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Der Fluch der Totenleserin totenleserin4

Der Fluch der Totenleserin totenleserin4

Titel: Der Fluch der Totenleserin totenleserin4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: franklin
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Beweis für ihre Gotteslästerung aus eigenem Mund.«
    Adelia zwang sich, den Blick nicht abzuwenden. Sich vor Ermengardes Mut zu verstecken, würde bedeuten, sie zu verraten. Sie war Zeuge dessen, was hier geschah.
    So winzig und schäbig vor der Pracht der Kirchendiener, umgeben von Soldaten, schritt Ermengarde barfuß auf den Scheiterhaufen zu, wie eine Braut an ihrem Hochzeitstag auf den Altar zuschreitet. Sie wurde von einem rückwärts gehenden Priester geführt, der ein juwelenbesetztes Kreuz vor sie hinhielt. Sie hatte Blut am Mund.
    Boggart begann zu keuchen. Ulf und Rankin fluchten.
    Adelia sah zu den Kirchenvertretern hinüber, bestürzt. Seid ihr blind? Seht ihr nicht die bloßen Füße, die Einfachheit, die Einsamkeit? Das ist die via dolorosa.
    Ermengarde wurde auf ihre Plattform gehoben und auf den Scheiterhaufen gebunden. Sie stand auf ihm und nicht in ihm. Mit einem Fuß trat sie ein Reisigbündel beiseite, und ein Soldat legte es ordentlich zurück an seinen Platz.
    Der Gesang wurde lauter. Man hielt Ermengarde eine Bibel hin, aber sie wandte den Kopf ab. Eine Seite ihres zerschlagenen Mundes bewegte sich im Gebet.
    Ein Mann mit einer Kapuze trat vor und hielt eine brennende Fackel in die Höhe. Er sah den Bischof an, der nickte und die gedunsenen, juwelengeschmückten Hände sinken ließ.
    Das Feuer loderte auf, sie hatten Öl auf das Holz gegossen.
    Adelia drückte das Gesicht in Mansurs Ärmel. Sie hörte das Prasseln der Flammen und das Knacken des Holzes, wie sie es so oft in gemütlichen Küchen gehört hatte, wo Fleisch an einem Spieß briet. Ihr unbarmherziges Anatomistenhirn folgte dem Ablauf des Verbrennens, von den Füßen, zu den Waden, den Schenkeln, den Händen und dem Rumpf. Und immer noch kein Tod, kein Tod, bis die Lohe den Atem des Mundes erreichten und ihn auslöschte.
    Und Gott nahm den Schmerz nicht auf sich. Lange vor ihrem Ende begann Ermengarde zu schreien.

Kapitel zehn
    Nachdem er seinen fünf Gefangenen das Ende vorgeführt hatte, das sie erwartete, war der Bischof von Aveyron womöglich besorgt, dass sie die Streben aus ihren Turmfenstern reißen und sich in die Tiefe stürzen könnten. Vielleicht hatte er auch das Gefühl, die Moral eines Bischofs könne es nicht erlauben, Frauen und Männer gemeinsam einzusperren. Worin immer der Grund lag, wenige Stunden, nachdem Ermengardes Asche auf dem Mist gelandet war, wurden Adelia, Boggart, Rankin, Mansur und Ulf vom höchsten Punkt des Palastes an seinen tiefsten gebracht und, Männer von Frauen getrennt, ins Verließ gesperrt.
    Mit befreiten Füßen, aber immer noch gefesselten Händen wurden sie die Wendeltreppe hinuntergebracht. Dann gingen sie unter den Blicken der Leute durch die große Halle zu einer weiteren Treppe, die tief in die Erde führte, vorbei an einem Wachraum und noch einmal tiefer zum finsteren Tunnel des Verließes und den Zellen, die ihn säumten.
    Jeder Schubser, jedes Ziehen an Adelias Arm schmerzte in der verletzten Schulter. Die Kordel, mit der sie sich eine Schlinge gebunden hatte, war von dem Wächter weggeworfen worden. Aber sie spürte kaum etwas. Ihr Schmerz war nicht zu vergleichen mit der Qual, die sie soeben miterlebt hatte.
    Endlich wurden ihnen auch die Handfesseln abgenommen, und sie und Boggart landeten in einer Zelle, Rankin, Ulf und Mansur in der gleich daneben. Die Schlüssel drehten sich in den Schlössern.
    Wenn sie gewollt hätten, hätten sie miteinander reden können, indem sie den Kopf an die kleinen vergitterten Öffnungen in den Türen gedrückt und laut hinübergerufen hätten. Aber sie wollten nicht. Keiner hatte ein Wort gesagt, seit sie den Platz draußen verlassen hatten.
    Auf dem Steinboden hockend und Boggarts Hand fest in der ihren, wusste Adelia, dass sie das Schweigen brechen und etwas sagen sollte, um ihnen allen Mut zu machen, doch sie konnte nicht. Sie hatte alle Fassung, allen Halt verloren, und das Einzige, was sie noch aufrecht hielt, war der Gedanke, dass Rowley kommen und sie holen würde. Aber selbst wenn er es tat, würden sie nie wieder ohne diese Wunde sein, die von den Flammen und Schreien in ihr Gedächtnis gerissen worden war.
Wir haben eine Frau bei lebendigem Leibe verbrennen sehen.
Wie die anderen war Adelia jenseits von Wut und Beten, sondern erfüllt von einem alles umfassenden schmerzenden Erstaunen über die Grausamkeit des Menschen, gehüllt in Taubheit, die in hilflosen Schlaf mündete.
    Rowley kam weder am nächsten Tag, noch am

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