Der Fluch des Andvari (German Edition)
verdutztem Gesicht nahe dem Taxistand und diskutierten heftig miteinander. Einer von ihnen griff zum Handy und begann zu telefonieren. Röwer grinste. Die Männer realisierten, dass er sie reingelegt hatte. Zufrieden stieg der Kommissar ein. Beate startete den Motor und fuhr los. Sie hatten es tatsächlich geschafft.
Ein Grinsen erfasste Hollers Gesicht, während er zu dem dunkelgrünen Toyota Avensis hinüber schaute. Sein Instinkt hatte ihn nicht getäuscht. Der Kommissar hatte ihn narren wollen. Während seine Komplizen Hannah Jenning verfolgt hatten, war Holler ihrer Freundin Beate Wittek von Bretzenheim nach Raunheim gefolgt.
Da klingelte sein Handy. „Ja“, meldete er sich knapp.
„Ich bin‘s. Sie haben uns ausgetrickst.“
„Wo seid ihr jetzt?“
„Am Bahnhof in Raunheim.“
Holler sah sich um. Zwischen den Reisenden sah er seine beiden Komplizen am Taxistand stehen.
„Die Wittek ist mit dem Auto hier“, fuhr der Mann fort. „Sollen wir ihnen mit dem Taxi folgen?“
„Nein, das ist nicht notwendig. Ihr fahrt ins Hauptquartier zurück und wartet dort auf weitere Befehle.“
„Verstanden.“
Holler war verärgert. Denn letztendlich fielen auch die Misserfolge auf ihn zurück. Er war für die Operationen der Schwarzen Engel verantwortlich. In den Augen des Ordens hatte er die Sache verpatzt. Sein Ruf stand auf dem Spiel. Aber er hatte bereits einen Plan, einen todsicheren Plan, wie er seine Ehre wieder herstellen konnte. Er wusste, dass Reinhold Jenning am Samstag eine große Feier anlässlich seines 65-jährigen Geburtstages in seiner Hamburger Villa geben würde. Viele Gäste würden dort sein, aber auch Bedienstete, Angestellte vom Partyservice. Eine passende Gelegenheit; niemand würde ihn in diesem Trubel erkennen. Auch Hannah Jenning und ihre Tochter würden zugegen sein. Und dieses Mal würden sie keine Chance haben.
In sicherem Abstand folgte Holler dem Avensis. Wenn seine Vermutung zutreffend war, würden sie auf die A3 auffahren. So ging die Fahrt nach Norden Richtung Kelsterbach zum Mönchhofdreieck.
Erneut klingelte Hollers Handy. Es war Steinhagen, wie er an der Nummer erkannte. „Ich höre, Loki“, meldete er sich.
„Wo sind Sie jetzt?“
„Unserer kleinen Süßen auf der Spur.“
„Sind Sie betrunken? Ich erwarte eine korrekte Antwort.“
„Verzeihung. Das Mädchen ist mit seiner Mutter auf dem Weg nach Hamburg.“
„Was?“
„Der Verleger gibt übermorgen seine Party. Ist doch klar, dass seine Tochter dabei ist.“
„Ich verstehe.“ Steinhagen zögerte einen Moment. „Hören Sie, Holler, Sie sind bereits einen Tag im Verzug mit dem Mädchen. Eine weitere Verzögerung werde ich nicht tolerieren.“
„Spätestens auf der Feier ist die Kleine fällig.“
„Das hoffe ich für Sie, Holler. Was macht unser Kommissar?“
„Brütet im Präsidium über seinem Fall. Er tut keinen Schritt ohne uns.“
„Langsam wird es eng“, hörte er Steinhagen versonnen sagen. „Wir müssen handeln.“
Holler horchte auf. „Wie meinen Sie das?“
„Erfüllen Sie Ihren Auftrag. Das andere hat Sie nicht zu interessieren.“
Sprach er vom Projekt Andvaranaut? Holler wusste, dass Steinhagen heute Morgen auf der Baustelle am Binger Loch gewesen war. Seit er vorgestern Abend die Mappe mit den Dokumenten gesehen hatte, ließ ihn diese Angelegenheit nicht mehr los. Hatte Steinhagen heute einen Rückschlag erlitten?
„Melden Sie sich, sobald Sie das Mädchen haben.“
„Verstanden, Loki.“
Die Verbindung brach ab.
Steinhagen hatte Holler die Verzögerung nachgesehen. Doch wie lange würde er es tolerieren? Holler wusste, dass der Medienzar ihm vertraute, aber dieses Vertrauen war nicht unerschöpflich. Alles hatte vor einem Jahr begonnen, als Steinhagen an ihn herangetreten war und ihm ein verlockendes Angebot unterbreitet hatte. Für die Beseitigung von Harald Jenning und dessen Familie würde ihn ein Aufstieg innerhalb des Ordens erwarten – sobald Steinhagen der Meister wäre. Es war für Holler ein leichtes gewesen, die Bombe an Bord des Privatjets zu schmuggeln, die die Elektronik lahmgelegt und dadurch den Absturz verursacht hatte. Die Behörden hatten den Fall nie restlos klären können und sich letztendlich auf technisches Versagen geeinigt. Seitdem genoss Holler das Vertrauen des Medienzars, auch wenn der damals nicht der einzige gewesen war, der Harald Jennings Tod verlangt hatte. Aber die großzügigen Geldbeträge, die Holler seitdem von Steinhagen bekam,
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