Der Fluch der Makaá
der wohl eher aus Versehen als mit Absicht in die Leinwand gedrückt worden war.
„Was ist das?“, fragte ich verblüfft.
„Wenn du mich fragst: Nichts“, sagte Juan mit ruhiger Stimme. „Es ist Nichts, allein dein Vater möchte darin etwas erkennen.“
Ich kroch hinter dem Bild hervor und blickte in Juans nachdenkliches Gesicht. „Vielleicht kannst du ihn ja ein wenig zur Vernunft bringen.“
„Was sagt meine Mutter zu dem Abdruck?“, erkundigte ich mich.
„Sie ist deine Mutter. Natürlich hält sie zu deinem Vater, was glaubst du denn!“, lachte Juan ein wenig säuerlich. „Sie möchte die Polizei informieren.“
„Und was ist so schlimm daran?“, hakte ich vorsichtig nach.
„Der Ruf des Museums steht auf dem Spiel. Wir können nicht für jedes Staubkorn einen polizeilichen Einsatz auslösen. Wie sieht das denn aus? Außerdem“, fügte Juan gedämpft hinzu, „außerdem steckt die Polizei momentan in einer, nun ja, nennen wir es mal: Krise…“
Ich seufzte. „Wie schon gesagt, mein Vater setzt seinen Kopf für gewöhnlich durch.“ Selbst wenn Rico und Juan das vorangegangene Wortgefecht vorerst gewonnen hatten, mein Vater war ein ausdauernder Spieler, der letztendlich durch Ruhe, Druck und Geduld seinen Willen bekommen würde.
„Dann ist es also aussichtslos, mit ihm darüber zu verhandeln?“ Juan schien einen Moment nachzudenken. „Meinst du… Was meinst du, wie weit würde er gehen?“
„Ohne Unterstützung Ihrerseits?“, fragte ich und zögerte keine Sekunde. „Er würde die Sache selbst in die Hand nehmen.“
Für gewöhnlich war mein Vater nicht der Typ, der sich auf Verbrecherjagd begab, doch ich kannte ihn nur zu gut, um zu wissen, dass er alles in Bewegung setzen würde, um den Matisse zurückzuholen, und er würde sich dabei auch an einen Strohhalm wie diesen winzigen Abdruck klammern. Doch was war, wenn wirklich nichts hinter diesen bizarren Linien steckte, wenn Juan also recht hatte? Von einem Symbol war in der Museumsbibliothek die Rede gewesen. Doch der Abdruck schien meines Erachtens weit davon entfernt zu sein. Vielleicht hatte der Maler selbst die Leinwand ein wenig beschädigt oder sie gar in diesem Zustand erworben.
„Das wäre leichtsinnig“, fuhr Juan nachdenklich fort und schob sich die Brille auf der Nase zurecht. Im selben Augenblick kam Rico de Silva in den Saal. Er blieb eine Sekunde stehen, als er Juan und mich erblickte, lief dann aber zielstrebig auf uns zu.
„Hola, Rico“, begrüßte Juan seinen Kollegen. „Ich habe der Tochter von Señor Feldmann gerade unser kleines Problem auf der Rückseite der Odalisque gezeigt.“
„Und, was hält sie davon?“, fragte Rico über meinen Kopf hinweg.
„Nun ja, sie…“
„Ich bin kein Experte“, kam ich Juan einer Antwort zuvor. Schließlich konnte ich sehr wohl für mich selber reden. Ich hasste es, wenn Leute über mich sprachen und dabei so taten, als wäre ich nicht da. „Aber auf mich wirkt es sehr unscheinbar. Mir wäre der Abdruck vermutlich gar nicht aufgefallen…“
„Bueno. Dann kannst du deinen Vater vielleicht davon überzeugen, dass er sich mit Nichtigkeiten abgibt!“, rief Rico hitzig.
„Na, hören Sie mal. Mein Vater gibt sich niemals mit Nichtigkeiten ab. Er ist ein Experte auf seinem Gebiet, und Sie haben ihn schließlich herbestellt!“ Kampfbereit blickte ich den Mann an. „Und außerdem: Wieso sollte ich ihm diesen Abdruck überhaupt ausreden? Nur weil wir nichts darin erkennen, heißt das noch lange nicht, dass mein Vater unrecht hat. Er ist viel klüger als…“
„Ist ja schon gut. Rico hat das nicht so gemeint“, beschwichtigte mich Juan. „Aber die Sache ist ernster als du annimmst. Mal angenommen dein Vater behält recht, und angenommen die Spur führt ihn tatsächlich zu den Verbrechern. Was dann? Soll er sie alleine verhaften?“
„Wieso alleine? Er wird vorher die Polizei verständigen“, rief ich irritiert. „Ja, ich weiß: die Sache mit der Korruption. Aber das betraf doch nur ein einziges Revier!
Rico lachte laut auf. „Da hast du vielleicht recht, Chica. Aber wenn du mich fragst, so zieht sich die Korruption durch das ganze System. Man liest doch immer wieder davon! Aber darüber hast du dir bestimmt noch keine Gedanken gemacht.“
Das hatte ich in der Tat nicht.
Vor meinem geistigen Auge erschien ein dunkler Kellerraum, die Luft nebelig von Zigarettenqualm, eine Bande kräftiger Männer schlug sich gratulierend auf die Schultern, während
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