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Der Fluch der Makaá

Der Fluch der Makaá

Titel: Der Fluch der Makaá Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Talbiersky
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unwillkürlich in die Ferne.
    Als die Sonne glühend am Horizont aufging, war ich kurz davor, alles um mich herum zu vergessen. Größer und näher schien sie mir und überhaupt war es, als sähe ich sie zum ersten Mal. Ein lodernder Feuerkranz tanzte auf ihrem Rand und spuckte Funken in den dunstig grauen Himmel. Rote, schwarze und gelbe Flecken lösten sich in einer Endlosschleife vor meinen Augen ab und tanzten auch noch hinter den geschlossenen Lidern lustig weiter. Als wäre das Feuer auf meine Augen übergesprungen, brannten sie plötzlich und fingen an zu tränen. In meinen Hosentaschen suchte ich nach einem Taschentuch, fand jedoch keines. Stattdessen stieß meine rechte Hand auf einen kleinen Gegenstand und zog ihn heraus. Ich wischte mir über die Augen und blinzelte den kleinen Stein an, der flach, rot und geheimnisvoll in meiner Hand lag.
    Jaspis.
    Behutsam hielt ich ihn in das Sonnenlicht. Obwohl undurchsichtig saugte er die Strahlen förmlich auf und glänzte prahlerisch, ganz so als käme das Licht aus seinem Inneren. Hatte ich anfänglich gedacht, der Stein wäre ausschließlich rot, so brachte die Morgensonne meinen Irrtum ans Tageslicht: Gelb, Braun, Ocker, Orange… sämtliche warme Farben waren in Strichen, Linien, Kreisen, Quadraten, ja in allen möglichen geometrischen Formen in dem kleinen Jaspis zu erkennen. Was für ein sonderbarer Stein. Welche Geschichte wohl hinter ihm stecken mochte? „Wenn du nur reden könntest“, flüsterte ich.
      „Was möchtest du denn wissen?“ Es war natürlich nicht der Stein, der diese Worte sprach. Ein Mann war aus der Nachbarhütte getreten und hatte sich unbemerkt zu mir gesellt. Keine Ahnung, wie lange er mich schon beobachtet hatte, zumindest muss er mein Zwiegespräch mit dem kleinen Jaspisstück mitbekommen haben. Der Mann war unrasiert und von mittelgroßer, nicht allzu kräftiger Statur, vielleicht Mitte zwanzig. Sein braunes Haar stob ungekämmt und zu dicken Rastazöpfen geflochten in alle Richtungen und verlieh ihm zusammen mit dem zerschlissenen Hemd ein recht wildes Aussehen. Er trug Jeans, die durch Wasser und Sonne ausgebleicht waren. Seine Füße dagegen steckten in Trekkingsandalen, die neuwertig und nicht billig aussahen. Auf mich wirkte es beinahe komisch: Spare an allem, aber nicht an den Füßen! Was war das denn bitteschön für ein Motto? Er hatte einen grauen Klappstuhl mitgebracht, mit dessen Aufbau er nun beschäftigt war.
    „Die Stunde des Sonnenaufgangs ist immer die schönste Zeit des Tages, findest du nicht auch?“, fuhr der Mann fort und zwinkerte mir zu. Vor Verblüffung hatte ich noch keinen Ton herausgebracht.
    „Mh“, war meine ganze Antwort. Gleichzeitig schmunzelte ich in mich hinein, denn mir war ein Satz eingefallen, mit dem unsere Englischlehrerin die Klasse stets zu motivieren versuchte: Die Welt spricht Englisch! Nein, dachte ich nun: Es ist eher so, dass die Welt Deutsch spricht. Vielleicht war es aber auch nur so, dass die Deutschen überall in der Welt herumreisten oder lebten. Wie auch immer. Zumindest war ich angenehm überrascht, meine Muttersprache einmal mehr akzentfrei inmitten der venezolanischen Steppe zu hören.
    Mit einem wohligen „Ah“ ließ sich der Fremde auf die Sitzfläche seines Stuhles sinken und beobachtete mit zusammengekniffenen Augen wie sich die Sonne immer mehr von der Erde löste und über dem Horizont zu schweben begann. Ein paar Minuten vergingen. Gespannt wartete ich ab, ob der Fremde noch etwas sagen würde, da das jedoch nicht so schien, drehte ich mich um und wollte gehen.
    „Ich bin übrigens Daniel Bley“, sagte der Mann plötzlich und nickte mir freundlich zu. „Sag Daniel zu mir, oder Bley, ganz gleich.“
    „Freut mich, Sie kennen zu lernen“, sagte ich und zog es vor, ihn weder Daniel noch Bley, sondern ihn bei keinem seiner Namen zu nennen. „Auch gut“, sagte er und wiegte mit dem Kopf. „Da, wo ich herkomme, stellt man sich normalerweise gegenseitig vor, aber wenn du mir deinen Namen nicht nennen möchtest…“ – er hob beschwichtigend die Hände und zog einen schiefen Mund, in dessen Winkel jedoch ein spöttischer Hauch Ironie blitzte.
    „Sie sprechen Deutsch. Woher kommen Sie?“
    „Aus Frankfurt.“
    „Wir sind aus Mannheim“, platzte ich heraus.
    Der Mann zog eine Augenbraue hoch. „Aus Mannheim, sieh an, sieh an… Und wer ist wir ?“
    Verlegen schaute ich zur Seite.
    „Schon gut, schon gut. Ich weiß, ich bin manchmal etwas zu ungestüm und zu

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