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Der Fluch des Andvari (German Edition)

Der Fluch des Andvari (German Edition)

Titel: Der Fluch des Andvari (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas W. Krüger
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Nachtisch zurück. Sie bemerkte den ernsten Gesichtsausdruck ihrer Mutter.
    „Lass es dir schmecken, mein Schatz“, äußerte Hannah daraufhin betont beschwingt und streichelte die Hand ihrer Tochter.
    Es fiel ihr schwer, ihre Anspannung zu verbergen. Hatten die Wolffs tatsächlich ihren Namen geändert? Hießen sie jetzt Steinhagen? Diesen Gedanken wurde Hannah nicht mehr los.
    Auch der Wächter des Lichts, der Röwer mit Informationen versorgt hatte, war auf der Feier zugegen. Aufmerksam beobachtete er die Gäste und verfolgte deren Kontakte. Die Männer des Führungszirkels waren vollzählig versammelt und hatten sich um Thor gescharrt. Er kannte die Identität der Führungsmitglieder. Und er kannte den Meister des Ordens, so wie er dessen Vater gekannt hatte. Seit Jahrzehnten beobachtete er deren Schritte. Es war seine Bestimmung. Als Nachfahre eines bedeutenden Fürstengeschlechts hatte er das Grabmal der Walküre Brünhild zu hüten und die Menschen vor der Grausamkeit dieses Dämons zu schützen. Sein Urgroßvater hatte diese Aufgabe mit seinem Leben bezahlt, als er vor hundert Jahren ihr lange verschollenes Grab im Wormser Dom gefunden hatte. Er hatte es an jenem Tag nicht verhindern können, dass die Walküre wegen der Goldgier eines einzelnen Mannes zu neuem Leben wiedererweckt worden war.
    Das Grauen setzte sich fort und traf die gesamte Familie Neumann, nur der älteste Sohn war dem Blutbad entkommen. Aber die altertümlichen Schriftstücke, die vom Kampf König Chlotar II. gegen die Walküre Brünhild berichteten, waren in den Besitz der Wolffs, der späteren Ordensmeister, gelangt. Sie wussten dadurch um die Gefahr, die ihnen von außen durch die Wächter des Lichts drohte, aber auch um die Erlösung, die von ihnen ausgehen konnte. Erst durch einen glücklichen Umstand am Ende des Zweiten Weltkriegs konnten die Wächter die Schriftstücke wiedererlangen; wenngleich einige der Papiere durch den an jenem Tage stattfindenden Bombenangriff auf Worms in den Flammen verloren gegangen waren.
    Jetzt war es an dem Mann selbst, die Schmach seines Urgroßvaters zu tilgen. Er musste Brünhild vernichten. Vermutlich schon in den nächsten Tagen würde sich das Schicksal erfüllen, das vor fast 1500 Jahren seinen Anfang genommen hatte. Damals war es König Chlotar und seinen Männern gelungen, Brünhild zu fangen und sie in ihrem Sarkophag zu bannen. Doch in ihrer letzten Stunde belegte sie seinen Heermeister, der sie der Dunkelheit übergab, mit einem schrecklichen Fluch. So tiefgreifend, dass seine Nachkommen ihre erstgeborenen Sprösslinge, sofern es Mädchen waren, direkt nach der Geburt töteten, um Brünhilds Fluch nicht geschehen zu lassen. Nur die Söhne überlebten und hielten diese Tradition aufrecht, erst recht mit blutiger Konsequenz, als das Wissen um Brünhilds Grab im 17. Jahrhundert verloren gegangen war.
    Aber der Mann hatte es nicht übers Herz gebracht, der Tradition zu folgen und seine Tochter bei der Geburt zu töten, er hatte mit dem grausamen Brauch gebrochen. Damit hatte der Fluch seinen Lauf genommen. Nichts und niemand konnte das Schicksal nun mehr aufhalten. Das Mädchen war mittlerweile herangewachsen und ahnte nichts von seiner wahren Identität und dem furchtbaren Ende, das ihm widerfahren sollte. Aber seit jenem Tag suchten die Wächter des Lichts nach dem Umstand, wie der Fluch zu ihrem Vorteil gewendet und damit die Menschen von diesem Dämon befreit werden konnten. Sie waren mehr denn je auf die Gnade der Götter angewiesen.
    Mit vorgetäuschter Freundlichkeit sah Steinhagen seinem Gastgeber nach. Jenning hatte Steinhagen und seine junge Frau begrüßt und ein paar höfliche Worte mit ihnen gewechselt. Sie waren Geschäftsleute und beides Machtmenschen. Private Gespräche hatte es zwischen ihnen noch nie gegeben. Diese Antipathie bestand schon lange.
    „Ich hätte gern noch ein Glas Champagner“, sagte Claudia Steinhagen und blickte ihren Mann an.
    Er sah sich nach einem der Kellner um, die ständig mit ihren Tabletts umherliefen und nahm sich ein Glas. An solch einem Abend brachte es sein Stand mit sich, dass er gemeinsam mit seiner Frau auftrat. Nach außen gaben sie das glückliche Paar. Niemand wusste etwas von der stillen Abmachung.
    „Danke schön“, äußerte sie, als sie das Glas entgegennahm.
    „Immer ein Vergnügen, mein Schatz.“
    Die meisten Mitglieder des Führungszirkels hatte Steinhagen bereits begrüßt – und natürlich Thor. Steinhagen hatte seine Abneigung

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