Der Fluch der Hebamme
einen Bastard, vier oder fünf Jahre alt. Ich will ihn sofort hier sehen!«
»Die Herrschaften haben ihn mit sich nach Meißen genommen.«
»Das ist eine Lüge!«, brüllte Rutger.
Er winkte die beiden Knechte heran. »Bringt dem Kerl Gehorsam bei und prügelt aus ihm heraus, was er weiß!«, befahl er. »Die anderen bewachen das Haus!«
Enttäuscht stapfte er hinaus und befahl den Rittern, ihm auf die Burg zu folgen, nachdem er sich vergewissert hatte, dass der Knecht eine tüchtige Tracht Prügel verpasst bekam.
Kaum war Randolfs Sohn außer Sichtweite, folgten die Reisigen bereitwillig der Einladung der hässlichen Magd, sich im Haus ein Bier zur Stärkung einschenken zu lassen; Brot und Suppe seien auch zu haben.
Nachdem so für Ablenkung gesorgt war, ging die alte Elfrieda zu Peter und brachte ihm ein nasses Tuch zum Kühlen; sein linkes Auge war fast zugeschwollen.
»Halb so schlimm!«, beruhigte sie der ehemalige Dieb. »Ich hab schon öfter und übler einstecken müssen.« Sein Grinsen fiel eher besorgt als gelassen aus. »Diesmal meinen sie es wirklich ernst. Ich weiß nicht, ob wir noch hoffen dürfen, dass Lukas lebt. Und was ist mit Marthe?«
»Der Herr steh ihnen bei!«, meinte die alte Häuerswitwe und bekreuzigte sich. »Gottlob sind wenigstens Clara und der junge Herr Daniel in Sicherheit vor diesen Rohlingen.«
»Dafür bete ich«, antwortete Peter düster. »Hab Dank, dass du hier ausgeholfen hast. Nicht auszudenken, wenn meine Schwester diesen Kerlen in die Hände gefallen wäre.«
Dies war einer seiner ersten Gedanken gewesen, und Christian, der zweite Stallmeister, hatte keine Schwierigkeiten, seine junge Frau Anna auf der Burg unterzubringen. In der rußgeschwärzten Burgküche war sie sicher vor jedem, der sich an einer jungen Magd vergreifen wollte.
Jetzt musste Elfrieda dafür sorgen, die Meißner Reisigen mit viel Bier bei Laune zu halten. Und er musste es heute irgendwie schaffen, unbeobachtet mit Christian und Johann zu beraten, was sie wohl tun könnten.
Zu Rutgers maßloser Enttäuschung fand er auch in Reinhards Haus nicht die vor, die er suchte, sondern nur ein vollkommen fassungsloses Gesinde.
»Die Herrin ist fortgegangen, obwohl sie doch gesegneten Leibes ist und das Kind jeden Augenblick kommen könnte«, barmte die Großmagd händeringend. »Sie wollte unbedingt nach ein paar ersten Schösslingen suchen. Ihr wisst doch sicher, welche sonderbaren Gelüste die Schwangeren haben. Wir fürchten allmählich, ihr könnte etwas zugestoßen sein.«
Rutger schob sie beiseite und befahl zweien seiner Ritter, auch dieses Haus zu durchsuchen. Kurz darauf kamen sie ergebnislos zurück.
»Mein Herr wird sich solche Sorgen machen, wenn er davon hört«, jammerte die Magd weiter.
Das stimmte Rutger fröhlicher. »
Der
macht sich keine Sorgen mehr!«, sagte er triumphierend. »Er ist ein Verräter und hat die Strafe dafür empfangen. Ihr alle könnt entweder warten, bis ein neuer Herr hier einzieht, oder ihr packt euer Bündel und trollt euch! Und meine Männer werden aufpassen, dass ihr nicht das Geringste mitnehmt, das euch nicht gehört.«
Die entsetzten Mienen der Diener sagten ihm, dass er diesmal wirklich eine Neuigkeit überbracht hatte.
Die passende Einstimmung für seinen Auftritt auf der Burg.
Vogt Heinrich, der mit Rutger und dessen Gefolgschaft vorzeitig nach Freiberg zurückgekehrt war, hatte inzwischen wie befohlen den Bürgermeister und die Ratsherren auf die Burg holen und die Wachmannschaft Aufstellung nehmen lassen.
Aufmerksam sah Rutger in die Gesichter vor sich, um daraus zu lesen, ob wohl einer dieser Männer etwas davon ahnte oder wusste, was er gleich zu verkünden hatte. Ein besonderes Auge hatte er dabei auf die Schmiede. Die solle er nie aus dem Blick verlieren, hatte ihm sein Ziehvater geraten.
Er zupfte sich die Handschuhe zurecht und hakte die Daumen in seinen Gürtel, ohne zu ahnen, dass auch sein Vater sich gern so aufgestellt hatte.
»Durch Erlass von Fürst Albrecht führe ab sofort
ich
den Befehl über die städtische Wachmannschaft. Der frühere Befehlshaber, Lukas von Freiberg, ist ein Eidbrüchiger und Dieb und hat sich seiner gerechten Strafe feige durch Flucht entzogen. Wer ihn aufnimmt, wird mit dem Tod bestraft. Wer ihn tötet, fängt oder uns zu seinem Versteck führt, erhält drei Mark Silber als Belohnung.«
Es war schwer festzustellen, was das nun aufkommende Raunen auslöste: die Nachricht, dass Lukas in Ungnade
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