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Der Fluch der Hebamme

Titel: Der Fluch der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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hinaus aus der Stadt – auf der Flucht vor dem verzerrten Gesicht seines Vaters, der ihm den Segen verwehrte, und auf der Flucht vor sich selbst.
    Er wusste, dass ihm in einiger Entfernung mindestens ein Dutzend seiner Leibwachen folgen würden; Elmar würde ihn nie schutzlos irgendwohin schicken. Doch er wollte jetzt niemanden sehen.
    Er trieb seinem Hengst die Sporen in die Seiten, und als er auf seinem ziellosen Ritt ein Waldstück nahe der Stadt erreicht hatte und das Dickicht für das Tier zu eng wurde, stieg er ab und hieb mit der Faust auf den nächsten Baum ein – wieder und wieder, dass die Borke absplitterte und er erst durch den Schmerz wieder zu sich kam.
    Er hatte jedes Wort ernst gemeint, das er seinem Vater am Totenbett gesagt hatte.
    Der unnachgiebige Blick des Sterbenden würde ihn von nun an verfolgen – wie ein Fluch, den keiner von ihm nehmen konnte außer Otto selbst. Und der würde es nicht tun, wenn nicht ein Wunder geschah.
     
    Am 18. Februar im Jahr des Herrn 1190 tat Otto von Wettin, Markgraf von Meißen, nach vierunddreißig Jahren der Regentschaft seinen letzten Atemzug.
    Drei Tage und Nächte lang lag er aufgebahrt, mit dem Kopf nach Osten, Richtung Jerusalem, während Boten die Nachricht vom Tod des Herrschers im Land verbreiteten und die Totenglocken läuteten. Die Ritter seines engsten Gefolges, darunter Lukas und Raimund, Hartmut und Reinhard, lösten sich mit der Totenwache ab. Eine Nacht wachten sein Sohn, seine Frau, sein Bruder und seine Töchter an Ottos aufgebahrtem Körper. Im Dom zu Meißen wurden eine Totenmesse gefeiert und viele Gebete für das Seelenheil des alten Markgrafen gesprochen.
    Dann wurde sein Leichnam mit einer feierlichen Prozession zum Kloster Marienzelle gebracht. Dort, dies war Ottos ausdrücklicher Wunsch gewesen, als er das Kloster vor fast dreißig Jahren gestiftet hatte, sollten seine Begräbnisstätte und die seiner Familie sein. Abt Peter las eine feierliche Messe für das Seelenheil des Toten.
    Jedermann erwartete, dass Albrecht sofort nach seiner Rückkehr auf den Burgberg mit einem triumphalen Akt die Übernahme der Macht verkünden würde, wie er es voreilig schon einmal getan hatte.
    Doch nichts dergleichen geschah.
    Das führte eher zu Besorgnis als zu einem Aufatmen. Denn niemand glaubte daran, dass der Tod seines Vaters und der hohe Titel den jähzornigen jungen Markgrafen geläutert haben könnten.

Alpträume
    H oheit …«
    Vorsichtig näherte sich Elmar dem nunmehrigen Fürsten von Meißen, der seit der Rückkehr von Marienzelle keinerlei Anstalten unternahm, sich als neuen Herrscher feiern zu lassen und die Ritter seiner Markgrafschaft in die Pflicht zu nehmen. Stattdessen brütete Albrecht stumpf vor sich hin und wollte niemanden sehen, nicht einmal seinen wichtigsten Ratgeber und Vertrauten.
    »Ihr habt der Welt Eure Trauer um Euern Vater gezeigt«, sprach Elmar behutsam auf ihn ein. »Nun ist es Zeit, Eure Herrschaft zu sichern. Soll ich Vorbereitungen treffen lassen für glanzvolle Feiern anlässlich Eures Herrschaftsantritts, hier und in Freiberg? Dies wäre eine angemessene Gelegenheit, den Lehnseid Eurer Vasallen und die Huldigung Eurer Untertanen entgegenzunehmen.«
    Ganz langsam hob Albrecht den Kopf und starrte den Truchsess an. Sein Gesicht war verquollen von fehlendem Schlaf, seine Augen
     waren blutunterlaufen, und sein Blick flackerte unstet hin und her.
    Ich muss ihn dazu bringen, dass er weniger trinkt und endlich etwas unternimmt, dachte Elmar besorgt. Sonst gleitet ihm das Land aus den Händen, noch bevor er es richtig in Besitz genommen hat.
    Nur schleppend schienen Elmars Mahnungen zu Albrecht durchzudringen. Er schüttelte träge den Kopf, als wolle er eine Fliege vertreiben, hob die Hände, ließ sie wieder sinken und öffnete den Mund leicht, ohne etwas zu sagen.
    Elmar erkannte, dass dies der Moment war, in dem sein Schützling und Dienstherr sprechen würde – oder er würde es nie tun.
    Mit einer knappen Handbewegung scheuchte er alle hinaus, die noch in der Kammer waren, und befahl seinem Ziehsohn Rutger, hinter der Tür zu wachen und dafür zu sorgen, dass sich dort keine Lauscher herumtrieben.
    Als die Tür wieder geschlossen war, wog Elmar einen Moment lang das Für und Wider ab. Dann nahm er entschlossen Albrechts Becher fort und schob ihm stattdessen eine nicht angerührte Platte mit verschiedenen Sorten Braten zu.
    »So lange habt Ihr auf diesen Tag gewartet. Wollt Ihr nun Euer Erbe durch

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