen versuchten. Das Feuer war heruntergebrannt, die Glut glomm nur noch schwach. Undeutlich erkannte er einen Schemen, noch dunkler als die Umgegend, und er nahm an, dass es Tuagh war, in kauernder Haltung. Da er nichts sagte, musste die Gefahr schon ganz nahe sein, und Fionn wagte nicht, auch nur einen Muskel anzuspannen. Er hoffte, dass er, wenn es darauf ankam, schnell genug aufspringen und losrennen konnte – nur, wohin? Sie lagerten wenige Schritte vom Fluss

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