Der Fluch der Hebamme
Höllenfeuer denken zu können.
Für die ruhmreiche Heimkehr in die Mark Meißen hatte sich Elmar etwas Besonderes ausgedacht. Deshalb ritt Albrecht auf dem Rückweg vom Hoftag zunächst nach Freiberg, und die Reise war so geplant, dass sie am Palmsonntag zu Beginn der Karwoche dort eintrafen.
»Ist das nicht ein bisschen gotteslästerlich, so an den Einzug Jesu in Jerusalem zu erinnern?«, hatte Giselbert anfangs zu bedenken gegeben, noch vor dem Aufbruch Richtung Frankfurt.
Doch Elmar zeigte sich davon völlig unbeeindruckt. »Genau dieses Gleichnis sollen die Leute vor Augen haben, wenn Seine Durchlaucht in Freiberg einzieht. Und am Ostersonntag, gleichzeitig mit dem Fastenbrechen, feiern wir in Meißen seine Regentschaft!«
Albrecht hatte das alles wortlos hingenommen und die Vorbereitungen Elmar überlassen. Und wieder einmal sollte sich zeigen, dass sein durchtriebener Berater unübertroffen und unersetzlich war.
Als Albrecht sich mit seinem mehr als hundertköpfigen Geleit Freiberg auf ein paar Meilen genähert hatte, preschte ein halbes Dutzend Reiter voraus, um die Ankunft des Hofstaates anzukündigen. Vor dem Erlwinschen Tor erwartete ihn weisungsgemäß Sophia mit ihrem Gefolge in prachtvoller Aufmachung, die zusammen mit Elmar aus Meißen gekommen war.
Die Fürstin wagte es nicht, ihrem Mann in die Augen zu blicken, als er sie mit höflichen Worten, aber in eisigem Tonfall begrüßte. Sie zitterte vor Kälte. Der Märztag war kühl, und während sie vor dem Tor gewartet hatte, war ein kräftiger Regenschauer niedergegangen.
Doch wahrscheinlich zittert sie noch mehr aus Furcht, dachte Albrecht zufrieden. Und dazu hat sie allen Grund! Am liebsten würde er sie auf der Stelle vor aller Augen züchtigen. Schon ihr Anblick entfachte seinen Zorn von neuem. Aber das musste warten. Sicher fand er bis dahin ein anderes Opfer, an dem er seine Allmacht beweisen konnte.
Auf seine Geste hin ritt Sophia an seine Seite und setzte das befohlene strahlende Lächeln auf. Nur aus der Nähe war zu erkennen, dass sie dahinter Furcht und Abscheu verbarg.
Während der Abwesenheit ihres Gemahls hatte sie unter den unerbittlichen Augen Elmars auf dem Burgberg alles getan, was von ihr erwartet wurde. Aber sie wusste, dass Albrecht ihr gegenüber keine Gnade zeigen würde, ganz gleich, was Elmar ihm berichtete. Sein gewalttätiger Ausbruch vor der Abreise hatte sie in Todesängste versetzt. Seitdem überlegte sie ernsthaft, ob ein Leben im Kloster nicht doch die bessere Wahl sei – oder ob sie auf das Angebot ihrer Schwiegermutter zurückgreifen sollte. Doch wenn Albrecht davon erfuhr, würde er sie noch schlimmer büßen lassen. Auch ohne in seine Augen zu sehen, spürte sie, wie in ihm die Lust brodelte, zu quälen und zu töten.
Ein Schauer lief ihr über den Rücken. Sie legte die Hände übereinander, die die Zügel hielten, und verborgen unter dem weiten Ärmel streckte sie heimlich zwei Finger der rechten Hand als Zeichen gegen das Böse aus, das ihr Mann verkörperte.
Bereits beim Passieren des Erlwinschen Tores jubelten mehr als hundert Freiberger dem Fürstenpaar zu, herbeigerufen durch Hornsignale und die lauten Befehle der berittenen Vorhut.
Auf beiden Seiten der Gasse standen die Stadtbewohner dichtgedrängt, um den prachtvollen Zug zu bewundern und Segenswünsche zu rufen. Allein die Kleider des Fürstenpaares würden Gesprächsstoff für Wochen abgeben!
An der Kesselmachergasse schwenkte der beeindruckende Reiterzug nach links zum Oberen Markt.
In der Mitte des Platzes wartete bereits Elmar auf seinem Rappen, begleitet von einem Dutzend prächtig gekleideter und gerüsteter Ritter. Das Geviert vor ihm wurde durch bewaffnete Knechte frei gehalten, und die an den Seiten stehenden Menschen machten eiligst Platz für das Fürstenpaar und sein Gefolge.
»Hoheit! Ganz Freiberg heißt Euch als Markgrafen von Meißen willkommen und beglückwünscht Euch zu Eurer Belehnung durch den König!«, rief Elmar und verneigte sich, wobei er die Hand über das Herz legte.
Der dicke Ausrufer, der auch beim Turnier dabei gewesen war, forderte die Zuschauer auf, drei laute Hochrufe auf den Markgrafen und seine Gemahlin auszubringen. Aus Hunderten Kehlen erklang ein begeistertes »Vivat!«.
Lukas stand mit seinem Fuchshengst in der ersten Reihe von Albrechts berittener Wache und betrachtete die jubelnde Menge mit undurchdringlicher Miene. Das Turnier und die in die Menge geworfenen Pfennige haben wirklich
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