Der Fluch der Maorifrau
hübsches Baby, dachte Anna, nachdem die Kleine satt war, während sie mit dem Finger zart über die Stirn ihrer Tochter fuhr. »Dir wird nichts geschehen!«, versprach sie der kleinen Klara und fügte kaum hörbar hinzu: »Ich werde dich immer beschützen. Dich und deine Kinder!«
Seit der Geburt ihrer Tochter war Anna wie ausgewechselt. Der traurige Blick, der sonst so oft über ihr Gesicht huschte, war verschwunden. Aus ihren Augen strahlte das pure Glück. Ihr war nichts zu mühsam, nicht das Stillen, nicht das Aufstehen mitten in der Nacht, im Gegenteil, sie war stets entzückt, wenn es um ihr Kind ging.
Christian schien das mit einer gewissen Skepsis zu betrachten. Das merkte Anna zwar, aber sie glaubte, er befürchtete, dass sie sich überfordern könnte. Er bot ihr mehrmals an, eine Kinderfrau einzustellen, aber Anna lehnte dieses Angebot rundweg ab. Sie wollte allein für Klara da sein.
Eines Abends, etwa zwei Wochen nach der Geburt ihrer Tochter, erkannte Anna, was ihren Ehemann veranlasste, ihr so vehement eine Hilfe bei der Betreuung des Säuglings anzutragen. Sie war früher ins Bett gegangen als sonst, da sie die vergangene Nacht fast zur Hälfte am Bett ihres schreienden Kindes verbracht hatte.
»Lass sie doch schreien! Das kräftigt die Lungen«, hatte Christian unwirsch gebrüllt, aber Anna war ins Kinderzimmer gehuscht, um die Kleine zu trösten. Dort war sie vor Erschöpfung auf dem Stuhl neben Klara eingeschlafen.
Kaum lag Anna im Bett, als sie die Schritte ihres Mannes hörte. Wortlos trat er in das Zimmer und zog sich aus.
»Vielleicht kümmerst du dich zur Abwechslung mal um mich«, knurrte Christan, während er unter die Decke schlüpfte.
Anna zitterte am ganzen Körper. Es gab keinen Zweifel. Er wollte sich auf sie wälzen. Ihr Mund war trocken. Trotzdem erklärte sie mit heiserer Stimme: »Es geht nicht. Ich bin noch zu wund von der Geburt.«
Christian musterte sie scharf. »Und warum lassen andere Frauen ihre Männer wieder zu sich, kaum dass sie ihr Kind geboren haben?«, fragte er bedrohlich.
»Bestimmt nicht, während sie es noch stillen. Das ist nicht gut«, widersprach Anna mit fester Stimme, bemüht, die Angst, er könne ihre Ausrede durchschauen, zu verbergen.
Er ließ sie jedoch in Frieden und brummelte nur unverständliche Dinge in seinen Bart, die alles andere als freundlich klangen.
Noch in dieser Nacht beschloss Anna, endgültig aus dem Schlafzimmer auszuziehen. Sie wusste nur noch nicht, wie sie das anstellen sollte.
Den Vorwand lieferte wenig später der Arzt, der Klara untersucht hatte, weil sie so viel schrie, und feststellte, dass sie unter schweren Bauchkrämpfen litt. Für Anna ein triftiger Grund, sich im Kinderzimmer eine eigene Schlafstätte einzurichten.
Christian missbilligte das ausdrücklich, doch Anna ließ sich nicht davon abbringen. Jetzt erst bemerkte die junge Mutter, dass er das kleine Wesen zunehmend mied und immer einsilbiger wurde. Er kehrte jeden Abend später von der Arbeit in der Handelsniederlassung zurück. Anna vermutete, dass er ein gewisses Etablissement besuchte, von dem Mary ihr einmal hinter vorgehaltener Hand erzählt hatte. Es lag unten am Hafen und beherbergte Frauenzimmer, die den unverheirateten Goldgräbern zu Diensten waren. Wie Mary zu berichten wusste, gingen auch immer mehr Männer dorthin, die zu Hause nicht das bekamen, was sie brauchten. Anna roch es manchmal an Christians Kleidern. Darin hing bisweilen der Duft von schwerem Parfum, einem Parfum, das eine Lady niemals benutzen würde. Es war ihr aber gleichgültig, ja, sie war sogar erleichtert darüber, dass Christian sie nicht mehr belästigte. Sie hatte schließlich, was sie wollte: ein wunderschönes Kind. Mehr brauchte sie nicht zu ihrem Glück, und sie hatte sich geschworen, dass sie ihn eher erstechen würde, als seine Zudringlichkeiten noch einmal über sich ergehen zu lassen.
Nein, wo er sich verströmte, das war ihr völlig gleichgültig, aber etwas anderes bereitete ihr große Sorge. Sie war nun bereits ein paar Mal spät nachts aufgewacht, weil er die Treppe immer öfter hinauftorkelte und dabei laut vor sich hin grölte.
Auch sein Atem am Frühstückstisch erlaubte keinen Zweifel: Christian trank zu viel Alkohol. Anna nahm sich vor, ihn bald darauf anzusprechen. Nur nicht heute, denn Mary würde bestimmt niederkommen. Anna wartete stündlich darauf, dass man ihr endlich Bescheid gab. Sie war so nervös, dass sie das ernste Gespräch mit Christian vor
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