Der Fluch Des Bierzauberers
wohl auch das schlechte Gewissen plagte, ignorierte alle diplomatischen Versuche der Franzosen. Schließlich standen die preußischen Truppen bereit, unter dem Kommando des Bauernsohns Georg Derfflinger. Derfflinger ging stramm auf die Siebzig zu und hatte eindrucksvoll das Vorurteil widerlegt, dass es beim Militär auf die Herkunft ankam. Wie ein Pfeil war er durch die militärischen Dienstgrade gesaust und 1670 zum Generalfeldmarschall befördert worden. Er führte die zwanzigtausend Mann, zu denen auch die viertausend Soldaten des Regiments Homburg gehörten, von Magdeburg aus in Richtung Frankreich.
Französische Diplomaten gifteten über den Sauhaufen der brandenburgischen Armee, bei der nicht einmal die Garde links und rechts unterscheiden könne, und, dass der Feldmarschall ein ehemaliger Schneider und Bauernsohn sei und man dem General von Homburg bestenfalls das Kommando über eine Kompanie zutrauen könne. Sowohl der ehemalige Schneider als auch der General von Homburg wurden von den Franzosen somit grob unterschätzt. Turenne selbst hatte anscheinend vergessen, dass er dem Geschmähten vor Jahren selbst ein Kommando angeboten, dieser es aber ausgeschlagen hatte.
Der Feldzug selbst war mäßig erfolgreich. Viele Verluste auf beiden Seiten ergaben, dass beide, die Preußen wie Turenne, den Sieg für sich reklamierten. Mehrmals verpassten die Deutschen den richtigen Zeitpunkt für einen erfolgreichen Angriff. Der Krieg schien beendet, ohne dass es Sieger und Besiegte gegeben hätte. Als die Brandenburger sich endlich zurückgezogen hatten, überraschte Turenne sie mit einem Angriff auf das ungesicherte Winterlager, was völlig gegen alle Regeln des Kriegs verstieß. Die komplett überrumpelten Preußen durften sich beim Prinzen von Homburg bedanken, der als Nachhut angetreten, Turenne derart schwer zusetzte, dass dieser die weitere Verfolgung aufgab.
Das Krebsgeschwür der Hofintrigen hatte sich indes bereits bis zum Militär hindurchgefressen und so wollte niemand die Verantwortung für den teuren, aber erfolglosen Feldzug übernehmen. Ein dankbares Opfer war also wieder einmal der Prinz von Homburg. Das Heer sah in ihm denjenigen, der die Zögerlichkeit der Angriffe zu verantworten hatte. »Zwei Siege hat er uns gekostet mit seiner mangelnden Entschlusskraft!« Die Tatsache, dass er das Heer letzten Endes vor der Vernichtung gerettet hatte, wurde schlichtweg ignoriert. Bis nach Berlin-Cölln machte es die Runde, wo Pöllnitz die Verbreitung dieser bösartigen Denunziationen kräftig anheizte.
Frustriert und gedemütigt reiste das Heer Anfang Januar 1675 zurück, um in der Nähe von Schweinfurt endgültig Winterquartier zu nehmen. Träge rumpelten die Heereswagen über die fränkischen Schlaglochpisten. Die Stimmung war schlecht und sank noch weiter, als sich herumsprach, dass der schwedische General Wrangel mit seiner Armee in brandenburgisches Gebiet eingefallen war und mehrere Orte besetzt hielt. Zudem war plötzlich und unerwartet Karl Emil, der älteste Sohn des Kurfürsten von Brandenburg, gestorben.
Prinz Friedrich von Homburg erfuhr auf dem Rückweg nach Schweinfurt neben den bösen Gerüchten über ihn auch, ganz nebenbei, von der neuen Bierakzise, die er sofort kategorisch ablehnte. Sogleich begann er eine Debatte mit dem Kurfürsten. Die wurde mittels berittener Boten und Heeresdepeschen geführt, da die Heeresteile weit voneinander entfernt durch das Land reisten. Der Kurfürst, voller Trauer über den Tod seines Sohnes, dazu von Gicht und Lähmungen geplagt, gebot dem hessischen Prinzen erbost, still zu schweigen. Der kümmerte sich nicht um das, was sein Kurfürst ihm sagte und forderte eine persönliche Audienz. Diese wurde ihm in Schweinfurt gewährt.
Von Beginn an hatte die sich dabei entspinnende Diskussion kriegerischen Charakter. Beide Kontrahenten hatten sichtlich schlechte Laune. Der Kurfürst haderte mit fast allem in seinem Leben – dem Tod seines Sohnes, seiner missglückten zweiten Ehe, dem miserablen Feldzug, seiner Einsamkeit, während den Hessenprinzen lediglich die Biersteuer störte. Die Debatte im Kommandozelt des brandenburgischen Heeres wurde sehr intensiv geführt. Prinz Friedrich versteifte sich schließlich mit selbstbewusster Stimme, in die sich schon eine gewisse Schärfe eingeschlichen hatte, auf die Feststellung: »Wir müssen diese neue Bierakzise nicht zahlen. Die Brauerei befindet sich auf meinem Gut und, da ich Kraft meiner Herkunft
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