Der Fluch der Hebamme
etwas Mühe geben müssen.«
Dann wandte er sich seinem zukünftigen Schwiegersohn zu. »Hab ein Auge auf Rutger! Er hat vor Thomas eine hässliche Andeutung über seine Absichten bezüglich Clara fallenlassen.«
Doch Reinhard zog nur verächtlich die Augenbrauen hoch. »Er wird es wohl kaum wagen, sich mit mir anzulegen«, meinte er kalt.
Hochzeitsvorbereitungen
D ie Nachricht, dass ein Turnier zu Ehren des neuen Markgrafen gefeiert werden sollte, zu dem sämtliche Stadtbewohner eingeladen waren, machte im Nu die Runde durch Freiberg. Nicht nur, weil es in der jungen Stadt noch nie ein Turnier gegeben hatte und folglich die meisten ihrer Bewohner auch noch nie eines erlebt hatten. Die Aussicht auf das glanzvolle Schauspiel schürte bei manchem die Hoffnung, dass die schrecklichen Dinge gar nicht zutrafen, die da über den jungen Fürsten gemunkelt wurden. Es war schon schwierig genug mit seinem ständig schlechtgelaunten Vater gewesen.
Dass an diesem Morgen sogar noch eine Hochzeit auf der Burg stattfinden sollte, bot den Frauen an den Brotbänken zusätzlichen Anlass für ausgiebiges Gerede.
»Es ist auch höchste Zeit, dass Christians Tochter endlich vermählt wird«, behauptete eine dicke Krämerin lautstark, die für ihr Mundwerk bekannt war. Nach Zustimmung heischend, blickte sie um sich. Mehr als ein Dutzend Frauen drängten sich um den Stand, und die meisten schienen es heute nicht besonders eilig zu haben, mit ihren Besorgungen nach Hause zu gehen.
»Richtig, das Mädchen muss unter die Haube! Ihre Mutter ist da bisher zu wählerisch gewesen«, meinte eine ältere Frau, deren Kleid mit silbernen Schuppen übersät war und durchdringend nach Fisch roch, während sie sich zwei runde Brote in den Korb legen ließ. »Ach, pack noch eines dazu, meine Jungs fressen mir sonst die Haare vom Kopf …«
»Der Bräutigam, dieser Reinhard, ist immerhin aus vornehmster Familie, obwohl ziemlich streng«, fuhr die Krämerin fort und schubste ihre Nachbarin unsanft beiseite, um im Mittelpunkt der Menschentraube zu bleiben. »Aber wahrscheinlich braucht das Mädchen eine harte Hand.«
»Mir tut sie leid, wenn sie ausgerechnet diesen Finsterling zum Mann nehmen muss«, wandte eine junge Magd ein, bevor sie der Bäckerin einen Hälfling in die ausgestreckte Hand drückte.
»Ihr Stiefvater wird schon dafür sorgen, dass ihr Zukünftiger seine Braut nicht über Gebühr züchtigt«, rief jemand von der Seite.
Die Bäckersfrau grinste breit und beugte sich über die Brote, um den anderen genüsslich mitzuteilen: »Wie ich gehört habe, soll er ja schon gestern Abend vor der versammelten Burgmannschaft einen Fremden niedergeschlagen haben, der mit ihm streiten wollte …«
»Ja, Ritter Lukas redet nicht lange«, stimmte die dicke Krämerin gutgelaunt zu. »Wer sich mit ihm anlegt, kann froh sein, wenn er es danach noch auf eigenen Füßen aus der Halle schafft.«
Mehrere Frauen lachten, eine aber zischte: »Gebt acht, da ist seine Magd …«
Alle Blicke richteten sich nach links, woher Anna Richtung Brotbank kam, die Schwester vom Großknecht Peter, die unverkennbar bedrückt wirkte.
Während die anderen mit einem Anflug schlechten Gewissens verstummten, reckte sich die Krämerin empor.
»Sei es drum – wenn diese Hochzeit den Frieden zwischen Freiberg und dem neuen Markgrafen sichert, ist sie eine gute Sache«, verkündete sie, und mit einem Blick in die Runde holte sie sich die Zustimmung der Nachbarinnen. »Wer weiß, was uns sonst von dem neuen Herrn blüht …«
»Scht!«, wurde sie niedergezischt, und mehrere Frauen bekreuzigten sich erschrocken. »Der muss vor ein paar Jahren hier schrecklich gewütet haben, wie die Alteingesessenen erzählen …«
Die Frauen standen immer noch beieinander und redeten, als mehr als ein Dutzend Zimmerleute mit einem Karren voller Holz und Werkzeug auf den Oberen Markt kam. Sie trieben Pfosten in den Marktplatz und verbanden sie mit langen Stangen, während sich einer der meißnischen Pferdeknechte herabließ und den Gaffenden erklärte, wozu diese beim Turnier dienen sollten.
Wer von den Freibergern bei der Hochzeitsfeier auf der Burg nicht dabei sein durfte – eingeladen waren nur besonders angesehene Bürger – und sich irgendwie vor seiner Arbeit drücken konnte, versuchte nun, sich beizeiten einen guten Platz auf dem Obermarkt zu sichern, um auch wirklich alles mitzubekommen. Die Gassenjungen fanden sich auf dem Markt ein und trieben wilde Streiche.
Wer
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