Der Fluch der Maorifrau
Plätzen und blickte ihnen erwartungsvoll entgegen. Bills Vater sah grimmig drein, aber er enthielt sich einer Ermahnung über ihr verspätetes Erscheinen.
»Lasst uns beten!«, brummelte er, nachdem sich die beiden gesetzt hatten.
Kate spürte die verstohlenen Blicke der Familie förmlich auf ihrer Haut brennen, doch keiner sprach ein Wort, bis Bill aufstand und das Glas erhob.
»Ich möchte gern mit euch anstoßen. Besonders auf das Wohl meiner geliebten Frau Kate.«
Alle prosteten einander zu. Nora und Peter lächelten Kate aufmunternd an, während Jane und ihr Mann sie grimmig musterten und Steven den Blickkontakt sofort wieder vermied.
Kates Schwiegervater murmelte mürrisch: »Auf euer Wohl!«
Bill sprühte vor guter Laune. Er gab die neusten Geschichten aus Apia zum Besten und grüßte Kate von all ihren Lieben, die sie unendlich vermissten.
Nach dem Essen führte Bill Steven zu einem Gespräch unter vier Augen in den kleinen Salon. Er bat Kate, bei den anderen auf ihn zu warten. »Es gibt noch einiges zu klären!«, entschuldigte er sich.
Widerwillig folgte Steven seinem Bruder.
»Kommt uns nur recht bald besuchen!«, schlug Nora nun mit einem geheimnisvollen Unterton vor.
»Wir haben eine Überraschung für dich!«, fügte Peter verschwörerisch hinzu.
Kate ahnte, worum es ging. Es hatte bestimmt etwas mit ihren Bildern zu tun. Sie verstand allzu gut, dass Peter darüber nicht vor seinem Schwiegervater sprechen wollte, der finster mit einem Löffel in seiner Kaffeetasse herumrührte.
Zu Kates großer Erleichterung dauerte die Unterhaltung der Brüder nicht lange. Als Bill an den Tisch zurückkehrte, nahm er wie selbstverständlich ihre Hand und fragte so laut, dass es alle verstehen mussten: »Na, hast du mich vermisst?«
Kate schenkte ihm ein strahlendes Lächeln. Der bitterböse, tadelnde Blick ihres Schwiegervaters entging ihr nicht.
»Ich bin sehr müde. Ihr werdet verstehen, dass wir uns zurückziehen«, erklärte Bill und zog seine Frau sanft mit sich, ohne eine Antwort abzuwarten. Arm in Arm stiegen sie die Treppe hinauf, die in ihr Reich führte.
Als Bill die Schlafzimmertür hinter sich geschlossen hatte, atmete er erleichtert auf. »Sag mir, was du über meine Familie denkst!«, forderte er sie auf, während er ihren Nacken streichelte.
»Ehrlich?«
»Schonungslos!«
»Gut, fangen wir bei deinem Vater an. Der bebt vor Zorn, weil du dein Hunnenweib nicht verstößt; Jane ist eine verbitterte alte Frau, obwohl sie jünger ist als du; ihr Ehemann, dessen Namen ich immerzu vergesse, ein hoffnungsloser Langweiler, deine Schwester Nora ein süßes, warmherziges Geschöpf und Peter ein wunderbarer, humorvoller Ehemann.«
Bill lachte. »Treffender hätte ich es auch nicht sagen können. Peter ist darüber hinaus ein fähiger Architekt. Ach, ich habe nicht nur die schönste und begehrenswerteste, sondern auch die klügste und einfühlsamste Frau der Welt! Aber was ist mit Steven? Hat er sich gut benommen?«
»Willst du das wirklich wissen?«
»Nur keine falschen Rücksichten!«
»Ich bin heilfroh, dass er morgen abreist, und ich bete zu Gott, dass er weder Otto Brenner gegen sich aufbringt, noch die Plantage zu Grunde richtet. Außerdem tut mir sein Sohn leid. Ich selber habe zwar keine Eltern gehabt, aber Großmutter hat mich geliebt. Und Steven behandelt seinen Sohn genauso grausam, wie dein Vater ihn behandelt! Warum?«
»Wenn ich dich nicht schon so lieben würde, würde ich mich glatt noch einmal in dich verlieben.« Bill schob die Hände unter ihr Kleid.
Ihr wurde ganz heiß, aber eines brannte ihr noch auf der Zunge. »Bill, meinst du wirklich, wir können hier unter dem Dach deines Vaters so glücklich bleiben?«
»Darüber habe ich auch schon nachgedacht, und ich glaube, ich habe eine Lösung gefunden, mein Herz«, raunte er geheimnisvoll, während er ihr geschickt das Kleid auszog.
»Was denn?«, fragte sie neugierig.
»Lass dich überraschen!«, flüsterte er erregt, während er sie sanft auf das Bett zog.
Tomahawk/Opoho, Dezember 1914 bis März 1915
Kate wurde von einem Sonnenstrahl geweckt, der vorwitzig ihre Nase kitzelte. Sie ließ die Augen geschlossen, räkelte sich wohlig und tastete nach Bills Hand, bevor sie begriff, dass die andere Bettseite leer war. Sie fuhr hoch. Kein Bill! Doch bevor sie darüber nachdenken konnte, wo er stecken mochte, schwang die Tür auf und er kam mit einem Tablett herein.
»Guten Morgen, Liebste, hier ist dein Kaffee«,
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