Der Fluch der Makaá
hörbar mit Wasser spritzten. „Abfahrt in fünf Minuten!“, verkündete er. „Zack, zack!“
„Wo ist Mateo?“, fragte ich vorsichtig, während meine Brüder mit dem Anziehen beschäftigt waren.
„Weg“, war die knappe Antwort.
„Was?“, rief ich und glaubte falsch gehört zu haben.
„Nun ja“, Bley hob entschuldigend die Schultern und ließ sie wieder fallen. „Als ich heute Morgen aufgewacht bin, war er nicht mehr da. Ich habe nach ihm Ausschau gehalten, doch ich konnte ihn nirgendwo finden. Zurück im Zimmer ist mir dann aufgefallen, dass seine Sachen ebenfalls verschwunden sind. Er ist weg.“
„Das glaub ich einfach nicht!“, rief ich fassungslos.
„Glaub es oder lass es, Mel. Mateo ist nicht mehr hier.“
„Mateo ist weg?“, fragten nun auch meine Brüder. Wir waren sprachlos.
Bley legte den Kopf schief und lächelte leise. „Kommt, seht zu, dass ihr fertig werdet, wir haben noch einen langen Weg vor uns“, war seine einzige Antwort.
Ich presste die Lippen zusammen. Was passierte hier eigentlich? Wieso war Mateo verschwunden? Ganz abgesehen davon, ob er uns nun im Stich gelassen hatte, oder nicht: galt es für ihn nicht auch die Hallen der Makaá aufzufinden, bevor der Mond voll war? Irgendetwas war faul an dieser Geschichte.
„Und du hast rein zufällig keine Ahnung, wohin Mateo wollte?“, fragte ich scheinheilig.
Bley hob die Brauen. „Wieso sollte ich? Mag sein, dass er gestern Abend erwähnt hat, er müsse noch eine Sache erledigen, doch frag mich nicht, was er damit meinte! So vertraut miteinander waren wir schließlich auch nicht!“
„So“, sagte ich und blickte ihn herausfordernd an. „Ward ihr also nicht!“
Bley kniff die Augen zusammen und hielt meinem Blick stand. Dann lächelte er wieder und meinte: „Ich weiß nicht, was du meinst.“
Klar , dachte ich bei mir . Genauso würde ich mich auch verstellen! Sollte ich ihm sagen, dass ich ihn und Mateo belauscht hatte? Nein. Auch wenn Bley mein Vertrauen verspielt hatte: wir brauchten ihn. Ohne seine Hilfe würden wir nie zu der Höhle im Norden gelangen. Also gut, ich würde nichts sagen, doch eines schwor ich mir: ich würde keinen seiner Schritte mehr aus den Augen lassen! So schluckte ich also meine Vorwürfe runter und zwang mich zu einem Lächeln.
„Schon gut“, sagte ich und gab meiner Stimme einen sanfteren Klang. „Wie du schon sagtest, die Zeit drängt. Wir müssen los.“
Dann schnappte ich mir die Tüte mit unserem Frühstück – ich hatte überhaupt keinen Hunger – und lief hinaus, dicht gefolgt von meinen Brüdern.
„Was war denn los?“, raunte Robert mir ins Ohr. „Wieso warst du so giftig zu Bley?“
Ich schüttelte nur leise den Kopf. „Es irritiert mich einfach, dass Mateo verschwunden ist. Aber keine Sorge, wir kommen auch so klar.“
„Das müssen wir.“, erwiderte Robert, doch ich sah deutlich, dass auch ihn die Tatsache, dass uns Mateo ohne einen Ton zu sagen verlassen hatte, total verunsicherte, und dass allein der ungeheure Zeitdruck, unter dem wir standen, ihn daran hinderte, weitere Nachforschungen anzustellen. Ich warf einen Blick über die Schulter und begegnete dem unseres Fahrers, der behutsam die Tür unseres Zimmers hinter sich zuzog. Er lächelte.
O liver ließ sich schwer davon überzeugen, ohne Mateo aufzubrechen. Er hing an ihm und war kurz davor uns eine Szene zu machen.
„Mateo lässt uns nicht im Stich“, beharrte er stur, und nur als wir ihm versprachen, dass er Mateo bestimmt bald wieder sehen würde, ließ er sich widerstrebend zu Bleys Kombi ziehen.
Zurück im Auto nahm ich auf dem Beifahrersitz Platz, während die Jungs wieder hinten einstiegen. Ich würde fortan in Bleys Nähe sein und bleiben – er sollte das ruhig wissen.
Während der Fahrt wurde wenig gesprochen. Wenn meine Brüder etwas sagten, dann waren es Fragen nach Mateo, die Bley geschickt abzuwimmeln verstand, und das, was mir durch den Kopf ging, behielt ich lieber für mich. Bley fing nach einer gewissen Zeit wieder an zu pfeifen. Ganz offensichtlich konnte er die Stille nicht ertragen.
An uns zogen nun ausgetrocknete Landstriche vorbei, ab und zu ein Dorf. Gelegentlich kam uns ein Bus entgegen, den Bley stets hupend begrüßte, doch die meiste Zeit über waren wir allein in der schier endlosen Weite Venezuelas.
Es war nachmittags, als die Ebenen grüner wurden und wir in fruchtbarere Gebiete kamen. Immer öfter überquerten wir Bäche und kleine Flüsse. „Das sind bereits die
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