Der Fluch Des Bierzauberers
frisch Vermählten das Amt Weferlingen für die Zeit nach seinem Tod als Witwensitz.
Der neuen Prinzessin gelang in Weferlingen, was Margarethe Brahe nicht geschafft hatte: Es kam Leben ins Schloss. Insgesamt zwölf Kinder entsprossen Friedrichs zweiter Ehe, jeweils sechs Jungen und Mädchen kamen in den nächsten Jahren, quasi im jährlichen Rhythmus, zur Welt. Fünf davon in Weferlingen. Das Schloss erlebte Feste und Besuche hochgestellter Persönlichkeiten, mit einem Mal hatten die Weferlinger das Gefühl, die Welt zu Gast zu haben.
Ebenfalls nur noch ein Gast wurde – zum Leidwesen auch der Brauer – der Prinz von Homburg. Durch die frisch geknüpften Familienbande mit dem Kurfürsten wurde dieser wieder auf ihn aufmerksam und entsann sich der Erwartungen, die er Jahre zuvor, beim Kauf von Weferlingen und der anderen Güter, in den Prinzen von Homburg gesetzt hatte. Er selbst erinnerte den Prinzen daran, indem er ihm anbot, in seine Dienste zu treten. Eine Ablehnung wäre einer Brüskierung des Kurfürsten gleichgekommen. So wurde Prinz Friedrich, der trotz seines fehlenden Beines ein exzellenter Reiter war, bereits Anfang Dezember 1670, nur zwei Monate nach seiner erneuten Hochzeit, zum General der preußischen Kavallerie ernannt. Der Preis dafür war freilich hoch: die ständige Abwesenheit von seiner Familie und, als Folge davon, große Einsamkeit.
9.
Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg hatte es in den ersten Jahrzehnten seiner Regentschaft immerhin erreicht, dass die großen Monarchen Europas ihm und seinem Fürstentum nicht mehr mit einer derart herablassenden Verachtung begegneten wie noch seinem Vater. Die Jahre des Ringens um Anerkennung hatten aber seinen Charakter verändert. Eigentlich von heiterem Gemüt mit einem Faible für eher derbe Späße, war er dafür bekannt gewesen, stets für jedermann ein offenes Ohr zu haben, besonders für die einfachen Leute. Er hatte sich immer als Mann des Volkes gefühlt und die Gewohnheiten des Adels, sich durch französische Lebensart vom Pöbel zu unterscheiden, nie goutiert, geschweige denn mitgemacht. Mit fortschreitendem Alter brach dann leider mehr und mehr das klassische Laster aller Hohenzollern durch: der Jähzorn. Wenn er auch seine Zornausbrüche zumeist am Adel ausließ, so war doch niemand davor sicher, was auch mit der Gicht zu tun haben konnte, die ihm seit Ende seiner dreißiger Jahre äußerst schmerzhaft in den Gelenken steckte. Die mangelnde Bewegung aufgrund der Krankheit verstärkte seine Korpulenz und seine schlechte Laune. Aus diesem Teufelskreis sollte er nie wieder herausfinden.
Der Kurfürst war, nach Maßstäben des Adels, geradezu ein Asket. Er beteiligte sich am deutschen Nationalsport, dem Trinken, nur, wenn gesellschaftliche Anlässe dies zwingend erforderten. Zwar schätzte er ein gutes Bier, am liebsten jedoch in Form einer Biersuppe, die er täglich zum Frühstück einnahm. Das Biertrinken überließ er seiner Gattin Luise Henriette von Oranien. Luise, eine sanftmütige Frau von großer Frömmigkeit und scharfem Verstand, war dem Kurfürsten lange Zeit eine unentbehrliche Beraterin gewesen.
Der Winter war lang, hart und ungewöhnlich reich an Schnee gewesen. Doch in wenigen Wochen würden die Soldaten wieder aus den Winterlagern ziehen, um bereit für das nächste Gefecht zu sein. Durch ein preußisches Bündnis mit den Vereinigten Niederlanden stand erneut ein Krieg mit Frankreich vor der Tür. Die Franzosen hatten 1672 die Niederlande angegriffen, sich aber nach Intervention des preußischen Kurfürsten einstweilen zurückgezogen. Da die Franzosen jedoch bei ihrem Rückzug auch das niederrheinische Herzogtum Kleve besetzt hatten, welches zu Brandenburg gehörte, hatte Preußen mobil gemacht. Anfang Mai hatte der Prinz von Homburg den Befehl erhalten, ein Kavallerie-Regiment anzuwerben. Am 18. August war dieses in Halberstadt eingetroffen. Allerdings ohne den Prinzen, der auch den Abmarsch nach Westen, Richtung Frankreich, verpasst hatte, weil er vom Kurfürsten in anderen diplomatischen Diensten unterwegs gewesen war. Dabei hatte er sich des Öfteren am Hof in Cölln aufgehalten.
Freunde hatte er sich vor allem dadurch nicht gemacht, dass er über das am Hof ausgeschenkte, importierte Duckstein-Bier verächtlich geredet und sein eigenes Bier aus Weferlingen über den grünen Klee gelobt hatte. »Meine Amtsbraumeister dort, Vater und Sohn, die verstehen wahrlich ihr Handwerk. Die machen ein
Weitere Kostenlose Bücher