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Der Fluch der Hebamme

Titel: Der Fluch der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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vor dem Tor über die Mauer herablässt. Ich halte dir so lange den Rücken frei. Du bist zu bekannt und außerdem im Moment in aller Munde, als dass du noch durchs Tor kommen könntest. Wir müssen Gott schon danken, wenn du es lebend durch den Gang schaffst. Verschwinde von hier und halte dich irgendwo versteckt, wo dich niemand vermutet. Derweil sehen Hartmut und ich, was wir für Marthe tun können.«
    »Du wagst sehr viel meinetwegen«, sagte Lukas, ehrlich erstaunt. »Ich weiß nicht, ob ich das annehmen kann.«
    »Tu es einfach! Mit zwei Leichen im Verlies gibt es sowieso kein Zurück«, antwortete Gerald schroff.
    »Hättest du mir wirklich den Kopf abgeschlagen, wenn Marthe nicht eingegriffen hätte?«
    »Darüber will ich jetzt nicht nachdenken«, brummte Gerald, zog seinen Dolch erneut und drehte sich zu Guntram um. »Bereit?«
    Auch der junge Schmied griff erneut nach der Waffe und nickte.
    »Wartet!«, mischte sich Lukas ein. »Das sollte wohl ich übernehmen. Deine Sache ist das Schmieden, nicht das Töten.« Fordernd streckte er Guntram die Hand entgegen.
    Jonas’ Sohn zögerte. »Ihr seid verletzt.«
    Lukas zwang sich ein müdes Grinsen ins Gesicht. »Du vergisst, dass ich mit der Linken genauso gut kämpfe wie mit der Rechten. Christians Schule!«
    Der junge Schmied wirkte erleichtert, als er Lukas die Waffe übergab. Wahrscheinlich hatte er heute zum ersten Mal getötet und fühlte sich nicht wohl bei dem Gedanken. Lukas dagegen hatte dieses Handwerk nicht nur erlernt; er hatte auch keinerlei Bedenken, die Kerle niederzustechen, die mit so viel Begeisterung auf ihn eingeprügelt hatten.
    Mit einem knappen Nicken gab er Gerald das Zeichen, dass er bereit war, und stellte sich neben der Tür auf.
    Der Marschall öffnete die Tür ein Stück und rief nach draußen: »Wollt ihr zwei hereinkommen und dem Verräter den Rest geben?«
    Sie wollten und betraten erwartungsfroh das dämmrige Verlies. Noch bevor sie die Lage erfassen konnten, sanken beide zu Boden, jeder von einem tödlichen Stich getroffen.
    »Du bringst das Werkzeug wieder in die Schmiede und gehst schlafen. Sollte dich jemand fragen, war alles noch in Ordnung, als du gegangen bist. Das werde ich bestätigen«, wies Gerald den rothaarigen Burschen an, dann wandte er sich Lukas zu. »Und du verschwindest über die Mauer.«
    Er wollte die Tür öffnen und sich vergewissern, dass der Gang wirklich leer war.
    Doch Lukas hielt ihn zurück. »Guntram sollte besser mit mir kommen. Es ist zu gefährlich für ihn, zu bleiben. Es wird schon für dich schwierig genug, die Sache lebend zu überstehen.«
    »Um mich mach dir keine Sorgen!«, meinte Gerald verächtlich und sah zu dem Schmied. »Wenn du mit ihm über die Mauer verschwinden willst – von mir aus …«
    »Sie würden sich an meinen Eltern rächen«, hielt Guntram dagegen. »Wenn Ihr mich erkannt habt, dann sicher auch der Truchsess. Ich stelle mich ahnungslos – und vielleicht bringe ich noch etwas in Erfahrung, das Euch nutzen kann. In die Schmiede kommen viele Männer und erzählen einander dies und das, während wir ihnen die Klingen schleifen oder ihren Pferden die Eisen wechseln.«
    Lukas überlegte in aller Eile, wie er wohl Verbindung mit seinen Freunden und Getreuen aufnehmen konnte, ohne jemanden zu gefährden.
    »Kannst du Kuno und Bertram eine Nachricht zukommen lassen?«, fragte er Guntram.
    Der nickte. »Es wird sich schnell herumsprechen, was hier geschehen ist. Sicher wird der Fürst ganz Freiberg nach Euch durchsuchen lassen. Dann werden unsere Freunde jemanden herschicken, um Euch und Marthe zu helfen.«
    »Richte ihnen aus: Ich warte am Ostersonntag in der kleinen Höhle auf sie, wo sie vor vielen Jahren Christian getroffen haben.«
    Von diesem geheimen Versteck aus hatte Christian nach seiner Befreiung aus dem Kerker die Rückeroberung seines Dorfes in Angriff genommen – mit Hilfe seines damaligen Knappen Lukas und der beiden wagemutigen Burschen Kuno und Bertram.
    Guntram nickte zustimmend, Gerald öffnete die Tür und spähte hinaus. Wie verabredet, gingen er und der Schmied voran. Lukas zog sich die Gugel tief ins Gesicht und folgte ihnen ein paar Augenblicke später, als kein warnendes Zeichen kam.
    Es musste wirklich tief in der Nacht sein. Der Gang war finster und leer; das einzige Licht kam von vorn, und tatsächlich gelangte er hinaus, ohne entdeckt zu werden.
    Eine unsichtbare Kraft trieb ihn dazu, nach Marthe zu suchen. Doch er zwang sich, den Gedanken

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