Der Fluch des Andvari (German Edition)
Steinhagens Füßen, krochen in seine Hosen und schlängelten sich seine Beine hinauf. Der Mann schrie in Panik auf, schlug sich auf die Beine, wollte nach den Schlangen greifen. Immer mehr Getier kam zischend aus dem Schatz hervor und fiel über ihn her. Er strauchelte, stürzte. Jetzt hatte er keine Chance mehr. Die Schlangen waren überall, auf seiner Brust, an seinem Kopf. Einige richteten sich drohend auf, zischten und spritzten ihr Gift direkt in sein Gesicht. Steinhagen schrie vor Pein. Und im Augenblick seines Todes erkannte er, dass er die Walküre vollkommen unterschätzt hatte.
Das höhnische Gelächter Brünhilds hallte grausig in Hannahs Ohren. Entsetzt starrte sie auf Steinhagen, der sich schreiend und sterbend zwischen den Goldmünzen wandte – bis er stumm liegen blieb.
Das war das Ende von Loki, dem listigen Götterboten.
Panisch schaute sich Hannah um. Brünhild hatte sie gezwungen, die Krypta zu verlassen und über die Schicksalsbrücke die Schatzhöhle zu betreten. Doch realisieren konnte Hannah das alles nicht. Sie war nicht mehr Herrin über ihre Sinne. Ihr Herz raste, der Kopf glühte. Schweiß lief ihr über den ganzen Körper und klebte ihr die Kleidung ekelhaft auf die Haut. Brünhilds Einfluss wurde immer stärker. Beklommen sah Hannah nach ihrer Tochter. Das Mädchen hielt sich an Rogatus geklammert, der der Walküre wachsam folgte. Er stand auf der Seite der guten Mächte, sie spürte es, doch welche Rolle spielte er genau? Noch belauerten sich beide Kontrahenten, zollten sich gegenseitigen Respekt - aber wie lange noch? Wann würde der entscheidende Kampf beginnen? Hannah wollte etwas erwidern, doch ihre Stimme versagte.
„Rogatus“, rief Julia ängstlich. „Du musst meiner Mama helfen.“
„Das kannst allein nur du“, erwiderte er weise.
„Was soll ich tun?“
„Die Bestimmung deiner Mutter erfüllen“, antwortete Brünhild bestimmt. „Es heißt ... nur eine Jungfrau reinen Blutes kann das verwunschene Schwert finden. Das Schicksal ist allein an dir.“
Verzweifelt blickte sich Julia in der Höhle um. Hier lagerten Dutzende von Schwertern. „Aber wie soll ich ...? Es sind zu viele.“
„Du musst es finden“, stimmte Rogatus zu.
„Wieso? Sie wird Mama töten ... und uns auch“, widersprach sie.
„Du kannst deine Mama retten“, begehrte Rogatus auf.
Julia haderte. Was tat Rogatus überhaupt hier? Er war ein Angestellter ihres Großvaters, der wiederum kooperierte mit den bösen Männern.
„Höre auf ihn“, forderte Brünhild. „Aber wähle gut.“
Die Situation verunsicherte Julia völlig. „Wähle gut? Was heißt das?“
Brünhilds Lachen schallte durch die Höhle. „Wählst du das falsche Schwert, bedeutet dies euer aller Tod. Dann werden sich die Riesen erheben und gegen die Götterburg Åsgard marschieren und das Weltenende einleiten.“
Die Worte erschreckten Julia. Ein Zittern erfasste ihren Körper. Ihr banger Blick glitt zu ihrer Mutter. Sie war in Brünhilds Bann gefangen. Die Walküre zeigte sich überlegen und siegessicher. Ihre diabolische Aura jagte Julia Schauer über den Rücken. Sie hatte keine Ähnlichkeit mehr mit Beate, der netten, fröhlichen Frau, mit der sie so viel Freude erlebt hatte. Aufgewühlt sah sich das Mädchen um. Es wirkte wie ein Traum, wie Ali Babas Schatzhöhle aus 1001 Nacht. Doch es war ein Alptraum, eine dämonische Geschichte aus den Tiefen der Hölle. Julia hatte Angst um ihr Leben und um das ihrer Mutter; sie begann langsam zu begreifen, dass ein falscher Schritt tödliche Folgen haben würde. Es gab keinen Ausweg mehr für sie. Wenn sie überleben wollte, musste sie sich Brünhild beugen. So ging sie weiter in die Höhle hinein, stolperte über vergoldete Rüstungen, stakste durch Tausende von Münzen. Dazwischen Truhen voll mit Perlen und Edelsteinen, goldenen Leuchtern und Tafelgeschirr. Dazu unzählige Schwerter, eines kostbarer als das andere. Und nur eines von diesen war Tirfing.
Plötzlich erschienen zwei Männer in der Höhle. Röwer und Hansen.
„Hannah! Julia!“, rief der Kommissar.
Das Mädchen fuhr herum, starrte die beiden Männer verschreckt an. „Jochen!“
Röwer wollte zu Hannah, aber Hansen packte ihn abrupt an der Schulter. Der Kommissar strauchelte, fing sich jedoch wieder. Irritiert wandte er sich dem Mann zu.
„Nicht so hastig, mein Freund“, äußerte Hansen.
„Was soll das heißen?“
Julia verharrte gebannt. Auch Rogatus blieb abwartend.
Ein Lächeln erfasste Hansens
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