Der Fluch der Maorifrau
dort brauchen, mein Herz, dann gehe ich mit.«
Die Männer zollten ihm Beifall. »Ich gehe auch!«, rief einer der Männer. »Ich auch!«, ein anderer.
Kate schickte ein Stoßgebet zum Himmel. Sie flehte Gott an, den Krieg zu beenden, bevor man Bill und seine Männer nach Europa schicken konnte. Dann dankte sie den Arbeitern aus vollem Herzen. »Es ist ein wunderbares Geschenk!«, murmelte sie, woraufhin ihr Bill vor allen einen Kuss gab.
»Ich dachte, wir versuchen es erst einmal so: Wir bleiben in Opoho, aber immer, wenn es uns dort zu eng wird, flüchten wir hierher. Wenn du magst, können wir jedes Mal herkommen, wenn wir es auf der Farm nicht mehr aushalten«, raunte er ihr zu.
Kate wusste vor lauter Rührung nicht, was sie sagen wollte. Sie wusste nur eines: Sie hatte den besten Mann der Welt.
Von diesem Tag an fuhren sie in jeder freien Minute nach Tomahawk, um zu schauen, wie weit der Bau gediehen war. Stets stand ein bisschen mehr von ihrem Haus. Manchmal begleitete auch Peter sie.
Dank der Aussicht auf ein eigenes Zuhause ertrug Kate das schlechte Verhältnis zu ihrem Schwiegervater leichter. Er richtete zwar grundsätzlich nicht das Wort an sie, aber seine Blicke sagten alles. Um solche Situationen zu vermeiden, sorgte Bill dafür, dass sich ihr Leben vorwiegend in den eigenen Räumen abspielte. Nur sonntags war das Miteinander nicht zu vermeiden. Dann machte sich die ganze Familie zur presbyterianischen Kirche nach Dunedin auf, besuchte den Gottesdienst und aß anschließend auf der Farm zu Mittag. Das hatte Tradition. Bill wich bei diesen Anlässen nicht von Kates Seite.
Allerdings betrachtete die ganze Gemeinde Kate inzwischen als Deutsche. Die feindseligen Blicke brachen Kate stets das Herz. Ob Bills Vater die Leute absichtlich gegen mich aufhetzt?, fragte sich Kate, doch sie behielt den bösen Verdacht für sich. Warum sollte sie Bill damit belasten?
Die Sonntagsessen verliefen meist schweigend. Kate machte das nichts aus, wenn sie nur Bill in ihrer Nähe wusste. Das Einzige, was ihr Kummer bereitete, war die Tatsache, dass sie immer noch nicht schwanger geworden war, obwohl fast jede Nacht zur rauschenden Liebesnacht wurde.
Die Tage, an denen Bill sich um die Verwaltung der Farm kümmerte, verbrachte Kate mit Malen. Martha O'Brian, der Kunsthändlerin, waren ihre Bilder förmlich aus den Händen gerissen worden, sodass sie in der Verpflichtung stand, Nachschub zu liefern.
Bill bewunderte seine Frau für ihr Talent und spornte sie oft scherzend an. »Wenn Vater mich doch noch davonjagen sollte, wissen wir wenigstens, wovon wir leben werden.« Er hatte sie gebeten, ihm einen Sonnenuntergang zu malen. Mit Feuereifer hatte Kate sich darangemacht und das fertige Aquarell auf der Rückseite mit einer Widmung versehen: Meinem geliebten Mann Bill. Sie nahm sich vor, es Bill zu überreichen, wenn das Haus der Pakeha fertig war. Sie freute sich, dass sie ihm auch etwas schenken konnte.
Außerdem machte sie von ihm eine Zeichnung, die ihn bei der Schafschur zeigte. Kate war aus dem Staunen nicht herausgekommen. Ein paar der blökenden Schafe hatten lange Schwänze, die über den Boden schleiften. »Ist das eine andere Sorte?«, hatte sie ihren Mann gefragt. Der hatte sich den Bauch vor lauter Lachen gehalten. »Nein, sie sehen alle so aus, bevor wir ihnen den Schwanz abbinden, um die Blutzufuhr zu stoppen. Dann fällt er nach einer Weile ab. Übrig bleibt nur der Stummelschwanz, an dem sich nicht so viel Dreck sammeln kann.« Damit hatte er sich ein Schaf gegriffen und ihm die dicke Wolle vom Körper geschoren. Diesen Moment hatte sie festgehalten. Das Bild hatte sie ihm jedoch noch nicht gezeigt. Sie hatte es ausschließlich für sich selber gemalt, um sich sein unvergleichbares Lächeln jederzeit anschauen zu können.
An einem heißen Februartag lud Bill Kate schon mittags ein, mit ihm nach Tomahawk zu fahren. Sie ahnte sofort, dass es endlich so weit war.
Als sie das Haus erreichten, stand es dort in seiner ganzen Pracht, und Kates Herz tat einen Riesensprung. Es war tatsächlich ein gelungenes Abbild ihres Heims in Apia. Vor lauter Begeisterung fiel sie ihrem Mann um den Hals, obwohl sie vermutete, dass sie gleich johlend von den Arbeitern begrüßt wurden. Dann erst merkte sie es. Alles war still! Nur das Rauschen der Wellen und das Kreischen der Möwen waren zu hören. Sie waren allein hier draußen.
Bill hob sie sanft vom Wagen und trug sie auf seinen Armen über die Schwelle. Es roch
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