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Der Fluch Des Bierzauberers

Der Fluch Des Bierzauberers

Titel: Der Fluch Des Bierzauberers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guenther Thoemmes
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Gerichts- und Malefizordnung erlassen, die anderswo als vorbildlich galt. Das schlagkräftige Heer hatte sich im Krieg bewährt. Ebenso hatte er seit seiner Inthronisierung eine gezielte Förderung der einheimischen Wirtschaft durch Errichtung von Manufakturen unter herzoglicher Aufsicht betrieben: Wandteppiche, Samt und Seide. Diese Luxusgüter sollten nicht länger für teures Geld importiert werden müssen. Er hatte Fachleute aus dem Ausland kommen lassen, die seine bayerischen Arbeiter angelernt hatten.

    Genauso wollte er mit dem Bier verfahren, denn Maximilian hatte beizeiten erkannt, dass nur ein reicher Fürst auch ein mächtiger Fürst war. Das finanzielle Problem dabei hatte bereits sein Großvater, Herzog Albrecht V., lösen müssen. Die bayerischen Landstände waren seit dem 14. Jahrhundert im Besitz des Steuerbewilligungsrechts gewesen, und nicht der Herzog. Der gewitzte Albrecht hatte sich aber 1566 einen sogenannten Getränkeaufschlag als Privileg vom Kaiser garantieren lassen und dadurch eine erste Loslösung von der Abhängigkeit der Landstände erreicht. Ein halbes Jahrhundert später hatte er damit, im wahrsten Sinne, fürstliche Steuereinnahmen für Maximilian gesichert. Das alles jedoch galt nur für das ordinäre, volkstümliche Braunbier. Als eine der beiden wichtigsten Einnahmequellen sollte sich indes das Weißbier entwickeln, neben dem Salz das einzige traditionelle, nie infrage gestellte Monopol des Herzogs.

    Ein weiterer Grund für den Erfolg des Biers in Bayern war der Niedergang des Weines. Genaueres dazu erfuhren Ulrich und Johann von ihrer Reisebegleitung, einem jungen Weinkaufmann aus München namens Paul Gstöttner, der nur wenige Jahre älter war als sie selbst und der sie von Nürnberg nach Regensburg begleitete. Offensichtlich hatte er schon bessere Zeiten gesehen, sodass er mittlerweile für seine Reisen die günstigere, nicht mehr die schnellere Variante vorzog.

    »Im Weinhandel ist’s egal, wann ich ankomme. Der Wein ist morgen noch genauso da wie heute«, war sein leicht resignierter Kommentar. Er erzählte unterwegs von seinem Geschäft. »Meine Familie hatte bei München zweihundert Jahre lang Wein angebaut. Guten, vornehmen Wein, den wir bis nach Köln und London verkauft haben und mit dem wir reichlich Geld verdient hatten. Wein aus Bayern, das war etwas Besonderes.«

    »Und dann?«, fragte Johann nach.

    »Dann kam die Zeit von 1570 bis 1610. Wir alle können froh sein, dass wir zu jung sind, um das miterlebt zu haben. Vierzig Jahre Kälte. Jeder Winter war bitterkalt, das Frühjahr genauso. Am Schlimmsten war es 1590. Fast alle Weinreben sind erfroren, besonders in Bayern. Und ganz besonders bei meiner Familie. Unser einfachster Bayernwein kostete auf einmal viermal mehr als ein Krug Bier. Meine Familie musste den Weinbau aufgeben, nur noch im Donautal bei Regensburg haben Weinbauern weitergemacht, zu denen ich nun unterwegs bin. Und die konnten auch nur bestehen, weil sie neue Rebsorten von Rhein und Mosel und aus Österreich eingeführt haben.« Der verächtliche Ton war nicht zu überhören. »Der sogenannte Riesling, der erst sehr spät reif ist, oder der österreichische Pinot, den sie den Grauen Mönch nennen!« Fast spie er die Worte aus. »Die kann kein Mensch mehr bezahlen. Meine anständigen Kunden kann ich kaum noch bedienen, die Luxusweine werden am besten nur noch am Herzogshof weg gesoffen.« Nur langsam beruhigte er sich. »Ihr seid Brauer, das ist das rechte Handwerk heutzutage. Das hat Zukunft, besonders in Bayern.« Eine Spitze schob er aber dennoch nach. »Wenn ich auch zum Bier nicht zu bekehren bin. Man sagt nicht ohne Grund: ›Weintrinker duften nach Nektar, während Biertrinker nach Geißbock stinken.‹«

    Ulrich und Johann lachten und erwiderten: »Dann ist Bier der rechte Trunk für uns. Wir sind nämlich Gässestrepper!«

    Nun war es an Gstöttner, verdutzt dreinzuschauen.

     
    In Regensburg fanden sie tatsächlich Arbeit. Auch hier war die Ordnung durch den Krieg völlig zusammengebrochen. In den Gaststuben wurde alles ausgeschenkt, womit sich Geld verdienen ließ. Bettler, Huren und Diebe drängten sich gleichermaßen darin wie durchziehendes Soldatenvolk und alteingesessene Regensburger. Ulrich hatte den Eindruck, noch nie eine Stadt gesehen zu haben, in der es für so wenige Einwohner so viele Schenken gab. Bei ihrer Ankunft waren Arbeiter soeben dabei, am Arnulfsplatz, mitten in der Altstadt, das Gerüst von einer erst vor Kurzem

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