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Der Fluch der Hebamme

Titel: Der Fluch der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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ausgetauscht, die ihm Gerald mitgegeben hatte, und sein schulterlanges Haar, wie es die Ritter trugen, zusammengebunden und unter der Gugel verborgen. Den ganzen Weg lang hatte er überlegt, wie er unentdeckt Verbindung zur alten Markgräfin aufnehmen konnte. In seinem allumfassenden Misstrauen hatte ihr Sohn sie mit Leuten umgeben, die ihm über jeden ihrer Schritte berichteten.
    Für Lukas war die Gefahr zu groß, dass jemand von der neuen Besatzung – überwiegend aus Meißnern zusammengestellt, die ihn oft genug gesehen hatten – in ihm den am meisten gesuchten Mann der Markgrafschaft erkannte.
    Die Nacht hatte er erneut im Wald verbracht. In einem Wirtshaus um Quartier nachzusuchen, war zu gefährlich, denn sicher würde dort ein Teil der Wachmannschaft nach Dienstende einkehren, um zu trinken und zu würfeln.
    Nach einiger Überlegung beschloss er, Schwert und Kettenhemd doch nicht im Wald zu verstecken, bevor er sich der Burg näherte. Die Wahrscheinlichkeit war zu groß, dass es zu einem Kampf kam, und er wollte sich nicht wehrlos abschlachten lassen.
    Also ritt er in vollen Waffen Richtung Burg und suchte sich einen Platz, von dem aus er unbemerkt das Tor beobachten konnte. Bald geschah, worauf er gehofft hatte: Eine junge Magd, höchstens zehn Jahre alt, kam mit einem leeren Korb durch das Tor.
    Er ritt auf sie zu und stellte sich ihr in den Weg. Erschrocken sah das Mädchen zu ihm auf.
    »Ist bei euch auf der Burg eine Magd namens Susanne, mit blonden Haaren und Sommersprossen?«, fragte er sie streng.
    »Die Kammermagd der Fürstin? Ja, hoher Herr«, antwortete die Kleine verwundert.
    »Dann richte ihr aus, dass sie heute Mittag zum Fluss kommen soll. Sie wird deshalb keinen Ärger mit der Fürstin bekommen, und du auch nicht. Sag, ich habe eine wichtige Nachricht von einer heilkundigen Freundin für sie.«
    Das Mädchen war noch zu klein und zu verängstigt, um darüber nachzudenken, wieso ein Ritter Nachrichten für eine Magd überbrachte. Und Susanne würde sich zusammenreimen, dass es um Marthe ging, und kommen.
    »Ja, Herr, ich werde es ihr ausrichten«, antwortete die Kleine und knickste tief. Dann sah sie ihn noch einmal fragend an, und als der fremde Ritter sie nicht länger aufhielt, huschte sie davon.
    Sofort zog sich Lukas aus Sichtweite der Burgbesatzung zurück. Nun hieß es wieder einmal warten, und nichts verdross ihn mehr.
     
    Susanne kam tatsächlich in der Mittagsstunde zum Fluss – mit einem Korb voll Wäsche als Vorwand. Lukas vergewisserte sich, dass niemand ihr folgte, und trat aus seinem Versteck.
    Susanne, die sich schon suchend umgeschaut hatte, jubelte bei seinem Anblick. »Ich wusste, dass Ihr noch lebt! Und die Fürstin war sich dessen auch ganz sicher! Was ist mit Eurer Gemahlin? Ist sie in Sicherheit?«
    »Ich hoffte, dass sie sich vielleicht hier verbirgt oder Hedwig Kunde von ihr hat.«
    Betrübt schüttelte Susanne den Kopf. »Nein, wir haben nichts von ihr gehört.« Doch gleich wurde ihr Mienenspiel wieder lebhafter. »Aber Ihr solltet zur Fürstin kommen. Ich bin sicher, Ihr wisst etwas, was wir noch nicht erfahren haben, und wir haben manche Neuigkeit für Euch.«
    Lukas war nicht im Geringsten überrascht, dass Hedwig hier trotz ihrer Abgeschiedenheit und sicherlich strengen Bewachung nichts entging.
    »Ich werde nicht unerkannt auf die Burg kommen können«, lehnte er ab. Er hätte es gewagt, wenn Marthe dort wäre oder wenigstens eine Nachricht von ihr. Doch so hatte es keinen Sinn, sein Leben aufs Spiel zu setzen. Dringender war ihm, seine Suche fortzusetzen.
    Susanne blickte ihn keck an und lächelte. »Dem Burgkommandanten können wir vertrauen. Ich spreche mit der Fürstin, und dann wird er es so einrichten, dass zur Abenddämmerung nur Wachen am Tor stehen, die Euch nicht aus Meißen kennen. Ohne den Bart seht Ihr sowieso sehr verändert aus. Wenn ich heute Abend ans Tor komme und Ausschau halte, ist das das Zeichen für Euch, dass Ihr unbesorgt hereinkönnt. Ich bringe Euch dann auf sicherem Weg zur Fürstin. Sie wird sich freuen, Euch zu sehen!«
    Susanne bückte sich, tauchte die Leinentücher aus ihrem Korb kurz ins Wasser, ohne sich die geringste Mühe zu machen, sie auch zu waschen, und ging mit dem Korb voll tropfnasser Wäsche zurück.
     
    Hedwig empfing ihn mit großer Herzlichkeit. »Ich hoffe, Ihr habt Euch einigermaßen davon erholt, wie Euch mein schrecklicher Sohn mitgespielt hat. Die Berichte, die mich erreicht haben, waren grauenvoll.

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