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Der Fluch der Hebamme

Titel: Der Fluch der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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Frau, die er selten so aufgebracht erlebt hatte, keinen bewaffneten Beistand brauchte. Also schimpfte Elisabeth ungehemmt los, wie ihr die Worte vom Herzen kamen.
    »Zuallererst kannst du gar nicht wissen, ob dieser Kerl bei ihr liegt«, begann sie wütend. »Es klingt doch alles danach, als sei sie seine Gefangene – falls Marthe wirklich die geheimnisvolle Frau ist. Aber das ist unsere einzige Hoffnung. Und selbst wenn er sich an ihr vergreifen sollte – denkst du, sie tut das freiwillig?! Sie hat das alles auf sich genommen, um
dich
zu retten. Weil sie
dich
liebt und keinen anderen. Ohne ihr Opfer wärst du längst tot. So wie Reinhard.«
    Nun sah sie ihn geradezu verächtlich an, und ihre Augen wurden mit einem Mal ganz schmal.
    »Und sollte es tatsächlich so sein, dass dieser alte Bock sie besteigt – glaubst du etwa, sie empfindet etwas anderes dabei als Schmerz und Ekel und Demütigung? Hast du nicht die Würgemale gesehen, als du sie von Ekkehart befreit hast? Die Striemen und blauen Flecken? Statt ihr etwas vorzuwerfen, solltest du Mitleid für sie fühlen! Und mit uns überlegen, wie wir sie schnellstens da rausholen!«
    Sogar Raimund starrte verdutzt auf seine ansonsten eher sanftmütige Frau. Dabei hätte er dem Freund so ziemlich die gleiche Ansprache gehalten, wäre Elisabeth ihm nicht zuvorgekommen.
    Mit einem Ruck ließ sich Elisabeth auf einem umgestürzten Baumstamm nieder, stützte den Kopf auf beide Fäuste und starrte Lukas an, der wie versteinert wirkte. Trotz ihrer leidenschaftlichen Vorwürfe war ihr bewusst, dass der Freund etwas Zeit brauchte, um die Dinge zu schlucken, die gerade auf ihn eingestürmt waren.
    »Ihr müsst euch irren«, sagte Lukas schließlich kläglich und ließ die Schultern hängen. »Was sollte Kittlitz von meiner Frau wollen? Und wenn sie wirklich seine Gefangene wäre, hätte er sie längst vor Gericht gebracht wegen des Fluches …«
    »Mag sein«, meldete sich nun Raimund vorsichtig zu Wort. »Er hätte von Albrecht fordern können, dass er sie deshalb an ein Kirchengericht übergibt. Aber Albrecht scheint ja selbst nicht zu wissen, wo sie ist.«
    Nun setzte er sich auch auf einen Baumstamm und versuchte, den Freund mit Vernunft zu überzeugen. »Dein Entkommen ist ein Schlag gegen seine Autorität und Allmacht, von der er bis dahin so überzeugt war. Doch Marthes Verschwinden traf ihn noch viel härter. Er fürchtet den Fluch und traut ihr nun wirklich Hexenkräfte zu. Er hat neuerdings einen Alchimisten und Astrologen in seine Dienste genommen, von dem er sich über jeden Schritt beraten lässt. Gerüchteweise lässt er sich von ihm sogar Elixiere brauen, um die Manneskraft zu stärken. Es heißt, dass er in jeder Nacht, die der Sterndeuter als geeignet dafür errechnet, das Bett seiner Frau aufsucht, um zu beweisen, dass der Fluch nur Gerede ist und er einen Sohn zeugen kann. In dieser Hinsicht steht er nun doppelt unter Druck. Wenn er nicht bald einen männlichen Erben vorweisen kann, macht er sich nicht nur zum Gespött seiner heimlichen Gegner und Neider, sondern wird die Markgrafschaft nach seinem Tod an den König fallen. Dann hätte er das Erbe des Hauses Wettin verspielt.«
    »Und was hat das alles mit diesem Kittlitz zu tun?«, knurrte Lukas, nun schon etwas ruhiger gestimmt, aber immer noch voller Misstrauen.
    »Wie gesagt: Vater Hilbert ist überzeugt, dass Marthe diese geheimnisvolle Gefangene ist, obwohl sie nicht im Verlies ist, sondern in einer der kleineren Gästekammern, aber ständig eingeschlossen. Das sagt mir, sie ist
nicht
seine Geliebte. Sie ist sein Druckmittel gegen Albrecht. Es liegt nun ganz in Dittrichs Hand, ob sie den Fluch zurücknimmt und damit Albrechts größte Furcht.«
    »Dann hätte er sie auch gleich umbringen lassen können und so Gewissheit haben, dass Albrecht nie von dieser Angst erlöst würde«, hielt Lukas dagegen, der die Hoffnung seines Freundes einfach nicht teilen wollte.
    »Gut möglich«, räumte Reinhard ein. »Doch der Dompropst ist ein sehr berechnender Mann, der die Machtverhältnisse auf dem Burgberg dringend zu seinen Gunsten klären will. Noch ist er nicht Bischof, aber der Bischof ist weit fort, im Heiligen Land, und nur Gott allein weiß, ob er wiederkehrt. So lange unterstehen Dittrich hier sämtliche geistlichen Belange. Denk an die ewigen Streitereien zwischen Kaisern und Päpsten, zwischen Fürsten und Erzbischöfen. Kittlitz wird Ottos Nachfolger um jeden Preis klarmachen wollen, dass
er
das

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