Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Fluch der Makaá

Der Fluch der Makaá

Titel: Der Fluch der Makaá Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Talbiersky
Vom Netzwerk:
den abgebrochenen Ast lustig glucksend an uns vorbei, und als wir nach oben blickten, ragten zwei strampelnde Füße aus dem grünen Blätterdach heraus.
    „Oli, zum Henker! Was machst du denn da oben im Baum?“, schimpfte ich und rang nach Fassung.
    „Abhängen!“, keifte Oliver zynisch. „Oder nach was sieht es deiner Meinung nach aus?“
    „Also, frech werden brauchst du nicht!“
    „War nicht so gemeint, aber würde mir vielleicht mal jemand helfen?“
    Mit beiden Armen klammerte sich mein kleiner Bruder um einen Ast, der nicht viel dicker und stabiler aussah wie derjenige, der heruntergekommen war. Vergeblich versuchte er sich daran hochzuziehen, aber der nächste Ast war selbst für einen geübten Klettermaxen wie meinen Bruder außer Reichweite. Oliver schwebte etwa drei Meter über der Wasseroberfläche, doch an einen Sprung in den Fluss war gar nicht zu denken. So flach wie das Wasser war, würde es seinen Fall nicht bremsen und er würde sich dabei die Knochen brechen!
    „Also, fallen lassen solltest du dich nicht!“, riet ihm Robert während wir hastig nach einer Lösung suchten.
    „Kannst du dich zum Stamm hinüberhangeln?“, fragte ich, nachdem ich den Baum etwas genauer betrachtet hatte. Meines Erachtens musste Oliver nur noch einen knappen Meter rutschen, um an den nächsten Ast heranzukommen. Von dort konnte er den Stamm gefahrlos hinunterklettern. Oliver versuchte es. Ganz vorsichtig bewegte er sich und gab sich alle Mühe, meine Anweisungen zu befolgen. „Jetzt den linken Arm, Oli, nun den rechten, noch ein Stückchen weiter, gleich hast du es!“ Es lagen nur Sekunden dazwischen als Oliver den Stamm erreichte und auf dessen abgehenden Zweigen hinunterkraxeln konnte, als plötzlich auch der Ast, an dem er gehangen hatte, mit einem zerberstenden Geräusch in den Fluss stürzte. Robert und ich sprangen im letzten Augenblick zur Seite, um nicht erschlagen zu werden, und landeten der Länge nach im Fluss. Prustend richtete ich mich auf, triefnass und stocksauer. Am Ufer stand Oliver, heil und unversehrt – zum Glück – und grinste uns verlegen an.
    „Toll, Oli! Ganz toll! Hast du vor, in Zukunft noch mehr solchen Blödsinn zu verzapfen, oder hättest du nun die Güte, uns wieder bei der Arbeit zu helfen anstatt uns daran zu hindern?“, schimpfte ich. „Was wolltest du denn überhaupt auf diesem Baum? Das sieht doch ein Blinder, dass der durch und durch morsch ist!“
    „Da war ein Schmetterling, einer von diesen wunderschönen großen blauen! Er ist auf diesem Baum von Blatt zu Blatt geflogen und da bin ihm nach – es tut mir leid. Aber-“
    „Spar dir das“, winkte ich genervt ab. „Hilf lieber, den Abschlag zu finden! Wir haben schon Stunden verloren, und der Himmel zieht bereits zu. Nicht dass der Regen jetzt noch etwas ändern würde: nass sind Robert und ich dank dir bereits auch so.“
    „Aber-“, protestierte Oliver.
    „Kein Aber mehr, hast du verstanden? Mach dich endlich nützlich.“ Oliver warf Robert einen Hilfe suchenden Blick zu. Der zuckte nur die Achseln. „Mel hat recht“, sagte er knapp und wischte sich eine nasse Haarsträhne aus der Stirn.
    „Ich habe mich doch nützlich gemacht!“, rief Oliver. Er fühlte sich missverstanden und zog einen Schmollmund.
    „Weißt du“, erwiderte Robert, „auf Bäume klettern und Schmetterlingen hinterher zu jagen ist nicht unbedingt das, was man unter nützlich machen versteht!“
    Da stampfte Oliver mit dem Fuß auf und verschränkte die Arme vor der Brust. „Und ob. Aber ihr hört mir ja gar nicht zu!“, rief er so laut, dass wir ihn verdutzt anstarrten. Ohne ein weiteres Wort zu sagen, watete er in den Jaspisfluss, zog den Ast ein Stückchen beiseite und streckte fordernd die Hand aus. „Den Stein bitte!“, sagte er und ließ keinen Zweifel daran, dass er sich falsch behandelt fühlte.
    „Den Jaspisstein?“, fragte ich ungläubig.
    „Na, welchen denn sonst?“, war die gekränkte Antwort. Ich zog das gewünschte Objekt aus meiner Tasche und legte es in Olivers Hand. Ein leichtes Lächeln stahl sich auf sein Gesicht, das er mit aller Macht und aller Wut, die er noch in sich fühlte, zu verhindern versuchte. Seine Augen leuchteten, als er sich auf die Knie fallen ließ und bis zum Hals im klaren Wasser verschwand. Ich konnte sehen, wie Olivers Hände den Boden abtasteten und schließlich ihr Ziel fanden. „Ich hab es gewusst“, flüsterte er. „Es passt.“
    „Sag bloß, du hast die Stelle gefunden!“,

Weitere Kostenlose Bücher