Der Fluch der Hebamme
bleibenden Eindruck hinterlassen, dachte er sarkastisch, um die Bitterkeit über seine derzeitige Lage zurückzudrängen.
Während der Reise zum Hoftag war ihm stets ein Platz in der Mitte der Ritter zugewiesen worden – so, dass er ständig unter Beobachtung war und keinen Schritt allein gehen konnte. Das störte ihn nicht weiter; im Gegenteil. Ihn vor aller Augen hinterrücks abstechen zu lassen, könnte doch für Unmut unter den Rittern sorgen, und sollten sie zu zehnt über ihn herfallen, würde er ihnen bis zum letzten Atemzug einen Kampf bereiten, von dem noch lange die Rede sein sollte.
Doch für den Auftritt auf dem Oberen Markt hatte ihn der neue Markgraf in die erste Reihe befohlen. Jeder Freiberger sollte sehen, dass der treueste Gefolgsmann des legendären Christians nun Albrecht Gehorsam leistete.
Zusätzlich beunruhigte Lukas, dass er Marthe in dem Gewimmel nicht entdecken konnte. War ihr etwas zugestoßen während seiner Abwesenheit? Oder stand sie gerade Clara in ihrer schweren Stunde bei? Die Zeit für die Niederkunft musste nun schon nah sein. Lukas wusste keinen anderen Grund, aus dem Marthe freiwillig versäumen würde, hierherzukommen, um sich davon zu überzeugen, dass er lebte und es ihm gutging.
Ein Pfiff lenkte seinen Blick nach links – und da sah er sie endlich. Der älteste Schmiedesohn und Christian, der Stallbursche, bahnten ihr mit breiten Schultern den Weg durch die Menge, bis sie sich nach vorn zwängen konnte.
Sie musste ihn sofort entdeckt haben; er war ja auch schlecht zu übersehen in der ersten Reihe der Berittenen.
Lukas lächelte ihr aufmunternd zu und versuchte, in ihrem Gesicht zu lesen, ob er schon einen Enkel hatte. Doch er sah nur Erleichterung über seine Rückkehr … und dahinter tiefe Besorgnis.
Sie war noch nie gut darin gewesen, etwas vor ihm zu verbergen. Dafür kannte er sie einfach zu genau.
Hoffentlich macht Albrecht es kurz, dachte er ohne große Hoffnung, dieser Wunsch könnte in Erfüllung gehen. Er wollte jetzt seine Frau in die Arme schließen, die er drei Wochen lang nicht gesehen hatte. Und er wollte wissen, was um alles in der Welt hier geschehen war.
Zufrieden blickte Albrecht auf die Menge herab, die ihn ehrfürchtig anstarrte.
Die Ratsherren traten vor, angeführt von dem dürren Bürgermeister, und knieten nieder – wieder einmal auf einem von Pfützen übersäten Platz. Der Bürgermeister hielt mit beiden Händen ein weißes Bündel und streckte es ihm entgegen.
»Erlaubt, allergnädigster Fürst, dass wir Euch willkommen heißen und als Ausdruck unserer Freude über Eure Regentschaft ein Geschenk überreichen!«
Albrecht gestattete ihm mit einer knappen Geste, aufzustehen.
Ungelenk rappelte sich der Gewandschneider hoch und schlug das weiße Kaninchenfell auseinander, mit dem das Geschenk umhüllt war: zwei zinnerne Becher mit dem meißnischen Löwen und den Namen von Markgraf und Markgräfin, wie er eiligst erklärte.
»Die Arbeit unseres besten Zinngießers, eigens für diesen Anlass gefertigt, Hoheit!« Seine Stimme überschlug sich vor Aufregung.
Auf das Zeichen des Fürsten hastete der dicke Ausrufer zu dem Bürgermeister, nahm ihm das Geschenk ab und zeigte es Albrecht und Sophia.
Der Markgraf nickte herablassend und befahl dann seinem Mundschenk, die Trinkgefäße an sich zu nehmen. Er würde sie nicht berühren, bevor überprüft war, ob sie nicht mit einem dieser tückischen Gifte bestäubt waren, das jeden tötete, der damit in Berührung kam. Man konnte sich gar nicht genug in Acht nehmen.
Doch die Leute auf dem Marktplatz blickten so ehrfürchtig zu ihm auf, dass er sich wohl zu viele Sorgen machte. Vielleicht sollte er noch ein paar Worte sagen, dann würden sie ihm ganz aus der Hand fressen.
»Ich weiß die Treue und den Fleiß der braven Freiberger zu schätzen«, rief er der Menge zu. »Nun, da mich unser Herr König zum rechtmäßigen Herrscher der Mark Meißen ernannt hat, werden mir heute auf der Burg die Ritter und Wachen die Treue schwören. Die Ratsherren seien zu diesem Fest eingeladen – und wer von euch zuschauen will, kann dies tun, soweit der Platz auf dem Burghof reicht.«
Er unterdrückte mit einer Geste den aufkommenden Jubel, um gleich weitersprechen zu können. »Danach geht wieder an eure Arbeit, holt das Erz aus den Gruben und schmelzt Silber daraus. So bringen wir das Land zum Erblühen!«
Nun schien die Begeisterung kein Ende zu nehmen.
In Hochstimmung sah Albrecht auf die
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