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Der Fluch der Schriftrollen

Der Fluch der Schriftrollen

Titel: Der Fluch der Schriftrollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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Offenbarung
erlebt. Die bleiche Haut wirkte unnatürlich straff und ließ die blauen Adern an
Schläfen und Hals hervortreten. Seine weißen und blutleeren Lippen waren fest
aufeinander gepreßt und bildeten eine dünne Linie. In Bens blauen Augen, die
starr auf die Schriftrollen gerichtet waren, lag ein ungewöhnliches Leuchten,
als ob in ihnen ein fiebriges Feuer loderte. Er atmete kaum und rührte sich
nicht. Das einzige Geräusch, das man vernahm, war das Kratzen seines Bleistifts
auf dem Papier, während er unleserliche Sätze dahinkritzelte. Kein einziges Mal
schaute er auf das Heft oder wandte den Blick von dem Papyrus. Für ihn schien
die Zeit stillzustehen. Er war gefangen in einer anderen Welt. Judy hatte so
etwas noch nie gesehen und konnte nur darüber staunen. Nach einer Weile – sie
hatte keine Ahnung, wie lange sie dagestanden und ihn beobachtet hatte –
verließ sie das Arbeitszimmer und setzte sich hinüber ins Wohnzimmer. Sofort
war Poppäa Sabina auf ihrem Schoß, dankbar schnurrend und bereit, sich
verwöhnen zu lassen. Judy lächelte der Katze zu. Die arme Poppäa Sabina hatte
keine Ahnung, was mit ihrem Herrchen vor sich ging.
    »Ich weiß es auch nicht«,
flüsterte Judy, als die Katze sich an sie schmiegte. »Ich kenne ihn erst seit
kurzem, aber ich weiß, daß er sich verändert hat. Oder vielleicht noch dabei
ist, sich zu verändern. Ist es schon geschehen oder geschieht es noch? Und dann
muß man sich wieder fragen… was geht hier eigentlich vor?«
    Als Ben aus dem Arbeitszimmer
trat, hatte er das Gesicht eines Menschen, der gerade eine innere Wandlung
durchgemacht hat. Er war nicht derselbe Mann, der sich zwei Stunden zuvor
hingesetzt hatte, um die Schriftrolle zu Ende zu lesen, obgleich die
Veränderungen kaum auffielen. Es war, so dachte Judy bei sich, als ob er sich
jedesmal, wenn er eine Rolle las, ein wenig veränderte. »Ich bin froh, daß Sie
noch hier sind«, sagte er. Als ob mit jeder der Rollen ein wenig von Ben Messer
verlorenginge und ein wenig von etwas anderem an seine Stelle träte. »Ich
konnte nicht gehen, ohne Rolle sieben gelesen zu haben«, erwiderte sie ruhig.
Ja, es hatte sich tatsächlich eine Wandlung mit ihm vollzogen. Seine seltsam
gesteckte Sprechweise war jetzt noch ausgeprägter.
    Er nahm ihr gegenüber neben
dem Kaffeetischchen Platz und schaute sie mit strahlend blauen Augen an.
»Danke, daß Sie mir in dieser schwierigen Lage beistehen.«
    »Mochten Sie jetzt etwas
essen?«
    »Noch nicht. Lesen Sie das
zuerst.« Er reichte ihr die Blätter, auf die er seine Übersetzung gekrakelt
hatte. »Meine Handschrift wird immer schlimmer.«
    Als sie ihm die Seiten aus
der Hand nahm und den Text überflog, sah sie, wie er den Mund öffnete, um noch
etwas zu sagen. »Worum geht es?«
    Er zögerte. »In dieser Rolle
gibt es eine neue Entwicklung, Judy. Eine, die, wie ich fürchte, zu Problemen
führen wird.«
    »Zu Problemen?«
    Er stieß einen Seufzer aus.
»David erwartet vermutlich eine bestimmte Reaktion von uns, aber das weiß ich
nicht genau. Alles, was ich sagen kann, ist, daß es eine Katastrophe gibt, wenn
die Zeitungen Wind davon bekommen. Dann wird ein Massenansturm auf Magdala
einsetzen.«
    Dann tat Ben etwas
Merkwürdiges. Sowie er das letzte Wort gesprochen hatte, drehte er den Kopf
nach einer Seite, als ob er jemandem zuhörte. Er blickte starr auf die Wand
hinter Judy und schien sich auf irgend etwas zu konzentrieren. Ben lächelte und
schüttelte den Kopf.
    »David will mir keinen
Hinweis über den Inhalt der nächsten Rolle geben.«
    »David?«
    »Ich denke, wir werden unser
Lehrgeld bezahlen müssen.«
    Judy schauderte
unwillkürlich. Bens Stimme klang eigentümlich scharf, so daß es ihr plötzlich
ganz kalt wurde.
    »Wie dem auch sei, lesen Sie,
was ich geschrieben habe, und sagen Sie mir, was Sie davon halten.«
     
     
    Während ich dastand und zu
Salmonides hinüberstarrte, brachte ich keinen Ton heraus. Ich konnte ihn nicht
ansprechen, so gelähmt war ich. Jener Abend vor acht Monaten, jene Nacht meines
schändlichen Falls, erschien mir nun wie ein Traum. Ich hätte nie erwartet, den
skrupellosen Griechen je wiederzusehen. Ich hatte sogar den Vertrag zerrissen,
für den ich ihm in meiner Torheit mein ganzes Geld gegeben hatte. Ihn dort am
Goldenen Tor stehen zu sehen, so leibhaftig, als wäre ich ihm erst gestern
begegnet, traf mich so unerwartet, daß es mir die Sprache verschlug. Aber ich
mußte auch gar nicht sprechen. Sowie Salmonides mich

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