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Der Fluch der Makaá

Der Fluch der Makaá

Titel: Der Fluch der Makaá Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Talbiersky
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Schultern: „Keine Ahnung. Vielleicht hat Bley nur so vor sich hingemalt, ohne sich großartig etwas dabei zu denken. Womöglich frischt er durch die Übersetzungen sein Spanisch auf…“
    „Er ist schon merkwürdig, dieser Bley, findet ihr nicht?“, meinte Robert achselzuckend.
    „Und ob“, stimmte Oliver zu. „Aber es war nett, dass er uns zu dem Jaspisfluss gefahren hat. Und ich mag, dass er so viel redet. Irgendwie ist er komisch, nicht lustig-komisch, aber trotzdem irgendwie – komisch.“
    Erwartungsvoll blickten mich meine Brüder an. Sie wollten meine Meinung über unseren Nachbarn hören. Ich bemerkte auch Mateos bohrenden Blick, er ruhte eine Spur zu lange und zu interessiert auf meinem Gesicht.
    „Was hältst du von ihm?“, fragte ich den Indianer statt zu antworten.
    Mateo, der bislang in der Hängematte gesessen und sie sanft hin und her schwingen hatte lassen, richtete sich auf und räusperte sich. „Bley ist freundlich“, sagte er nach einer längeren Pause. „Und er ist hilfsbereit.“ Er betonte es so, als wäre es mehr eine Frage als eine Feststellung – und irgendwie negativ. „Das bist du auch“, erwiderte ich energisch, so als wollte ich dadurch seinen Äußerungen einen positiven Anstrich verleihen. Ein leises Lächeln umspielte Mateos Mundwinkel, doch in seinen Augen las ich, dass er noch mehr über Bley dachte, ohne darüber zu sprechen.
    „Und du, Mel? Sag schon: Was ist deine Meinung über unseren Nachbarn?“, fragte Robert erneut. Noch immer war Mateos durchdringender Blick auf mich gerichtet. Ich hielt ihm tapfer stand. „Ich denke, er sollte sich mal rasieren“, sagte ich.

D er Regen der Nacht hatte die Luft des Morgens feucht und schwer von der Erde aufsteigen lassen. Ein silbriger Dunstschleier lag über den Ebenen wie eine kühle Seidendecke. Eine milchige Sonne leuchtete diffus von einem hellgrauen, beinahe weißen Himmel herab und verwandelte die Gran Sabana in eine Waschküche. Es herrschte bereits reges Treiben im Dorf, als ich die Hütte verließ, um ein bisschen in der Gegend herumzulaufen und über dies und das nachzudenken. Die Leute in San Francisco waren ebenso fremd für mich wie ich fremd für sie war. Da sie allerdings an die Anwesenheit von Fremden gewohnt waren, schenkte mir niemand sonderlich Beachtung, was mir recht war. Ich fand eine niedrige Holzbank etwas abseits und ließ mich darauf nieder. Seufzend schloss ich die Augen, nur um eine Anhäufung von Punkten zu sehen, die sich bald zu einem sauberen Muster sortierten, einem Code aus wertvollen, roten Steinen, den ich nicht entschlüsseln konnte.
    „Darf ich mich zu dir setzen?“ Eine Stimme schreckte mich aus meinen Gedanken. Es war Mateo. Ohne dass ich es bemerkt hatte, war er mir gefolgt. Er wirkte sehr ernst und ein wenig bekümmert. „Klar.“ Ich rutschte ein wenig zur Seite.
    Eine Weile sprach niemand von uns ein Wort. Ein paar Meter von uns entfernt balgten sich zwei streunende Kater mit zänkischem Geschrei. Mit einem fiesen Pfotenhieb trieb der braun getigerte den grauen in die Flucht. Trotzdem. Wir waren nicht hier, um Katzen zu beobachten. Einer von uns musste den Anfang machen und das war ich: „Du hältst nicht wirklich viel von Bley, hab ich recht?“, seufzte ich, denn ich vermutete mit Unbehagen, dass unser Nachbar der Grund war, dass Mateo das Gespräch mit mir suchte.
    Der Indianer sah mich mit einem leichten Anflug von Verwunderung an. „Du doch auch nicht“, sagte er.
    „Das stimmt nicht“, widersprach ich sofort. „Gut, ja, am Anfang war ich mir nicht so sicher, aber eigentlich ist er doch… Er ist…“
    „Er ist jemand, den man mit Vorsicht behandeln sollte. Ich kenne Leute wie ihn, Mel, glaub mir. Sie verstehen es, sich bei den Menschen einzuschmeicheln. Ich glaube, es ist besser, wenn wir seine Hilfe vorerst nicht in Anspruch nehmen. – Aber das ist nicht der Grund, weshalb ich dich sprechen wollte“, sagte er rasch, bevor ich erneut protestieren konnte. „Gestern ist etwas passiert. Etwas Seltsames, und ich denke, es ist besser, wenn du es weißt.“
    Ich rutschte ein Stückchen vor und blickte ihn gespannt an. Mateo wich meinem Blick aus und ließ stattdessen die Augen über die Weite des Landes schweifen.
    „Als ihr gestern zur Quebrada de Jaspe gegangen seid, da bin ich euch gefolgt.“ Mit der Hand machte er eine Geste, dass ich ihn nicht unterbrechen sollte. „Ich weiß, was ich gesagt habe. Aber die Neugier war einfach größer. Ich dachte, es

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