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Der Fluch der Hebamme

Titel: Der Fluch der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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verlassen, nachdem er es gänzlich erobert habe, was schließlich auch für die Kämpfer im Heiligen Land von Vorteil sei.
    Für noch größere Aufregung sorgte allerdings die Nachricht, dass sich bei Richard auf Zypern gerade sämtliche führenden Gegner Konrads von Montferrat trafen: der einstige König Guido mit seinem Bruder Gottfried von Lusignan, der unzuverlässige Bohemund von Antiochia, der von Konrads neuer Gemahlin Isabella geschiedene Humfried von Toron und etliche ranghohe Tempelritter.
    Das Wissen, dass hier schon wieder Ränke gegen das französisch-staufische Lager geschmiedet wurden, verursachte vor allem zweierlei: einen hemmungslosen Wutausbruch des französischen Königs und die Anweisung des Markgrafen von Montferrat, dem englischen König und seinen Begleitern den Zugang zu Tyros zu verweigern.
    So vergingen die Wochen.
    Die Kämpfer unter König Philipp beschossen die Stadt, unterminierten ihre Mauern und gruben den Eingeschlossenen das Wasser ab. Nun litt ganz Akkon unter Hunger und Seuchen, denn von Seeseite aus konnte die Stadt nicht mehr versorgt werden – dort riegelte die Flotte des französischen Königs die Zufuhr zum Hafen ab.
    Doch jeder Versuch, durch die frisch geschlagenen Breschen in die Stadt einzudringen, zwang die Belagerer zu erbitterten Kämpfen mit Saladins Männern.
    Das kostete beide Seiten viele Tote. Aber die Kreuzfahrer hatten die Wintermonate, in denen der Boden aufgeweicht war, dazu genutzt, ihr Lager mit Erdwällen und Gräben zu verschanzen, dass es beinahe uneinnehmbar wurde.
    Und sosehr sich die Belagerten in Akkon auch mühten, die Schäden auszubessern, die die französischen Wurfmaschinen und Mineure anrichteten – es war nur noch eine Frage von Tagen, bis die Stadt sich ergeben musste.
    Dies war die Lage, als am 8. Juni 1191 – sieben Wochen nach König Philipp – endlich der frisch vermählte englische König mit fünfundzwanzig Galeeren vor Akkon eintraf.
     
    Durch das ganze Lager schallten Signalrufe und Freudenschreie, als die englische Flotte in Sicht kam und kurz vor der Stadt auch noch eine große sarazenische Galeere versenkte.
    Sämtliche Ritter sammelten sich, um Richard Löwenherz mit allen Ehren zu begrüßen.
    »In spätestens drei Tagen marschieren wir in die Stadt ein«, frohlockte Roland. »Mauern und Menschen sind mürbe, und König Richard wird nicht zögern, um seinem Ruf als sagenumwobener Kämpfer eine neue Ruhmestat anzufügen. Dann wird er zwar alles als seinen Erfolg ausgeben, aber das können die Hoheiten später unter sich aushandeln. Hauptsache, wir nehmen endlich diese gottverdammte Stadt ein!«
    Mit hochgezogenen Augenbrauen sah Thomas zu seinem Freund. Fluchen war sonst keine seiner Angewohnheiten; nach wie vor war Roland bemüht, als Ritter mit untadeligem Benehmen aufzutreten.
    »Bist du so wütend, weil du hier beinahe verreckt bist?«, fragte er.
    »Ich bin so wütend, weil hier so viele andere verreckt sind!«, gab Roland ungewohnt schroff zurück und stieß mit der Stiefelspitze einen Stein fort. »Und es waren eine Menge gute Kerle dabei! Sollten wir nicht längst in Jerusalem sein und die Gebeine Kaiser Friedrichs würdevoll bestatten? Zwei Jahre Belagerung und Tausende Tote, sogar Friedrich von Schwaben, nur weil dieser Bastard Guido nicht auf die Krone verzichten wollte! Jetzt kriegt er sie am Ende vielleicht doch noch und kann sich auf die Brust klopfen, eine aussichtslose Schlacht gewonnen zu haben, was – falls wir die Stadt nehmen – ganz sicher nicht sein Verdienst ist.«
    Thomas legte ihm wortlos einen Arm auf die Schulter und zog ihn mit sich, damit sie sich unter dem Banner Leopolds von Österreich aufstellen konnten, um den englischen König zu begrüßen.
    In Gedanken gab er dem Freund vollkommen recht. Bei jedem Schritt, den Guido ging, watete er durch das Blut der Männer, die er bedenkenlos geopfert hatte.
    »Schauen wir uns den großen König Löwenherz an. Und – wie Graf Dietrich vorschlug – vergleichen wir die Legende mit der Wirklichkeit!«, sagte er deshalb, um den berechtigten Zorn seines Freundes nicht noch weiter zu schüren.
    Ein größerer Unterschied unter Königen wie zwischen Philipp und Richard ließ sich kaum vorstellen.
    Richard war tatsächlich ein beeindruckender Mann: groß, erlesen gekleidet, und jede seiner Gesten und jedes seiner Worte waren darauf gerichtet, Eindruck zu hinterlassen. Er musste jetzt Anfang dreißig sein, acht Jahre älter als Philipp, in der Blüte

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