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Der Fluch der Hebamme

Titel: Der Fluch der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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bis an die Zähne bewaffneter Männer, um die Neuigkeit zu verkünden. Wer nicht gehorche, dessen Haus werde auf Befehl des Fürsten niedergebrannt. Ein paar Leute warfen sich ihm verzweifelt vor die Füße und baten um Nachsicht, weil sie die neuen Abgaben unmöglich bezahlen könnten. Sie hatten kaum zu Ende gesprochen, als Euer Schwager schon seine Männer ausschwärmen und ein halbes Dutzend Häuser in Brand setzen ließ. Seitdem herrscht hier Grabesstille. Jedermann fürchtet sich vor diesem Rutger und seinen Wachhunden. Deshalb können Peter und auch Christian nicht mehr kommen. Sie werden genauestens von seinen Leuten beobachtet. Aber Anna und ihr Sohn, der kleine Christian, sind in Sicherheit.«
    Karl schien zu überlegen, ob er noch etwas erzählen sollte, und entschloss sich dann doch dazu.
    »Eine der neuen Mägde, die sich Randolfs Sohn ins Haus geholt hat, die ganz junge mit den rötlichen Haaren, wollte ausreißen und wurde von seinen Reitknechten wieder eingefangen. Ihr wollt nicht wissen, was er mit ihr angestellt hat, wirklich, Herr. Die halbe Nacht lang hat das übrige Gesinde sie schreien und wimmern hören. Und diesmal konnten wir nichts tun! Am nächsten Tag, als Rutger auf die Burg geritten war, fand Peter sie ans Bett gefesselt, blutig geschunden und dem Wahn nah. Er hat ihr zur Flucht verholfen. Das brachte ihm vierzig Hiebe und einen Tag im Stock ein. Aber er meint, das sei es ihm wert gewesen. Und früher oder später würde er es diesem Mistkerl schon heimzahlen. Dieser Rutger ist wirklich ein Teufel – so, als wolle er seinen Vater an Boshaftigkeit und Grausamkeit noch übertreffen.« Schaudernd bekreuzigte sich Karl. »Es würgt uns zu sehen, wie er und seine Kumpane es sich in Euerm und Marthes Haus bequem machen.«
    »Was sagen die anderen Ratsleute zu alldem?«, wollte Lukas wissen.
    »Nichts«, lautete die knappe Antwort des Bergschmieds. »Der Bürgermeister zittert vor Angst und gibt jeden Befehl gehorsam an die Stadtbewohner weiter. Natürlich schmerzen ihn die höheren Steuern auch, aber er muss deshalb nicht hungern. Der alte Friedrich, Jonas und ich haben dafür gesorgt, dass die Leute untergebracht wurden, die ihre Häuser verloren haben. Aber es ist einfach noch nicht die Zeit, etwas zu unternehmen, so hart es uns auch ankommt.«
    »Nein, noch können wir nichts tun«, meinte Lukas voller Bitterkeit. »Solange die Ratsherren nicht geschlossen handeln, am besten noch mit dem Bergmeister dazu! Aber das wird nicht passieren.«
    »Eben!«, pflichtete Jonas ihm bei. »Ich sehe nicht, wie wir in dieser Stadt zwölf angesehene Männer zusammenbekommen sollen, die es wagen, gemeinsam vor den Vogt oder den Fürsten zu treten, um sich für die Bürger einzusetzen. Und der neue Bergmeister will sich aus allem heraushalten, was nicht mit den Gruben und der Erzförderung zu tun hat. Sein Vorgänger, der alte Hermann, hatte da mehr Mut; Gott sei seiner Seele gnädig!«
    »Am liebsten würde ich ein paar der fürstlichen Steuereintreiber überfallen und das Geld den Geschundenen zukommen lassen«, gestand Lukas. »Doch dafür würden sie euch doppelt und dreifach bluten lassen. Außerdem bin ich ein Ritter, kein Dieb, auch wenn er mich zum Verfemten erklärt hat. Ich darf keinen Krieg führen gegen den Fürsten, dem der gottgewollte König Titel und Lehen verliehen hat. Alles, was ich tun kann, ist, das Diebesgesindel umzubringen, das die Wälder und Wege unsicher macht.«
    Und das hatte er in den zurückliegenden Wochen gründlich getan. Er schüttelte aus seinem Almosenbeutel ein paar Hälflinge und kupferne Fibeln in Karls Hand. »Hier, das habe ich ihnen abgenommen. Verteilt das unter denen, die am meisten Not leiden.«
    »Wir geben nicht auf, Herr! Und wir werden uns auch weiter nach Eurer Frau umhören«, versprach Karl, um diesem traurigen Gespräch ein halbwegs zuversichtliches Ende zu geben.
     
    Als Lukas wieder seinen Unterschlupf in der Hütte des Wilden Mannes bezogen hatte und Raimund ihn das nächste Mal aufsuchte, entschloss sich der Freund, etwas anzusprechen, das er schon eine Weile vor sich hergeschoben hatte.
    »Wie lange willst du eigentlich noch so leben, immer versteckt, immer auf der Flucht?«
    »Glaubst du, mir gefällt es, hier zu hocken und nichts zu tun, außer ab und an ein paar Wegelagerer zu erschlagen?«, fuhr Lukas ihn gereizt an. »Aber wenn ich jetzt nach Thüringen ginge, dann hieße das, Marthe aufzugeben. Das kann ich nicht. Ich mache mir schon

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