Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Fluch der Maorifrau

Der Fluch der Maorifrau

Titel: Der Fluch der Maorifrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Walden
Vom Netzwerk:
Sie Mister McDowell bitte, dass ich mich um Timothy kümmern werde!«, befahl Anna dem Kindermädchen, das sie mit großen Augen ansah, bevor es wortlos verschwand. Anna schaukelte Timothy auf den Knien hin und her. »Mehr!«, kreischte er vergnügt. »Mehr! Mehr!«
    Als Mabel mit hängenden Schultern zurückkehrte, suchten ihre verweinten Augen Annas Blick. Auch sie empfand schmerzhaft, was Anna dachte: Eben noch hat Mary mit ihrem hellen Lachen dieses Haus erfüllt, und nun ist sie für immer stumm. Anna spürte, dass sie schon wieder weinen musste, aber sie unterdrückte die Tränen. Was sollte der kleine Knirps von ihr denken?
    »Mister McDowell lässt ausrichten, er ist Ihnen unendlich dankbar«, schluchzte das Kindermädchen und rannte hinaus.
    »Mama!«, rief der kleine Kerl jetzt. »Mama auf Wiedersehen sagen!«
    »Mama ist ausgegangen!«, versicherte Anna schnell und verließ mit Timothy an der Hand eilig das Haus.
 
    Timothy blieb zwei Tage und zwei Nächte bei Anna. Sie wurde nicht müde, mit ihm zu spielen; und er liebte es, die kleine Klara im Stubenwagen umherzufahren. Manchmal wurde er dabei ein wenig zu ungestüm, aber es war deutlich zu spüren, dass der Junge sich hier sehr wohlfühlte. Auch Anna tat seine Anwesenheit gut. Mit den beiden Kindern hatte sie alle Hände voll zu tun, was sie davon abhielt, mit dem Schicksal zu hadern und sich ständig zu fragen: Warum Mary? Sogar Christian taute in der Gegenwart des kleinen Timothy merklich auf. Er trug ihn auf den Schultern durch das Haus und tollte wild mit ihm herum. Er spielte Seefahrt mit ihm und schenkte ihm sogar eine hölzerne Eisenbahn.
    Anna sah seine Begeisterung für den Jungen mit gemischten Gefühlen. Zwar berührte es sie zu sehen, wie Christian aufblühte, aber ihr wurde bewusst, dass er seine Tochter kaum eines Blickes würdigte. Wahrscheinlich hofft er darauf, dass es beim nächsten Mal ein Junge wird, vermutete Anna, aber sie hatte sich geschworen, ihm kein weiteres Kind zu gebären.
 
    Christian war noch in der Handelsvertretung, als John McDowell, blass und vom Kummer gezeichnet, Anna aufsuchte, um Timothy wieder zu sich zu holen. Obwohl er die Contenance wahrte, tat es Anna in der Seele weh, wie dieser aufrechte Mann litt. Er erzählte Anna, dass Mabel ihn zu seinem großen Bedauern Hals über Kopf im Stich gelassen habe. Das Kindermädchen habe ihm erklärt, dass es sich nach Marys Tod nicht in der Lage sähe, weiter für ihn zu arbeiten.
    Anna bot ihm sofort an, ihm Paula zu schicken, bis er einen Ersatz gefunden hatte, denn schließlich verdankte sie ihre wunderbare Haushaltshilfe allein Mary. John wollte das jedoch partout nicht annehmen.
    »Dann erlaube uns wenigstens, Timothy tagsüber zu uns zu nehmen, wenn du zur Arbeit gehst, bis du jemanden gefunden hast«, schlug Anna schließlich vor.
    Darauf ließ John sich dankbar ein. Von nun an brachte er zu Annas großer Freude seinen Sohn sechs Tage in der Woche jeden Morgen bei ihr vorbei. Diese neue Aufgabe beglückte sie, zumal sie ihrer Freundin damit einen letzten Dienst erweisen konnte. Manchmal, wenn sie mit den beiden Kindern draußen im Garten saß, blickte sie zum Himmel auf und fragte sich, ob Mary sie wohl sehen konnte.
 
    Zum Dank, dass Anna so gut für Timothy sorgte, der immer noch glaubte, seine Mutter werde bald von einer langen Reise zurückkehren, gab John eines Abends kurz vor Weihnachten ein Essen für Anna und ihren Mann. Christian aber hatte an diesem Tag kurzfristig ein gravierendes Problem in der Niederlassung. Eine Gruppe Maori hatte die Besatzung eines Schiffs daran gehindert, es zu entladen. Die Ware drohte zu verderben, und Christian musste zurück in den Hafen, um mit ihnen zu verhandeln.
    Anna wollte jedoch unter keinen Umständen allein zu John gehen. Sie fühlte sich zu sehr zu John hingezogen, auch wenn der noch immer untröstlich über Marys Tod war. Mary würde es sicherlich begrüßen, wenn er schnell eine neue Frau und Mutter für Timothy fände. Aber ich komme für diese Rolle ohnehin nicht in Frage, sinnierte sie. Ich bin verheiratet, wenn auch unglücklich - aber wen kümmert das? Davon abgesehen schickte es sich nicht, ohne weitere Gesellschaft mit einem anderen Mann zu speisen. Deshalb schlug sie vor, die Einladung abzusagen.
    Christian jedoch wollte von einer Absage nichts wissen. »John ist ein wichtiger Geschäftspartner, den dürfen wir nicht brüskieren!«, erklärte er aufbrausend.
    Anna erschrak ob der Heftigkeit seines

Weitere Kostenlose Bücher