Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Fluch Des Bierzauberers

Der Fluch Des Bierzauberers

Titel: Der Fluch Des Bierzauberers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guenther Thoemmes
Vom Netzwerk:
längst nicht so viele potenzielle Auswanderer gefunden hatte wie erwartet und dass lediglich zwei Schiffe, und selbst diese waren nicht einmal voll besetzt gewesen, bereits in die neue Heimat Maryland losgesegelt waren. Und dass vorläufig keine weiteren folgen würden. Bis dies in Bitburg bekannt werden sollte, wäre Knoll schon lange unterwegs.

    Unterwegs in eine völlig andere Richtung.

    Unterwegs mit einem weiteren Brief seinen Sohnes Ulrich in der Tasche, der ohne Zensur den Weg zu ihm gefunden hatte.

    Unterwegs in eine neue Heimat, die allerdings nicht Maryland sein sollte.

     
    Er ritt zügig bis Köln, ließ seinen Gedanken freien Lauf und genoss es dabei regelrecht, sich die Luft des erfreulich milden Winters um die Nase wehen zu lassen. Sein kräftiger, großer Körper war trotz seines Alters noch rüstig und ließ ihn nicht im Stich. Unterwegs, allein auf dem Pferd und seinen Gedanken überlassen, focht er einen heftigen Kampf aus mit seinem Gewissen; hatte er doch zum ersten Mal einen Menschen umgebracht. Und das mit einer Kaltschnäuzigkeit, die ihn selbst überraschte.

    Bin ich jetzt einer von diesen Hunden des Krieges, eine der Bestien, die ich immer verachtet habe?, fragte er sein Innerstes. Nein, nein, nein, gab er selbst seinem Gewissen die Antwort. Dieser abgefeimte, zweizüngige, schlangenhäutige Jesuit, der hat den Tod verdient, ohne Zweifel! Er war nur eine von vielen Eiterbeulen, die das Geschwür des Krieges hat wachsen lassen, und ich habe sie lediglich zum Zerplatzen gebracht.

    Derart sich selbst wieder beruhigend, machte er sich alsdann Vorwürfe, von denen sonst niemand ahnte: Hätte ich den Skorpion gleich damals zertreten, beim Jesuitentheater, ihm richtig den Schädel gespalten statt lediglich blau geschlagen, wäre meine liebe Magdalena wohl noch am Leben.

    Als er nach drei Tagen in Köln angekommen war, hatte er sich mit allem abgefunden, der Wut, der Trauer, dem Schmerz; und der Schleier, der seit Längerem über seinen großen, treuen Augen gelegen hatte, war wie fortgezogen. Ein zufriedener Ausdruck hatte sich auf seinem Gesicht ausgebreitet. Jetzt wollte er nur noch sehen, dass sein Plan aufging: Er würde Ulrich treffen, und das möglichst bald. Er fragte sich zu den Schiffen durch, die nach England segelten, und stellte sicher, dass man sich an ihn erinnerte. Der Rhein war nicht zugefroren, die Schiffe fuhren, all das unterstützte seinen Plan. Dann machte er sich mit seinem Pferd auf den Weg in Richtung Osten.

    Es dauerte nur ein paar Tage, dann hatten die Trierer Jesuiten durch heftige Befragungen unter den Bitburger Bürgern den Verdacht erhärten können, dass Knoll an dem Mord an Bruder Jakobus zumindest nicht unbeteiligt gewesen war. Von Esch stützte mit seinen Aussagen diese Vermutung. Bis der Büttel, der ihm nachgeschickt wurde, in Köln ankam, war er jedoch schon lange weg.

    Der Büttel kehrte unverrichteter Dinge zurück nach Trier und berichtete: »Knoll ist unterwegs nach Amerika. Er ist in die neue Welt geflohen und möchte sich lieber, sofern Gerechtigkeit existiert, von den Indianern massakrieren lassen, als hier vor Gericht zu stehen.«

    Ende Februar 1652 war Cord Heinrich Knoll am Ziel seiner Reise, der hoffentlich letzten seines Lebens, und schloss seinen Sohn Ulrich in die Arme.

    Fast sieben Jahre lang hatten sie einander nicht gesehen.  

     

Zweiter Teil:
Ulrich und Johann auf Wanderschaft –
1645 bis 1651

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

1.
    Der Vollmond hing fahl am Himmel, die runde Scheibe zerrissen von Wolken und Ästen. Regelrecht zerfetzt sah sie aus, so, als hätten sich die Landsknechte mittlerweile sogar über die Gestirne hergemacht. Ulrich und Johann lagerten in der Nähe eines größeren Waldes in Hessen, südlich von Gießen. Es war Anfang September 1645, bald würde die Brausaison beginnen, aber Arbeit hatten sie noch keine gefunden. Bislang hatte ihre Wanderung unter keinem guten Stern gestanden, zumindest was das edle Brauerhandwerk anging. Zwar waren sie nirgendwo mit Schimpf und Schande davongejagt worden, aber die meisten Brauherren hatten sie wieder unverrichteter Dinge weggeschickt.

    »Ich habe kein Malz und keinen Hopfen. Wie kann ich dann einem Brauerburschen Arbeit geben? Oder gar zweien?« So oder ähnlich hatten sie es in der ersten Zeit ihrer Wanderung stets vernommen. Also verbrachten sie, anders als geplant, anfangs mehr Zeit auf den Straßen als in den Brauhäusern. Kreuz und quer

Weitere Kostenlose Bücher