Der Fluch der Maorifrau
sagte er strahlend, stellte das Tablett auf dem Nachtschrank ab, setzte sich auf die Bettkante und gab seiner Frau einen zarten Kuss.
»Möchtest du die Überraschung heute, oder warten wir noch?«, fragte er.
»Sofort!« Sie platzte bereits vor Neugier.
»Dann solltest du dich schnell anziehen und eine Ausfahrt mit mir machen«, sagte er geheimnisvoll.
Hastig trank Kate ihren Kaffee und sprang aus dem Bett.
Es war ein herrlicher Sommertag. Eine erfrischende Brise wehte vom Meer herauf, und der Duft von frischem Gras war betörend.
»Wenn wir zurück sind, zeige ich dir unser Land und vor allem unsere Schafe, denn alles, was du um dich herum siehst, gehört zu unserer Farm«, erklärte Bill.
Kate drehte sich einmal um die eigene Achse. Mit einem bewundernden Blick über die sanften Hügel und Wiesen fragte sie beeindruckt: »Alles?«
»Alles!«
Dann führte er sie zu einem Nebengebäude des Hauses, in dem die Pferde untergebracht waren, und spannte eines vor einen kleinen Wagen.
»Ich spiele mit dem Gedanken, mir bald eines von diesen motorisierten Fahrzeugen zuzulegen«, sagte er, während er ihr einsteigen half.
»So eins, wie Wohlrabe hat?«, fragte sie aufgeregt.
»Ach, der gute Wohlrabe. Habe ich dich von ihm gegrüßt?«
Kate nickte. Sie fuhren zunächst durch die Stadt, dann folgten sie einem Weg, der sie recht nah am Wasser entlangführte. Die Sonne glitzerte auf den Wogen, und über ihnen erstrahlte ein kornblumenblauer Himmel ohne ein einziges Wölkchen.
»Wohin entführst du mich?«, fragte Kate neugierig.
»Ins Paradies!« Bedeutungsvoll zeigte er auf eine Tasche, die er mitführte. Als sie heimlich hineingreifen wollte, schlug er ihr zärtlich auf die Finger.
Vor ihnen erstreckte sich nun eine große Bucht mit Dünen und weißem Sand. Kate glaubte zunächst, sie seien in der Einsamkeit gelandet, aber dort unten tauchten vereinzelt Holzhäuser auf.
»Ist das unser Ziel?«
»Nicht so ungeduldig, Missis McLean! Das ist Tomahawk.«
»Tomahawk? Aber ist das nicht die Streitaxt der Indianer?«
»Das stimmt, nur heißt dieser Ort nicht nach dem Tomahawk, sondern nach Tomo haka. So haben die Maori den Ort genannt. Es bedeutet wohl so viel wie die ›Höhle der Kriegstänze‹. Man sagt, dass dieser Strand ein Platz gewesen ist, an dem die Ureinwohner ihre Hakas getanzt haben.«
Vorbei an den Häusern fuhren sie weiter Richtung Strand. Dahinter erstreckten sich Klippen, an denen sich hohe Wellen tosend brachen. Dann nahmen sie eine sandige Piste zum Wasser. In der Nähe des Strandes wurde ein Haus gebaut. Noch war nicht viel zu sehen, aber die Männer, die dort im Schweiße ihres Angesichts arbeiteten, riefen plötzlich fast im Chor: »Mister McLean!« Es klang wie eine erfreute Begrüßung. Wie auf Kommando ließen die Männer ihr Handwerkszeug fallen, um ihnen entgegenzulaufen. Es waren vorwiegend Maori. Kaum waren sie bei der Kutsche angekommen, redeten alle wild durcheinander.
Lachend stieg Bill aus und reichte Kate die Hand, um ihr beim Aussteigen zu helfen.
»Darf ich vorstellen: meine Frau Kate!«
Es ertönte ein vielstimmiges »Guten Tag, Missis McLean!«.
Nun griff Bill in die Tasche und zog eine Zeichnung hervor. »Alle mal herhören!«, rief er in die Runde. »Das Haus wird etwas anders aussehen als bisher geplant! Mein Schwager Peter Varell hat euch einen neuen Plan gemacht.«
Kate warf einen neugierigen Blick auf den Entwurf und konnte es kaum glauben. Das Gebäude darauf glich ihrem Haus auf Samoa wie ein Ei dem anderen!
Bill bat nun alle, sich um den Plan zu versammeln. »Seht her«, erklärte er, »so viel wird sich gar nicht ändern. Nur, dass wir die Veranda zum Meer erweitern und eine andere Zimmeraufteilung vornehmen. Und natürlich werden wir es nicht mehr Klein Opoho nennen.« Er lachte.
»Nein, es muss jetzt Haus der Pakeha heißen«, bemerkte der Älteste unter ihnen in feierlichem Ton.
»Was bedeutet das?«, flüsterte Kate Bill ins Ohr.
»›Haus der weißen Frau‹. Dein Haus!«
Das kam so überraschend, dass Kate sich nicht einmal mehr Gedanken machen konnte, ob Tränen vor diesen Fremden angemessen waren. Sie schluchzte vor Rührung und Freude, und die Männer schienen mit ihr zu fühlen.
»Und bitte, Männer, gebt alles! Wenn ich tatsächlich nach Europa muss, soll es schnell fertig sein!«
»Wie nach Europa?«, wiederholte Kate verstört.
Bill wand sich ein wenig, aber dann sagte er zögernd: »Wenn meine Jungens nach Europa gehen, weil sie uns
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