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Der Fluch der Halblinge

Der Fluch der Halblinge

Titel: Der Fluch der Halblinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Prisca Burrows
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noch einmal eine Etage tiefer. Dort unten verzweigte sich das Verlies in verschiedene Gänge.
    »Kennst du alle diese Gänge?«, erkundigte sich Pirmin.
    »Bewahre«, antwortete der Elb. »Niemand kennt sie alle. Es heißt, mit den Verliesen endet das Labyrinth nicht, sondern beginnt erst. Viel ältere Gänge soll es da noch geben; geheime Pfade, die unter anderem zu den Wasseradern oder den Kanälen führen sollen. Also bis in die Stadt hinein.«
    »Warum hat das noch keiner untersucht?«
    »Oh, das ist durchaus ein- oder zweimal geschehen, nur ist keiner mehr zurückgekehrt.« Der Bergelb zuckte die Achseln. »Warum sollte man das erforschen wollen? Vielleicht sind es auch nur Legenden, auf denen das Schloss gegründet wurde.«
    »Vielleicht sollte man einmal Zwerge hinein schicken.«
    »Ha, nur wenn Ihr ihnen kostbare Erze garantieren könnt. Ansonsten haben sie keinerlei Interesse an solchen Risiken, vor allem, wenn Wasser dabei eine Rolle spielt.«
    Der Elb wahrte die Höflichkeitsform, das gefiel Pirmin. Ebenso seine Auskünfte.
    Sie bogen in den linken Gang ein; wenn Pirmin sich nicht täuschte, war das die westliche Richtung. Der Eingang des Palastes war nach Norden ausgerichtet. »Um ganz Albalon im Blickfeld zu haben«, wie die Àrdbéana zu sagen pflegte. Elben bevorzugten sonst Eingänge, die gen Sonnenaufgang blickten, wohingegen die Menschen ihre Grabstätten nach Osten ausrichteten.
    Der Fackelgang führte tief hinein in den Fels; ein unangenehmer Geruch aus Moder, Abgestandenem und dergleichen mehr schlug Pirmin entgegen, und er wusste, dass sie die Verliese mit den Bogins erreicht hatten.
    Der Wachanführer nahm eine Fackel und hielt sie in die Eingänge der Verliese. Die Bogins fuhren verstört auf und kamen dann zum Gitter, streckten die Hände hindurch. Sie erkannten Pirmin an seinem Ornat und seinem Stab; in ganz Sìthbaile waren seine Amtsinsignien bekannt, auch wenn ihn nur wenige zu Gesicht bekamen.
    »O Herr!«, riefen sie. »Habt Gnade, wir sind unschuldig!« – »Lasst wenigstens die Kinder frei und gebt sie zurück in die Obhut unserer Herrschaften!« – »Lasst uns mit unserer Herrschaft sprechen!« – »Gebt uns mehr zu essen, und Decken, wir brauchen Decken!« Und so ging es weiter, während der Oberste Haushofmeister an den Gittern entlangging, ohne innezuhalten oder auch nur ein einziges Wort zu sprechen.
    Er blieb erst stehen, als er namentlich angerufen wurde.
    »Herr Pirmin! Mein Herr, Meister Ian Wispermund, kennt Euch! Bitte sagt mir, geht es ihm gut?«
    Es war eine Boginfrau, die robust und energisch wirkte; allerdings verlor sie bereits ihre gesunde Gesichtsfarbe in der sonnenlosen Düsternis hier unten.
    »Du willst wissen, wie es deinem Herrn geht?«, fragte er.
    »Er ist ein gebrechlicher alter Mann, und ich mache mir Sorgen um ihn. Wie soll er allein zurechtkommen?«
    »Er wird es schon schaffen. Mach dir lieber Sorgen um dich und die Deinen.«
    Der Oberste Haushofmeister stellte sich so, dass er aus den meisten Zellen gesehen werden konnte.
    »Hört mich an, Bogins!«, sagte er laut und vernehmlich. »Ihr wisst, weshalb ihr hier seid. Ein schändlicher Mord ist geschehen, und einer von euch ist der Mörder. Liefert ihn mir aus, und ihr könnt alle gehen. Seid stur, und wir beginnen morgen mit den Verhören. Ihr habt die Wahl.«
    Er schlug einmal mit dem Stab in die gelähmte Stille hinein. Dann wandte er sich zum Gehen.
    »Das … das könnt Ihr nicht machen!«, stammelte die Frau, und ihre Stimme hallte von den Felsen wider. »Ihr wisst, dass ein Bogin niemals zu einer solchen Tat fähig wäre!«
    »Und doch ist es geschehen, die Beweise sind erdrückend.«
    »Aber wir sind alle unschuldig! Keiner von uns hat es getan!«
    »Dann beginnen morgen die Verhöre und wir werden herausfinden, was die Wahrheit ist.« Pirmin schlug ein letztes Mal mit dem Stab auf, dann hatte er die Treppe erreicht und stieg nach oben. Nun diente ihm der Stab als Stütze, denn auch er war nicht mehr der Jüngste.
    »Was glaubst du«, fragte er den Bergelb, als sie den Posten wieder erreicht hatten. »Werden sie bis morgen einen der Ihren ausliefern?«
    »Das wäre menschlich«, antwortete der Unsterbliche. »Bogins sind absolut friedfertig. Sie können mit einer solchen Situation überhaupt nicht umgehen und würden gar nicht auf den Gedanken kommen, dass sie damit ihre eigene Haut retten könnten. Niemals würden sie Verrat begehen oder einen anderen zum Opfer zwingen.«
    »Was werden sie im

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